[rohrpost] 24. Mai, 19:30, Berlin | Buchpräsentation S. Miyazaki & F. Sprenger

Shintaro Miyazaki miyazaki.shintaro at gmail.com
Die Mai 21 19:28:18 CEST 2013


Buchpräsentation S. Miyazaki & F. Sprenger
Freitag, 24. Mai, 2013, 19 Uhr 30.
+ Soundperformance: Boris Hegenbart
General Public, Schönhauser Allee 167c, Berlin

* Shintaro Miyazaki (2013): Algorythmisiert. Eine Medienarchäologie
digitaler Signale und (un)erhörter Zeiteffekte*

Das Wort Algorhythmus ist aus der begrifflichen Synthese des
technomathematischen Begriffs Algorithmus mit dem musikalisch-sonischen Begri
ff Rhythmus entstanden und ist nicht nur als simples Wortspiel, sondern
vielmehr als Vorschlag für eine präzise kulturtheoretische Analytik
gemeint, die fähig ist die Dynamik und Zeitlichkeit von digitalen
Medientechnologien präzise zu analysieren und in ihren historischen Kontext
zu setzen.
Algorhythmen sind messbare, physikalisch-reale Zeiteffekte der
algorithmisch programmierten symbolischen Logiken von Technologien. Die
meisten informationsgenerierenden oder -strukturierenden Prozesse der
Gegenwart sind nahezu vollständig algorhythmisiert. Avancierte Technologien
erfordern von den Geisteswissenschaften immer wieder profunde Analysen
ihrer epistemologischen und – im foucaultschen Sinne – archäologischen
Bedingungen und gleichzeitig die Lieferung akkurater Erklärungsmodelle für
andere theoretische Ansätze, die sich mit ihren sozialen, kulturellen oder
politischen Konsequenzen beschäftigen. Das vorliegende Buch bildet einen
erneuten Beitrag dazu.

*
Florian Sprenger (2012): Medien des Immediaten - Elektrizität, Telegraphie,
McLuhan. Kadmos, Berlin.*

An einem Sommertag des Jahres 1729 hängt ein mehrere Meter langes Stück
Kupferdraht in einem Garten im Süden Englands. Als der Physiker Stephen
Gray dessen eines Ende mit einem geriebenen Glaszylinder berührt, beginnen
am anderen Ende kleine Blattgoldstücke zu tanzen – wie es scheint, ohne
zeitlichen Aufschub: unmittelbar. Mit Grays Experimenten und der Aufladung
der Elektrizität als instantan setzt eine Geschichte ein, die heute,
angesichts von ›ubiquitous computing‹, Dauerzuständen mobiler
Erreichbarkeit und den verbreiteten kulturwissenschaftlichen Debatten um
Unmittelbarkeit einer Genealogie harrt. Anhand der Geschichte der
Elektrizitätsforschung, die eine Erforschung des Kabels ist und die mit der
elektromagnetischen Telegraphie als Medium implementiert wird, greifen
Phantasmen der Unmittelbarkeit um sich, die Trennungen aufheben und
zugunsten von Instantanität oder Präsenz tilgen. Dabei werden
Medienbegriffe geprägt, deren Schicksal in der medientheoretischen
Aufarbeitung durch Marshall McLuhan liegt. Mit seiner Blickwendung, die an
Medien nicht mehr die Inhalte fokussiert, sondern den impact des Mediums,
möchte er vor allem die ›all-at-once-ness‹ der instantanen Elektrizität
erklären. Dafür nutzt er ›tools‹, die Unmittelbarkeiten anbieten, obwohl
sie Medien erklären sollen. So wird nicht nur McLuhans Katholizismus als
›framework‹ seines Denkens erklärbar, sondern eine grundsätzliche Aporie in
McLuhans Werk extrahiert: dass er Medien als unmittelbar beschreibt und
damit das Potential seines eigenen Blickwechsels verdeckt – eine Bewegung,
die noch aktuelle Medientheorien in Bedrängnis bringt.