[spectre] n0name newsletter #127

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Fri May 2 20:18:48 CEST 2008


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n0name newsletter #127 Fr., 02.05.2008 16:50 CET

*Inhalt/Contents*

0. Heraus zum revolutionaeren 6. Mai !
1. Trifft ein Telekommunist einen Ex-textz.comler
2. Die Lage der Arbeiterinnen in den IT-Sonderwirtschaftszonen
   Der Dokumentarfilm _Digitale Handarbeit_
3. Die historischen Deportationen und Morde, und die aktuellen Lager 
   und Abschiebungen in der BRD muessen aufeinander bezogen werden!
4. Rezension von Sabine Nuss. _Copyright & Copyriot_ 30

ACHTUNG! Umlaute, Unicode-Zeichen

26 KB, ca. 9 DIN A4-Seiten

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Heraus zum nachrevolutionaeren 6. Mai !


Wenn oder damit du nachts nicht kannst

Workingman's Death
Dokumentarfilm, A/BRD 2005
Di., 06.05 02:50 Uhr

Die Verwechslung der Weise mit dem Verhaeltnis:

"[...] Hard manual labor is visible, explainable, portrayable.
This is why I often think of it as the only real work."
                                             Michael Glawogger

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1.

(scroll down for english version)

Trifft ein Telekommunist einen Ex-textz.comler:

"Gute Sache das mit dem Raubkopieren. Warum kommst du nicht zu uns? 
Wir koennten zusammen eigene Texte schreiben und dann verschenken."
Sagt der Ex-textz.comler: "Keine Zeit, ich muss Filme herunterladen."
"Okay", sagt der Telekommunist, "dann drehen wir eigene und 
verschenken die."
"Keine Zeit, ich muss Geld runterladen."
"Na gut, dann drucken wir eigenes und verschenken das."
"Keine Zeit, ich muss Pizza runterladen."
"Moment mal - Pizza kann man doch garnicht herunterladen."
"Eben!"



Telecommunist meets Ex-textz.comist:

"Good thing this pirate copying. Why don't you come to us?
We could write our own texts together and give them away."
The Ex-textz.comist says: "No time, got to download films."
"Okay", the Telecommunist says, "let's make our own movies and
give them away."
"No time, got to download money."
"Well well, so let's print our own money and give it away."
"No time, got to download pizza."
"Wait a moment - it's impossible to download pizza."
"Exactly!"

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2.

Die Lage der Arbeiterinnen in den IT-Sonderwirtschaftszonen

Der Dokumentarfilm _Digitale Handarbeit_


Die Frontispiz der DVD verweist auf ein scheinbares Paradox, naemlich 
die Automatisierung und Rationalisierung weiter Bereiche der 
allgemeinen Produktion unter dem Diktat der Datenverarbeitung bei 
gleichzeitiger Produktion der dafuer notwenigen Produktionsmittel, 
(die auch Konsummittel sein koennen) von Hand. Digitale Handarbeit 
gibt es ebensowenig wie das digitale Bild, wie Medienprofessoren 
feststellen, sondern nur digitale Weisen der Verarbeitung von Daten. 
Der Output hat die sensuelle materielle Form zu haben oder er ist 
nicht. Die immaterielle Wirtschaft existiert nur auf dem Display. 
Aber die Handarbeit ist billiger und das Angebot der billigen 
Abeitskraefte grosz. Die Produktionsweise folgt nicht immer den 
Moeglichkeiten einer erhoehten Produktivitaet.

Es sieht aus wie elektronisches Sticken von Frauenhaenden auf 
Platinen fuer den Profit und ist dennoch ein hocharbeitsteiliger, 
maschineller, das heiszt industrieller Vorgang, der -- wie der Film 
zeigt -- durchschaubares aber wie wahnsinniges Chaos ist. Herstellung 
und Recycling von Computern sind hochgradig irre organisiert, die 
Folgen fuers Oekologische und fuers Oekonomische, so nicht mehr 
einfach zu trennen, sind fatal. Man sieht die Ueberproduktion und 
danach einen Berg von Elektronikschrott, Menschen, die unter dem 
Gesetz der steigenden Produktivkraft und staendig zu erweiternder 
Maerkte mit Giften schutzlos hantieren. Man sieht den Run auf 
billige Notebooks und Polizei, die dieses Eigentum schuetzt.

Stricken, Haekeln, Stricken und Knuepfen galt den Cyberfems als 
frauliches Ur-Skill des Netzwerkens. Ich erinnere mich an 
Sadie Plant's _nullen + einsen_, wo das Weben zum treibenden 
Faktor des Aufkommens der Computer stilisiert wird. Das massenhaft 
manufakturelle Sticken unter Lebensgefahr fuer die Arbeiterinnen 
der untersten aber entscheidenden Ebene der Computerbranche ist 
die ausgemachte Ausbeutung. Das befindet der Film vor allem in 
Interviews mit erzaehlenden, reflektierenden Frauen relativ kuehl. 
Die These aber, welche Pun Ngai vom Chinese Working Woman Network 
aufstellt, naemlich dass der Markt das Bestimmende fuer die Wandlung 
der gesellschaftlichen Strukturen und die Installation einer globalen 
Werkbank in vor allem China sei, ist ein Blick, der sich mit dem 
NGO-strategischen von WEED deckt. Der neue Kapitalismus sei ein 
von alten staatlichen Restriktionen und Kontrollen befreiter und 
basiere auf Konzernen und globalem Geldkapital. Diese Reform moechte 
man mit der Tobin Tax und einer koordinierten Gewerkschaftsbewegung 
re-reformieren.

Ob die miserable Situation der Computer-Handarbeiterinnen am 
Flieszband, mit den Verbesserungen wie Arbeitsschutzrechten und 
hoeheren Loehnen, aber nur _eingehegt_ wird, wie Friedrich Engels 
schreiben wuerde[1], ihren Status jedoch grundsaetzlich nicht 
aendert, bliebe offen. Der IG-Metaller, der die gewerkschaftliche 
Organisation der Arbeiter in China anmahnt, gehoert moeglicherweise 
hierzulande zur Kaste des Co-Managements des Profits in Augenhoehe 
mit dem Kapitalschutz.


"Das Handy muss lebendig sein!" (FONIC)

Das sogenannte Neo-Liberale und die Repression-Debatte haben aber 
zwei Seiten. Die Kapitalisierung noch nicht voll kapitalisierter 
Laender birgt, wie zur Zeit der Kapitalisierung/Industrialisierung 
Europas, moerderische und emanzipative Momente, u.a. fuer Frauen, die 
sich aus den laendlich-familiaeren Strukturen befreien. Der Appell an 
die Macht der Konsumenten, die mit ihrem Einkauf die Preise und so 
bessere Bedingungen fuer die Proletarier diktieren koennten aber 
macht die "Fairglobe Bananen" mit Tastaturen und Joystick nicht 
anders. Sie bleiben Ware, werden fuer die Kaeufer blosz moralisch und 
fuer ihre Erzeuger immerhin monetaer bessere Ware.

Die lebendige Arbeit wird unter das Kapital subsumiert, das stellt 
der Film klar fest. Doch er macht nicht deutlich genug, dass nicht 
die Individuen mehr lebendig sind, sondern die Waren des modernen 
Lebens, welche die Individuen selber bauen und dann auch noch 
bezahlen, haben ihr Eigenleben zu fuehren. Vorgaenge die weder einer 
Republik des Volkes noch einem sog. demokratischen Staat entsprechen. 
Wenn das Kapital dich braucht, kauft es deine Leistung, wenn nicht, 
musst du die Zone verlassen.

Die Lage der Arbeiterinnen in den Sonderwirtschaftszonen ist eher 
kein Ergebnis der Globalisierung, die wenn dann bereits mit 
der kolonialistischen Ausbeutung begann, also kein neues 
weltwirtschaftliches Prinzip ist, und sie ist nicht Resultat einer 
geheimen Wertschoepfungskette oder das einer Preistreiberei durch 
die Firmen auf dem IT-Markt, und sie ist auch kein Ergebnis der 
ungerechten Verteilung der Gewinne, mit den hyperindustriellen 
Laendern als Gewinner und den Nachzueglerstaaten als Verlierer. 
Die 12 Stunden Arbeit pro Tag bei Foxconn, in denen Mainboards fuer 
Intel und Rechner fuer Dell hergestellt werden, gehoeren der 
Arbeiterin ja nicht mehr, sie hat sie verkaufen muessen und wird 
damit unter Schmerzen in den Konsum einsteigen koennen. Das von ihr 
hergestellte Mehrprodukt ist keine reine Ausbeute des globalen 
Konkurrenzkampfs ueber den Preis, sondern der Arbeiterin enteignet!

Pun Ngai's Frage, ob die Geschichte damit zu den Anfaengen des 
Kapitalismus zurueckkehre, ist insofern zweischneidig. Wenn man die 
Ausgabe "Die Industrielle Revolution" des Magazins _GEO Epoche_ 
durchblaettert, wird darin der Manchester-Kapitalismus in seinen 
toetlichen Auswirkungen auf die damals neuen proletarischen Subjekte 
und in seinen Oberflaechen von Kauf und Tausch und Finanzkapital gut 
beschrieben. Die Darstellung der politischen Struktur seiner 
Profitbildung aber bleibt auf dem Niveau von Charlie Chaplin's 
_Modern Times_. Zu sehen sind die Kettenwirkungen und die Ketten, 
um es leicht pathetisch zu sagen, aber nicht die zur Verkettung 
fuehrenden Verhaeltnisse im Zusammenhang.

Die neue Arbeiterklasse in China musste sich bilden/gebildet werden, 
damit kehrt (so der Vorschlag fuer die andere Sicht der Dinge) nichts 
geschichtlich neuliberal an Anfaenge zurueck sondern setzt sich auf 
Basis der Grundsaetze des Kapitalismus fort. Alle Verguenstigungen 
fuer die Produktiven sind blosze regulatorische Masznahmen auf der 
sympthomatischen Ebene gegen drohenden Kollapse und dazu noch 
erkaempft von den Betroffenen selbst. Die bluehende Landschaft auf 
dem Monitor des ThinkPad ist somit die doppelte Verheiszung: Sie 
wird da sein, so wie diejenigen aus den kreativen Mittelklassen, die 
das hier lesen, sie antisolidarisch oder solidarisch antizipieren.

Der Film hat im Berliner Kino "Central" heute am Samstag, den 
19. April, um 16:30 Uhr seine Premiere. Er kann bei WEED fuer 
10,00 EURO bestellt werden: http://www.weed-online.org

Matze Schmidt
_______________
[1] Friedrich Engels. _Die Lage der arbeitenden Klasse in England_. 
http://www.mlwerke.de/me/me22/me22_265.htm

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3.

"Wenn du bei den Behörden eine Anfrage machst, bestätigt sie das nur 
in ihrem Drang, Druck auf dich auszuüben. Es bedeutet auch, ihnen die 
Hinweise darauf zu geben, wo sie dich am meisten treffen können. Sie 
können sehr freundlich mit dir sein – aber du musst dir darüber im 
Klaren sein, dass sie im Kopf eine vollkommen andere Position haben. 
Ihre Absicht ist es, dich zu ruinieren – aber sie werden dir immer 
sagen, dass sie für dein Leid keine Verantwortung tragen. Das ist ihre 
Berufsethik. Das einzige Hilfsmittel für uns als direkte Opfer ist 
es, gemeinsam eine konkrete Strategie zu entwerfen, die dieser 
faschistoiden Verwaltungsstruktur entgegenstehen kann, die diesem 
System gegen die Flüchtlinge hier eingepflanzt worden ist."

(E-Mail Date: Mon, 14 Apr 2008 02:47:57 +0200 (CEST), Subject: Wir 
rufen zur Schließung der Isolationslager in Deutschland auf!, From: 
"The VOICE Refugee Forum" <thevoiceforum(at)emdash.org>)

+

Zug der Erinnerung
http://www.zug-der-erinnerung.eu/

Die historischen Deportationen und Morde, und die aktuellen Lager in 
der BRD, muessen aufeinander bezogen werden!

Yelena Simc

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4.

Rezension von Sabine Nuss. _Copyright & Copyriot_ 30


LaFee zu hoeren ist nicht ungefaehrlich. Schweinische Kapitalistager-
Traeume werden zynisch vorgetragen. Die Branche passt sich ohnehin 
den Absatzmoeglichkeiten an, die Tontraegerindustrie erwirbt Anteile 
an der Konzertindustrie. Aber die Ideologie von eine Ressource 
des Geistigen im Land der Ideen versickert nicht so schnell. Sogar 
deutsche Bands mit sogar einem Stern im Logo unterzeichnen und jedes 
"La la la la" aus der Zweiraumwohnung klingt nach "Gib mir dein Geld": 
http://www.heise.de/bilder/106992/0/1

"4.1 Property Rights, der Principal und sein Agent – 
    die moderne, bürgerliche Theorie des Eigentums 
    als Legitimation des Privateigentums

Die Property Rights Theorie versteht sich selbst als Ergänzung und 
Fortschrei-bung der neoklassischen Volkswirtschaftslehre. Einer der 
wichtigsten Vertreter ist der Ökonom Douglass C. North. Da die 
Neoklassik die Dynamik wirtschaftli-cher Entwicklung mit ihren 
statischen Modellen nicht befriedigend erklären konnte, skizzierte 
North eine „neue Sicht der Wirtschaftsgeschichte". Die Beschleunigung 
des wirtschaftlichen Wachstums seit der steinzeitlichen Revolution, 
seit dem Übergang zur Agrarwirtschaft und seit der modernen 
industriellen Revolution erklärte er mit einer Theorie der Verfügungs- 
und Eigentumsrechte (Property Rights), wobei die Kernthese seiner 
historischen Untersuchung lautet, dass Länder, deren Staaten 
gesicherte Eigentumsrechte durchsetzen konnten und können, eine 
„effi-zientere Wirtschaftsleistung" generieren als Länder, die über 
wenig oder keine gesicherten Eigentumsrechte verfügen. Getreu der 
neoklassischen Vorstellungs-welt liegen der Property Rights Theorie 
zwei zentrale Annahmen zugrunde: (1) Die Wirtschaftssubjekte streben 
danach, ihren (nach je individuellen Kriterien bestimmten) Nutzen zu 
maximieren;"

Siehe Adam Smith und die klassische Nationaloekonomie.

"(2) die Nutzen spendenden Güter (Produk-te, Dienstleistungen, aber 
auch freie Zeit) sind jedoch - gemessen an der Unbegrenzt-heit der 
Bedürfnisse - knapp. In den historischen Untersuchungen von North 
erscheinen gesellschaftliche Organisationsformen wirtschaftlicher 
Prozesse grund-sätzlich entweder über den Markt oder eine 
hierarchische Lenkung (durch den „Herrscher") gesteuert. Als 
„effizient" betrachtet North eine Wirtschaft, in der das 
nutzenmaximierende Verhalten der Subjekte zu einer Ausstoßsteigerung 
führt:

„Die Ausdrücke `effizient' und `ineffizient', wie in der vorliegenden 
Arbeit verwendet, dienen zum Vergleich der Auswirkungen zweier 
Nebenbedingungen: Im einen Fall wird maximie-rendes Verhalten der 
Teilnehmer Ausstoßsteigerungen bewirken, im anderen nicht" (North 
1988: 7, FN 2).

Bei der Beantwortung der Frage, wie Herrscher oder Staaten das 
maximierende Verhalten der Wirtschaftssubjekte in der Vergangenheit 
bis in die Gegenwart ent-sprechend beeinflusst bzw. gelenkt haben, 
spielt der Begriff der „Transaktions-kosten" eine zentrale Rolle. 
Ergänzend zur Neoklassik, bei der die Produktions-kosten aus den 
Produktionsfaktoren Boden, Arbeit und Kapital entspringen, er-weitert 
North das Modell um Aufwendungen, die bei der Transaktion der Güter 
entstehen, also für „Abgrenzung, Schutz und Durchsetzung der 
Eigentumsrechte an Gütern" (North 1992: 33). Zu diesen so definierten 
Transaktionskosten zählt North zum einen die Messungskosten (Preis für 
die Informationen über Größe, Qualität und Beschaffenheit eines 
Gutes), zum anderen nennt er die Erfüllungs-kosten (Aufwendungen für 
Vertragserfüllung). Je arbeitsteiliger die Marktwirtschaft

115

ist, desto größer werden die Transaktionskosten, da die Tauschvorgänge 
komple-xer und anonymer werden. Da nun aber „exklusive Eigentumsrechte, 
die dem Eigentümer etwas einbringen" (North 1988: 93) nach North einen 
unmittelbaren Anreiz „zur Erhöhung von Effizienz und Produktivität" 
bieten, kann der Staat Transaktionskosten senken, indem er gesicherte 
Eigentumsrechte etabliert."

Bestaetigt diese die Vorgaenge in der BRD?:

"Bundeskanzlerin will Kampf gegen Produktpiraterie zur Chefsache 
machen - China verurteilt erstmals Raubkopierer

Bundeskanzlerin Merkel will den Kampf gegen Produktpiraterie und 
Raubkopien zur Chefsache machen. Es gehe um den Schutz von 
Industrie-Patenten ebenso wie um die Urheberrechte von Künstlern, 
erklärte Frau Merkel in ihrer Videobotschaft zum Welttag des geistigen 
Eigentums. Gestern hatten 200 deutsche Künstler in einem Offenen Brief 
um die Unterstützung der Bundeskanzlerin gebeten. In China wurde heute 
erstmals ein Mann wegen Produktpiraterie zu einer Haftstrafe 
verurteilt. In seinem Geschäft waren mehr als 10.000 DVD-Raubkopien 
sichergestellt worden."
(Deutschlandradio 18 Uhr Nachrichten, Sa., 26.04.2008)

Im sogenannten Principal-Agent-Modell kommt dies zum Tragen: Der 
Principal kann bei zunehmender Arbeitsteilung der Marktwirtschaft die 
Leistung seines Agenten nicht mehr direkt messen und überwachen und 
muss vermehrt Kontrollkosten aufwenden. Diese können gesenkt werden, 
indem der Principal seinem Agenten Verfügungsrechte an dessen Arbeit 
abtritt, da ihn das zu höherer Produktion motiviere.2 Eigentumsrechte 
bestimmen also, wo am meisten Nutzen zu erwarten ist, und stellen 
insofern einen Anreiz in eine bestimmte Richtung dar. Tatsächlich 
ist dieser Zusammenhang nach North die eigentliche Ursache für die

„Erste Wirtschaftliche Revolution", die nicht deshalb eine war, weil 
„sie die hauptsächli-che Wirtschaftstätigkeit des Menschen vom Jagen 
und Sammeln zur Landwirtschaft verla-gerte. Sie war eine Revolution, 
weil dieser Übergang für den Menschen eine ganz grund-legende 
Verschiebung der Anreizstruktur bewirkte" (ebd.).

Diese Anreizveränderung ist nach North eben in den unterschiedlichen 
Eigentums-verhältnissen der beiden Systeme begründet:

„Wenn die Subsistenzmittel im Gemeineigentum stehen, so gibt es wenig 
Anreiz zum Erlernen einer besseren Technik oder zum Erwerb größeren 
Wissens. Im Gegenteil: Ex-klusive Eigentumsrechte, die dem Eigentümer 
etwas einbringen, bieten einen unmittelba-ren Anreiz zur Erhöhung von 
Effizienz und Produktivität" (ebd.).
_______________
2 Auch bezüglich Messung und Information spielt der Staat nach North 
  eine entscheiden-de Rolle. Mittels Standardisierungen (z.B. DIN) 
  oder der Sicherung der flächendecken-den Gültigkeit herrschender 
  Zahlungsmittel erleichtert er Tauschvorgänge, indem er Unsicherheit 
  mindert. Aber selbst wenn die Tauschvorgänge durch den Staat 
  annähernd reibungslos gesichert sind, besteht nach North die Gefahr, 
  dass der Mensch (als nutzen-maximierendes Individuum) dennoch 
  versucht zu „betrügen": „Aber man kann die Vertragserfüllung nicht 
  als Selbstverständlichkeit betrachten. (...) ... ohne institutionelle 
  Schranken wird selbstsüchtiges Verhalten komplexe Tauschvorgänge 
  behindern" (North 1992: 39). Vermeiden könne man Betrug nur, wenn 
  die Tauschvorgänge als „gerecht" empfunden werden. Ob aber ein 
  gesellschaftliches Tauschsystem für „gerecht" gehalten wird, also 
  von den Beteiligten mit all seinen Regeln akzeptiert wird, hängt 
  wiederum ab von der herrschenden Ideologie. Die Ideologie kann nicht 
  nur bewirken, dass die Indivi-duen trotz ihres selbstsüchtigen 
  Wesens nicht betrügen, sie kann auch „redliches" Arbeits-verhalten 
  fördern: „(...) der Unterschied zwischen Arbeitern, die `fleißig' 
  oder `gewissen-haft' sind oder `schwer arbeiten' und denen, die 
  `faul' oder `ungeschickt' sind oder `sich drücken', ergibt den 
  Unterschied in deren Ausstoß als Folge davon, wieviel die ideolo-
  gische Überzeugung zur Vermeidung von Drückebergerei beiträgt" 
  (North 1988:48)."

