[buug-l] Opencontent Lizenz

Florian Cramer cantsin at zedat.fu-berlin.de
Sun Aug 10 01:53:37 CEST 2003


Am Sonntag, 10. August 2003 um 00:30:15 Uhr (+0200) schrieb Michael Wiedmann:
> Gerade stolpere ich über http://www.opencontent.org und lese, dass die 
> weitere Arbeit daran eingestellt wurde (2003-06-30). Weiter wird auf 
> http://www.creativecommons.org verwiesen.
> 
> Hat das jemand genauer verfolgt und hat ein paar erhellende Sätze 
> hierzu?

Ja, ich schreibe sogar an einem Artikel darüber (für die englische
Netzkulturzeitschrift MUTE). Eine ärgerliche Angelegenheit, da nicht nur
die stark an die GPL angelehnte "Open Content License", sondern auch die
u.a. von O'Reilly und Prentice Hall verwendete "Open Publication
License" zu den Kollateralschäden gehört. Die Begründung des Betreibers
von www.opencontent.org, der jetzt bei "Creative Commons" arbeitet, ist,
daß ihm die juristische Expertise und institutionelle Kompetenz fehlt,
um die Lizenzen adäquat zu pflegen und zu unterstützen. (Die FSF, die
eine staatliche anerkannte Non-Profit-Organistaion ist und vom
Columbia-Jura-Professoren Eben Moglen juristisch beraten wird, der sie
auch vor Gericht und anderen juristischen Personen vertritt, ist hier in
einer anderen Position.)

Ärgerlich ist auch meiner Sicht, daß mit der Einstellung von
www.opencontent.org, der Website, die 1998 das Konzept "Open Content"
lancierthat, ein fatal mißverständliches Signal nach außen geschickt
wird, und daß ein "Upgrade Path" auf andere Lizenzen nicht existiert
(z.B. nach dem Motto, daß die Creative Commons-Lizenz XY zugleich auch
als Open Publication License 2.0 firmiert).

"Creative Commons" ist ein von Lawrence Lessig initiiertes Projekt,
daß statt einer oder zwei Lizenzen einen Lizenzbaukasten anbietet, mit
dem man verschiedene Nutzungsbedingungen (z.B.: Erlaubnis von
Verbatim-Kopien vs. Erlaubnis von Modifikation, Erlaubnis von
kommerzieller Distribution vs. Erlaubnis nur von nichtkommerzieller
Distribution etc.) zu einem individuellen Regelwerk kombinieren kann.
Der Hauptvorteil der "Creative Commons"-Lizenzen ist, daß sie von
juristischen Profis verfaßt wurden und gepflegt werden und demnächst
auch in nicht-englischsprachigen Versionen zur Verfügung stehen. Der
Nachteil ist - wie auch bei der GNU Free Documentation License, über die
das Debian-Projekt z.Zt. kontrovers diskutiert - daß viele
Lizenzoptionen (s.o.) sich nicht mit den Free Software Guidelines bzw.
der Open Source Definition vertragen und so lizenzierte Dokumente
deshalb auch nicht Bestandteil freier Distributionen sein können.

-F

-- 
http://userpage.fu-berlin.de/~cantsin/homepage/
http://www.complit.fu-berlin.de/institut/lehrpersonal/cramer.html
GnuPG/PGP public key ID 3200C7BA, finger cantsin at mail.zedat.fu-berlin.de


More information about the buug-l mailing list