[rohrpost] Journalist Ernst Corinth unter Beschuss
Krystian Woznicki
krystian@snafu.de
Tue, 10 Jul 2001 09:00:21 +0200
>Von der Dummheit der Menschen
>
>Florian R=F6tzer 06.07.2001
>
>CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender Friedrich Merz f=FCrchtet, dass die B=FCrger
>jede Parodie f=FCr Wahrheit halten, weswegen seine Anw=E4lte gegen eine
>Telepolis-Glosse vorgegangen sind
>
>Das Leben ist sicherlich f=FCr Politiker schwer, die st=E4ndig in der
>=D6ffentlichkeit stehen und der Kritik ausgesetzt sind. Wenn es manchmal
>zu hart wird und auch parteiintern der Friede nicht mehr stimmt, mag man
>durchaus d=FCnnh=E4utig werden. So ist es offenbar dem
>CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz oder seinen Anw=E4lten
>ergangen, als sie eine sicherlich etwas h=E4mische Glosse des TP-Autors
>Ernst Corinth vom 3.7. zur Kenntnis nehmen mussten und heute gleich mit
>weiteren rechtlichen Schritten drohten, wenn der Artikel bis morgen
>nicht aus dem Netz genommen wird.
>
>Der Anlass des Artikels, der in der Rubrik Glosse unter eben der URL
>ver=F6ffentlicht wurde, die jetzt dieser Artikel hat, war ein Streich von
>anderen b=F6sen Jungen aus M=FCnchen. Die hatten frecherweise eine Domain
> www.fotzenfritz.de eingerichtet. Und wer so begierig, ungeschickt oder
>was auch immer war, auf diese zu geraten, wurde flugs und ohne jeden
>weiteren Kommentar zur offiziellen Website des Fraktionsvorsitzenden
>gef=FChrt.
>
>Ernst Corinth, in Telepolis zust=E4ndig f=FCr Glossen, also=
meinungsbetonten
>Kommentaren, die b=F6se, sp=F6ttisch, polemisch, auch h=F6hnisch oder=
grotesk
>sein k=F6nnen, aber auf keinen Fall wahrheitsgem=E4=DFen Darstellungen=
eines
>Sachverhalts sind, hat sich diesen Umleitungsscherz vorgenommen und ein
>wenig damit gespielt, dass Friedrich Merz in Nachahmung zum
>erfolgreichen Outing des Sozis Wowereit, der zuvor schon von Corinth
>durch den Kakao gezogen wurde, sich h=E4tte just so outen k=F6nnen.
>
>Um aber sicher zu gehen, dass nichts in die falschen H=E4lse rutscht,
>f=FCgte Corinth noch hinzu, dass alles nur eine Parodie, also erschwindelt
>war: "So weit, so modern. Doch leider hat die Geschichte einen Haken.
>Die Fotzenfritz-Domain samt Umleitung auf die echte Homepage des
>Politikers hat n=E4mlich Friedrich Merz gar nicht selber angemeldet,
>sondern ein Witzbold aus M=FCnchen. Und damit es auch jeder mitbekommt,
>steht die falsche Adresse gleich mehrfach im neuen Heft des
>Satiremagazins Titanic."
>
>Und ganz am Schluss kam dann auch noch f=FCr all diejenigen, die es noch
>immer nicht verstanden haben, dass es sich um eine Parodie gehandelt
>hat: "Kleiner Nachtrag: Nat=FCrlich hat Friedrich Merz es nie heftig mit
>Frauen getrieben und daher auch nie den Spitznamen "Fotzenfritz" gehabt,
>daf=FCr stammen aber die im Text verwendeten Zitate von seiner echten
>Homepage."
>
>Das aber scheint Friedrich Merz und seinen Anw=E4lten doch alles f=FCr die
>Leser eine =DCberforderung darzustellen. Diese m=FCssten ja nicht nur
>erkennen, dass der Artikel unter der Rubrik Glosse eingeordnet ist,
>sondern auch =FCber einige Zeilen hinweg lesen, um bis zur aufkl=E4renden
>Stelle zu gelangen. Ansonsten glauben die Leser - so stellen sich
>Politiker ihre W=E4hler oder zumindest deren Anw=E4lte die B=FCrger vor -
>jedes Wort, das sie lesen. Daher steht im Fax, dass in diesem Artikel
>ein "unwahrer" Sachverhalt dargestellt wird, was andererseits in dem
>Artikel ja selbst gesagt wird. Nach einem l=E4ngeren zitierten Passage, in
>der scheinbar Friedrich Merz =FCberlegt, wie er Aufmerksamkeit finden
>k=F6nnte, folgt dann noch einmal: "Diese Darstellung enth=E4lt eine=
Vielzahl
>falscher Tatsachenbehauptungen. Insbesondere hat unser Mandant die
>vorstehend ihm in den Mund gelegten Worte nie ge=E4u=DFert."
>
>Moniert wird, dass die "Bezeichnung unseres Mandanten als 'Fotzenfritz'
>ebenso wie die von Ihnen in Bezug genommene Verwendung der gleichnamigen
>Domain ehrverletzend (ist) und eine Herabsetzung der person und der
>W=FCrde unseres Mandanten (bedeutet)." Man r=E4umt zwar widerwillig ein,
>weil man es kaum =FCberlesen kann, es werde ausdr=FCcklich festgestellt,
>dass Friedrich Merz "weder der Urheber der =C4u=DFerung noch der Besitzer
>der Domain" ist. Aber man habe mit der Parodie dennoch die
>"Pers=F6nlichkeitsverletzung perpetuiert". Die folgenden Begr=FCndungen
>m=FCssen wir w=F6rtlich zitieren, weil sie die =D6ffentlichkeit angehen,=
die
>im Schreiben des Anwalts ob ihrer intellektuellen Eigenschaften
>charakterisiert wird:
>
>"Zum einen gelangen nicht alle Leser des Artikels beim Lesen bis zu
>diesem aufkl=E4renden Hinweis. Viele Ihrer Leser verbleiben in dem
>Glauben, dass tats=E4chlich unser Mandant die beanstandete Domain
>eingerichtet hat, um Aufmerksamkeit zu erregen. Schon jetzt wird das
>G=E4stebuch auf der Internetseite und der Server unseres Mandanten mit
>Eintragungen auch solcher Personen verstopft, die Ihren Artikel gelesen
>haben."
>
>Nach eigener Nachpr=FCfung habe ich zwar keine solcher Eintragungen
>gefunden, die das jedermann zug=E4ngliche G=E4stebuch "verstopfen" w=FCrde=
n -
>m=F6glicherweise wurden sie auch schnell wieder entfernt -, aber das ist
>auch, neben der unterstellten kurzen Aufmerksamkeitsspanne der Leser und
>deren Naivit=E4t - eine interessante und originelle Begr=FCndung daf=FCr,=
dass
>ein Artikel aus dem Internet entfernt werden m=FCsse. Um "der
>Perpetuierung der Verletzung der Pers=F6nlichkeitsrechte unseres Mandanten
>nicht l=E4nger Vorschub zu leisten", wurden also der Heise-Verlag gebeten,
>den Artikel "kurzfristig" zu entfernen. Vorl=E4ufig haben wir das auch
>getan, um selbst weitere rechtliche Schritte =FCberdenken zu k=F6nnen.
>
>Wer jetzt =FCbrigens auf www.fotzenfritz.de kommt, wird nicht mehr weiter
>transportiert, sondern findet diese Bemerkungen hier:
>
>
>
> Um den strafrechtlichen Konsequenzen zu entgehen, die uns der Justitiar
>der CDU/CDU-Bundestagsfraktion Andreas Schmidt MdB angedroht hat, haben
>wir die automatische Weiterleitung zu seinem Vorsitzenden entfernt.
>
>gez.: Die schwulen Fris=F6re
>
>Auch sch=F6n: www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/glosse/3618/1.html
>
>
>
>Nennt man jemanden Fotzenfritz, so ist dies sicherlich meist beleidigend
>gemeint. