[rohrpost] Re: Out now: Matthias Weiß: Netzkunst

Matthias Weiss faustomaijstral at aol.de
Sam Dez 5 09:40:43 CET 2009


Hi Armin,

aber gern doch! Grundlegend war mir allerdings zunächst eine ganz basale 
Fragestellung: Wie gehe ich als Kunstgeschichtler (der ja in der Regel 
maximal mit Performance, Installation, Intervention zu tun hat, sich 
eher aber um Gemälde, Bildwerk, Grafik schert) adäquat mit den "Werken" 
um? Dazu klärte ich den Status der Arbeiten als Kunst. Nach der 
Zuschreibung bieten sich Anschlussstellen an den generellen Kunstdiskurs 
bzw. an das Kunstsystem und der damit einhergehenden Operationen. Es 
ging mir darum, auch vermeintliche Selbstverständlichkeiten zu 
hinterfragen. Und das mit den der Kunstgeschichtswissenschaft eigenen 
Traditionen und Methoden, die es zu extensivieren galt.

Das ist insofern sinnvoll, als zum Beispiel Belting, aber auch Daniels 
bisweilen zu Fehldeutungen gelangen, eben weil sie dem zB Technischen 
anscheinend kein Erkenntnispotenzial abgewinnen (können). Mein Text will 
dem Differenzierungsoptionen entgegenhalten, die sich erst aus dem 
Erkennen der semantischen Tragweite von beispielsweise Code (aber auch 
Dresscode) ergeben.

Vieles war pure Basisarbeit, da man sich bislang in der Lit. auf nichts 
methodisch Strenges berufen kann. Deswegen betone ich auch 
Propädeutisch-Exemplarische meiner Arbeit stark und biete nach jedem 
Beispiel entsprechende Andockmöglichkeiten zur fortgehenden Untersuchung 
(in Deinem Sinne eben, wenn ich auch regelmäßig auf diese Implikate 
hinweise).

An allen Ecken und Enden der bisherigen Debatte gibt's hinreichend 
Beispiele für den Ausdruck von Wunsch statt Wirklichkeit. So schreibt 
Daniels in "Kunst als Sendung" sinngemäß und zugespitzt (und ohne einen 
mir plausiblen Beleg), die beste Netzkunst sei jene, die sich als Kunst 
nicht zu erkennen gebe. Darüber kann man diskutieren, aber vieles ist 
eben nicht so. Denn: Warum dann überhaupt noch von Kunst reden, wenn sie 
sich ins Reelle hinein vaporisiert? Daniels benennt bekanntermaßen etoy 
als Zeugen. Jedoch hat nicht zuletzt Sven Drühl die Theatralik und 
Kunsthaftigkeit ihrer Aktionen in seiner Diss. aufgezeigt.

Wenn ich überdies den Humor hinter dem etoy-Gebaren nicht erkenne, wenn 
ich die getragenen Klamotten der Crew, den Container, die Shares etc. 
nicht mal auf ihren Kostüm- und Bildcharakter hin befrage, was dann? 
Wenn ich nicht zur Kenntnis nehme, dass etoy gern auch mal auf 
einschlägigen Festivals verhandelt wird, was dann?

Qua Beschreibung und Vergleich stoße ich ja nicht nur auf Folgefragen, 
die im Immanent-Formalistischen verharren... Aber irgendwann musste ich 
einen Punkt setzen. Knappe 400 Seiten sind sowieso schon eine Zumutung 
für heutige Verhältnisse ;-)

LG

Matthias

Armin Medosch schrieb:

> wie das auch der Culture Studies Ansatz tut? Wie waers mit ein bisschen
> historisch, dialektisch materialistischer Code-Analyse? 

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matthias weiss - computer art history
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