[rohrpost] Wer hat Angst vor Gemeinschaft? Vortrag im FKV | FFM

Krystian Woznicki kw at berlinergazette.de
Don Okt 1 09:59:13 CEST 2009


Wer hat Angst vor Gemeinschaft? 
Vortrag von Krystian Woznicki 
im Anschluss Gespräch mit Peter Siller 

Café im Frankfurter Kunstverein 
Steinernes Haus am Römerberg, Markt 44 
Freitag, 2.10.2009, 19 Uhr
Eintritt frei 

Weltwirtschaftskrise, Verflüssigung der Gesellschaft, die in die
Auflösung des Sozialen zu münden scheint und eine ökologische
Totalkatastrophe in spe – wenn sich die Gegenwart so sehr verdunkelt wie
zu Beginn des 21. Jahrhunderts, dann schlägt die Stunde der großen
Heilsversprechen und Schönfärberei. Hoffnung wird zu einem Wettbewerb um
Mehrheiten. Und Glaube zu einem Auschlusskriterium: Wer nicht an die
Heilsversprechen und Schönfärberei glauben will, dem droht Exklusion.
Die Aussicht auf Inklusion macht die Gegenwart und den Gedanken an das
Morgen erträglicher. Davon zeugt auch der paradigmatische Polit-Slogan
„Gemeinsam in die Zukunft“. 

Unter den gegenwärtigen Bedingungen manipuliert medial amplifizierte
Betäubung im Zeichen von Paranoia und Eskapismus den Blick auf die
Zukunft. Das Begehren, die Zukunft des Zusammenlebens unaufhörlich zu
befragen, wird im Zuge dessen deaktiviert. Für eine aufgeklärte
Zeitgenossenschaft erscheint dies umso problematischer, insofern sich
die dystopisch anmutende Lage als das Ende einer bestimmten Zivilisation
samt ihren Ritualen, Ordnungen und Narkoseverfahren lesen lässt. Und in
diesem Sinne auch als Transformation, Wendepunkt und Aufbruch in eine
neue Ära. 

Eine derart futurologische Lektüre der Apokalypse lässt sich
vortrefflich an einem Film einüben, den Krystian Woznicki, Autor des
Buchs „Wer hat Angst vor Gemeinschaft? Ein Dialog mit Jean-Luc Nancy“,
in seinem gleichnamigen Vortrag in den Mittelpunkt rückt: „Der
Würgeengel“ („El Ángel exterminador“). 

Das 1962 in Mexiko vollendete Werk des Filmemachers Luis Buñuel wird von
einer verstörenden Endzeitstimmung getragen – ursprünglich trug es den
Titel „Die Schiffbrüchigen von der Straße der Vorsehung“. Wie schafft es
der Film eine Allegorie auf die zivilisatorische Apokalypse zu entwerfen
und im gleichen Atemzug eine neue Perspektive auf das Zusammenleben und
dessen Zukunft zu eröffnen? Krystian Woznicki stellt Antworten auf diese
Frage zur Diskussion. Sein Vortrag findet im Rahmen der von Holger Kube
Ventura kuratierten Ausstellung „Gemeinsam in die Zukunft“ statt, die
bis zum 4.10. im Frankfurter Kunstverein zu sehen ist. 

Alle Veranstaltungen zu „Wer hat Angst vor Gemeinschaft? Ein Dialog mit
Jean-Luc Nancy“ werden in dem gleichnamigen flickr-Album dokumentiert:
http://www.flickr.com/photos/32923045@N05/sets/72157619972316719

Das im Diamond Paper Verlag erschienene Buch ist über die ISBN
978-3-9811050-3-2 bei der Buchhandlung Walter König erhältlich:
http://www.buchhandlung-walther-koenig.de

Für Rückfragen und Interviews: kw at berlinergazette.de

Zu den Gästen:

Krystian Woznicki war 1995 bis 1998 Korrespondent der Spex in Tokio
sowie Kolumnist der Japan Times und Kurator zahlreicher Projekte (u.a.
das Festival „Young Japanese Cinema“ am Filmmuseum Antwerpen). Seit 1999
in Berlin primär als Kulturkritiker und Medienproduzent tätig. Zu seinen
kollaborativen Medienprojekten zählen eine Mailingliste zu Krieg und
Globalisierung (2001-2006), eine Serie von Readern im
Zeitschriftenformat (2002-2004) und das digitale Mini-Feuilleton
berlinergazette.de, im Rahmen dessen er seit 1999 zahlreiche Symposien
organisiert und zwei Anthologien herausgegegen hat: „McDeutsch“ (2007)
und „Vernetzt“ (2009). Als Kulturkritiker schreibt er für Print- und
Online-Medien (u.a. Kolumne „Ästhetik der Globalisierung“ in Camera
Austria, 2002-2003). Er ist Autor von „Abschalten. Paradiesproduktion,
Massentourismus, Globalisierung“ (2008) und „Wer hat Angst vor
Gemeinschaft? Ein Dialog mit Jean-Luc Nancy“ (2009). 

Peter Siller ist Scientific Manager des Exzellenzclusters „Formation of
Normative Orders“ an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Zuvor war
er Leiter der Abteilung Inland der Heinrich-Böll-Stiftung und Mitglied
des Planungsstabes im Auswärtigen Amt. Studium der Rechtswissenschaften
und der Philosophie. Er ist außerdem Gründer und leitender Redakteur der
Zeitschrift „polar“, die halbjählich im Campus-Verlag erscheint.
Zahlreiche Veröffentlichungen zu politischer Philosophie und Praxis,
u.a. „Rechtsphilosophische Kontroversen der Gegenwart“ (1999), „Politik
als Inszenierung“ (2000), „Zukunft der Programmpartei“ (2002), „Arbeit
der Zukunft“ (2006), „Politik der Gerechtigkeit“ (2009).