[rohrpost] COMPLICITY | Public Talks Programm | 9.11.

Krystian Woznicki kw at berlinergazette.de
Die Okt 29 11:01:42 CET 2013


COMPLICITY. Wie können Hacker & Journalisten, Amateure & Profis, Piraten
& Kapitalisten zusammenarbeiten?
Berliner Gazette-Jahreskonferenz | Public Talks | 9. November
SUPERMARKT, Brunnenstr. 64, Berlin
http://berlinergazette.de/complicity

LABORBERICHTE | 10:00

Öffentlich frei zugängliche Matineé mit Präsentationen der Ergebnisse
aus den drei COMPLICITY-Workshops: Amateure & Profis, Piraten &
Kapitalisten, Hacker & Journalisten.

MITTAGSPAUSE | 12:00

ÖFFENTLICHER AUFTAKT | 13:30

Begrüßung: Thorsten Schilling (Bundeszentrale für politische
Bildung/bpb), Krystian Woznicki (berlinergazette.de)

ERÖFFNUNGSVORTRAG: Was ist Komplizenschaft? | 14:00

Occupy, Commons und andere soziale Experimente zeigen: Auf der ganzen
Welt werden neue Formen der Zusammenarbeit erfunden und ausprobiert. In
ihrem Einführungsvortrag zeigt Gesa Ziemer, Professorin für
Kulturtheorie und kulturelle Praxis, dass die Umdeutung alter Formen
gemeinschaftlichen Handelns eine wesentliche Rolle spielen kann. Der
Blick auf Komplizenschaften in Kunst, Wissenschaft und Wirtschaft legt
eine solche Form aktueller Kollektivierung frei. Basierend auf ihrem
aktuellen Buch "Komplizenschaft. Neue Perspektiven auf Kollektivität"
schlägt Ziemer ein neues Verständnis des Begriffs vor, der bisher
vorrangig mit kriminellen Aktivitäten in Verbindung gebracht wird: Man
hat eine Idee, macht einen Plan und setzt die Sache dann mit einem
Komplizen um. Ziemer begreift das Illegale weder als Endstation des
Denkens, noch als moralische Grenze des Handelns. Stattdessen erkundet
sie neue Potenziale kollektiver Handlungen – besonders in innovativen
Umgebungen. Entstehen aus einer Komplizenschaft heraus unerwartete
Lösungen für bestimmte Probleme? Hat Komplizenschaft damit einen Nutzen
für die ganze Gesellschaft?

Input: Prof. Gesa Ziemer (HafenCity Universität, Hamburg)
Moderation: Ela Kagel (Gründerin, SUPERMARKT, Berlin)

HACKER & JOURNALISTEN: Die Welt informieren oder reformieren? | 15:15

Schätzungsweise 20 bis 30 Billionen US-Dollar sind im Ausland versteckt.
Das entspricht der Summe des wirtschaftlichen Aufkommens der USA und
Japans. Das Recherche-Projekt „Offshore Leaks“ hat sich dieser
Schieflage angenommen und im April 2013 Details über 130.000
Offshore-Konten aufgedeckt. Der Bericht wurde vom Internationalen
Konsortium der Investigativen Journalisten (ICIJ) herausgegeben, die
weltweit mit 86 Journalisten aus 46 Ländern waren kooperierten, um die
Serie von investigativen Berichten zu erstellen. Die Untersuchung
basiert auf 2,5 Millionen geheimen Berichten über die Offshore Assets
von Menschen aus 170 Ländern und Gebieten. Kurz: Es ist eines der
Investigativ-Projekte unserer Zeit, eine bahnbrechende Zusammenarbeit
von Journalisten und Programmierern. Was können wir von diesem Fall über
Komplizenschaft lernen? Welche Reformen löst sie in der Welt der
traditionellen Medien aus? Zwei Insider dieses Projekts teilen ihre
Einblicke und Überlegungen.