Das Leben der Staat, der Staat als gerechtes Tauschsystem fleisziger 
Produzenten unter ahistorisch vorausgesetzter Kapitalbildung.

"116

Demnach erklärt diese Anreizveränderung auch den

„raschen Fortschritt, den die Menschen in den letzten 10.000 Jahren im 
Unterschied zu ihrer langsamen Entwicklung in der langen Zeit des 
primitiven Jagens und Sammelns davor verzeichnete" (ebd.).

„Effiziente Institutionen" sind damit bestimmte Eigentumsrechte, die 
dazu füh-ren, dass die Produktion einer Wirtschaft erhöht wird. Diese 
Eigentumsrechte sind dann effizient (also erhöhen den Ausstoß der 
Produktion), wenn die Trans-aktionskosten gering sind. Sind die 
Transaktionskosten gering, also die Eigentums-rechte gesichert, dann 
generiert dies auch den Anreiz für das einzelne Individu-um, Wissen 
und Produktivität zu erhöhen.3 Eine sichere Erfüllung von Verträgen, 
und in diesem Kontext meint North Verträge zur Eigentumssicherung, 
führt also zu einer höheren Effizienz von Wirtschaften. Verkürzt 
ausgedrückt: Je gesicherter die Eigentumsrechte, desto effizienter 
die Wirtschaft.4"

Womit er vielleicht nur zum Teil recht behaelt. Der Schwarzmarkt und 
die Schattenwirtschaft sind offenbar immens grosz und haben ihren 
effizientischen Anteil an der Bildung von Profiten neben dem System 
des Eigentumsrechts.
Interessant: Am Schnittpunkt Regulation treffen sich offenbar 
Neoklassiker mit den Globalisierungskritikern. Fuer jene bedeutet 
eine Ordnung nach Recht und Gesetz eine gerechte Ausbeutung.

"4.2 Naturalisierung als Prämisse und die historische 
     Rückprojektion moderner Kategorien

North verfolgt zwar das Anliegen, eine Wirtschaftsgeschichte zu 
schreiben, bleibt aber darin eigentümlich ahistorisch. So kennt er im 
Grunde nur zwei Zustände, einen mit „gesicherten" oder „effizienten" 
Eigentumsrechten, und einen anderen mit „nicht gesicherten" oder 
„weniger effizienten Eigentumsrechten". Eigentum selbst ist ihm eine 
offensichtlich überhistorische Institution. Die historisch un-
terschiedlichen Funktionsweisen von Eigentum werden von North nicht 
näher differenziert, vielmehr wird vom jeweiligen gesellschaftlichen 
Wirkungskontext abstrahiert. Besonders deutlich wird das bei seiner 
Definition des solchermaßen überzeitlich begriffenen Eigentumsrechtes, 
das nach North „das Recht des Aus-schlusses Dritter" beinhaltet (North 
1988: 21). Ohne etwas vorwegnehmen zu wollen, sei hier bereits 
erwähnt, dass beispielsweise Eigentum im Mittelalter mitnichten die 
Macht ausschließlicher Verfügung über die Sache meinte (Hecker 
1990:74). Bis in das 19. Jahrhundert hinein war im größeren Teil 
Europas der
_______________
3 Bezüglich der Vertragserfüllung macht North diesen Zusammenhang 
  nochmals deut-lich: „Aber, wie ebenfalls schon betont, ist die 
  Unfähigkeit von Gesellschaften, wirk-sam und mit geringen Kosten die 
  Erfüllung von Verträgen zu sichern, die wichtigste Ursache sowohl 
  historischer Stagnation wie auch der Unterentwicklung der Dritten 
  Welt der Gegenwart" (1992: 65).
4 Diese einfache Formel wird in verschiedensten Varianten als 
  Erfolgsrezept für die Ökonomien von Transformationsländern und 
  Entwicklungsländern empfohlen. Bei-spielhaft ist der besonders im 
  Westen gefeierte peruanische Ökonom Hernando de

117

Boden der entscheidende Produktionsfaktor, aber es gab kein 
Bodeneigentum im Sinne des modernen Eigentumsbegriffs, „d.h. einer zum 
Ausschluß Dritter be-rechtigenden willkürlichen Verfügungsgewalt" 
(Rittstieg 1975: 3). Auch der Be-griff der Effizienz wird für alle 
Epochen gleichermassen und vor allem für alle gesellschaftlichen 
Verfaßtheiten allgemein gültig benutzt. North sieht in „gesi-cherten 
Eigentumsrechten" das zentrale Mittel zur Herstellung einer 
„effizienten Wirtschaft". Dies bedeutet, dass das nutzenmaximierende 
Verhalten der Individu-en zu einer Steigerung des „Ausstoßes" führt, 
wenn die Eigentumsrechte entspre-chend gesichert sind. Eine Steigerung 
des Güterausstoßes beschreibt nun aber den Produktionszweck 
beispielsweise für eine bestimmte Phase des real existie-renden 
Sozialismus, mitnichten den des Kapitalismus. North begreift also 
nicht nur die Kategorie des Eigentums überhistorisch, sondern 
verfährt eben so beim Effizienzbegriff (vgl. die Kritik am Konzept 
„Effizienz" in Kapitel 7.2).
   An einer weiteren Stelle in seiner Untersuchung definiert North 
Eigentums-rechte als Rechte, die „der einzelne an seiner eigenen 
Arbeit und an den Sach-und Dienstleistungen in seinem Besitz erwirbt" 
(North 1992: 39). Bei einem Recht aber, welches der einzelne an seiner 
Arbeit und an den Dingen in seinem Besitz erwerben kann, ist die 
Inbesitznahme bzw. der Prozess der Aneignung ausgeblen-det. Wie diese 
Inbesitznahme geschehen ist und vor allem, wie dies legitimiert werden 
kann, ist offensichtlich kein Thema. Das ist auch nicht mehr nötig, 
denn die individuelle ausschließende Aneignung von Natur hatte bereits 
John Locke einige Jahrhunderte früher legitimiert (vgl. Macpherson 
1980; 1977). Seine Eigen-tumstheorie wurde mit ihrer Entstehung Ende 
des 17. Jahrhunderts zur „weltli-chen Bibel" des Bürgertums (Rifkin 
2000: 107), sie ist als solche in den Kanon des bürgerlichen 
Rechtsdenkens und damit auch in die Property Rights Theorie ein-
geflossen (vgl. Nuss 1999). Was heute als selbstverständlich gilt, 
nämlich die indi-viduelle Aneignung von Natur, musste John Locke noch 
rechtfertigen und er tat dies naturrechtlich: Im Naturzustand, so die 
damalige Vorstellung, herrscht voll-kommene Freiheit und Gleichheit 
(die wiederum nur durch Naturgesetze be-schränkt werden) und es gibt 
kein individuelles Eigentum: Gott hat die Erde den Menschen gemeinsam 
gegeben. Da es aber das erste Naturgesetz ist, die Schöp-fung und 
damit auch den Menschen zu erhalten, muss der Mensch sich in irgend-
einer Form Nahrung verschaffen. Diese Tätigkeit nun, das Pflücken 
einer Frucht beispielsweise, betrachtet Locke als individuelle 
Aneignung und diese Aneignung - dies ist der Springpunkt - begründet 
zugleich das Recht auf Eigentum:
_______________________________________________________________________
Soto. In seinem ins Deutsche übersetzten Buch mit dem vielsagenden 
Titel „Freiheit für das Kapital! Warum der Kapitalismus nicht 
weltweit funktioniert" (De Soto 2002) führt De Soto seine 
Kernargumentation aus, wonach das Elend der Entwicklungslän-
der auf eine fehlende Sicherung der Eigentumsrechte zurück zu führen 
ist.

118"

Und das Eigentuemliche ist von Gott gegeben. Und so will Gott auch 
die unordentliche Vereigentuemlichung von Produkten der Kreativen in 
Deutschland oder China und nirgendwo nicht.

Ali Emas

Sabine Nuss. _Copyright & Copyriot: Aneignungskonflikte um geistiges
Eigentum im informationellen Kapitalismus_. Muenster: Westfaelisches
Dampfboot, 2006. 269 S. - EURO 19,90. Erschienen: Oktober 2006

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