Vortrag: Stefan Candea (Journalist, thesponge.eu & crji.org, Bukarest)
Antwort: Sebastian Mondial (Daten-Journalist, NDR.de, Hamburg)
Moderation: Marlis Schaum (Köln)

AMATEURE & PROFIS: Übernehmen jetzt kreative User das Ruder? | 16:15

Eine Software, die ihren Nutzer ermöglicht mit der künstlichen
Gesangsstimme einer futuristischen Diva zu singen, begeistert ganze
Menschenmassen in Asien. Sie heißt Hatsune Miku und wurde 2007 in Japan
auf den Markt gebracht. Als singende Synthesizer-Applikation, humanoide
Persona und Avatar zugleich ist sie inzwischen bekannter als menschliche
Idole und ist dabei fast vollständig ein Produkt ihrer Nutzer und Fans:
Die haben zwischen Singapur und Tokio mittlerweile über 100.000 Songs
und über 400.000 Videos im Namen von Hatsune hervorgebracht. Diese
Explosion von Kreativität wird durch freie Lizenzen, soziale Netzwerke
beflügelt und einer hochproduktiven Fan-Kultur. Ist das ein Modell für
die Zukunft der kreativen Arbeit, in der Amateure und Profis
interagieren? Wo liegen die Grenzen dieses Modells?

Vortrag: Prof. Mitsuhiro Takemura (Gründer, SMAL.jp, Sapporo)
Antwort: Valie Djordjevic (Redakteurin, iRights.info, Berlin)
Moderation: Lilian Masuhr (Berlin)

KAFFEEPAUSE | 17:15

PIRATEN & KAPITALISTEN: Einfach die Wirtschaft neu erfinden? | 17:45

Mit Technologien wie Internet und Verschlüsselung wird Geldverkehr ohne
Banken möglich. Für die Durchführung von finanziellen Transaktionen ohne
Kommission gibt es inzwischen Bitcoin. Aber Bitcoin ist immer noch eine
Blase, die darauf baut, dass andere sich darauf verlassen, dass Bitcoin
noch lange verwendet wird. Ein Vorschlag zur Lösung dieses Problems ist
Opentabs. Es ist ein „Ich schulde dir etwas“-System (IOU für engl. „I
owe you“), das nur auf dem Vertrauen jener basiert, die an einer
Transaktion beteiligt sind. Es ist kein Dritter zwischengeschaltet.
Opentabs versteht sich als ein Buchhaltungswerkzeug, das bei der
Abschreibung der IOUs hilft. Als Werteinheit für diese IOUs können
Bitcoins, Euro oder andere Dinge wie Bier (im Sinne von „Ich schuld dir
ein Bier“) genutzt werden. Wie verändern sich soziale Beziehungen, wenn
Vertrauen zur Basis alltäglicher Austauschprozesse avanciert? Ist es
sogar im Zuge dessen möglich, die Wirtschaft zu transformieren? Bietet
Graswurzel-Banking à la opentabs ein nachhaltiges Modell für die
Finanzierung von Graswurzel-Produktionen im Bereich von Kultur und Wissen?

Vortrag: Michiel de Jong (Programmierer, opentabs.net, Amsterdam)
Antwort: Eleanor Saitta (Forscherin, IMMI, Seattle)
Moderation: Marlis Schaum (Köln)

ABSCHLUSSDISKUSSION: Welche Regeln braucht Komplizenschaft? | 18:45

Unsere Zeit wird von soziokulturellen Kämpfen geprägt. So prallen immer
häufiger unterschiedliche Welten aufeinander und gehen miteinander teils
überraschende Allianzen ein. Dabei verfügen sie über ganz
unterschiedliches Kapital: Kommerzielle Akteure und Unternehmensverbände
haben große finanzielle Mittel. Zivile Aktivisten haben sich einer
„guten Sache“ verschrieben. Forscher hingegen erreichen ihren
diskursiven Expertenstatus über die neutrale Einschätzung von Fakten.
Wenn diese drei Akteure Koalitionen bilden, um ein gemeinsames Ziel
voranzubringen, kann das Resultat auch weniger als die Summe seiner
Teile werden. Komplizenschaft zwischen diesen verschiedenen Akteuren
kann die Glaubwürdigkeit der Beteiligten untergraben. Was sind
akzeptable, was sind notwendige Kompromisse einer grenzübergreifenden
Koalitionsbildung? Gibt es Alternativen zur Komplizenschaft? Was
bedeutet Verantwortung in diesem Zusammenhang? Wie kann eine Ethik der
Komplizenschaft aussehen? Welche Standards und welche Werte können
Komplizenschaften tragfähig machen?

Vortrag: Leonhard Dobusch (Wissenschaftler, Freie Universität Berlin)
Antwort: Janina Sombetzki (Philosophin, Universität Kiel)
Moderation: Lilian Masuhr (Berlin)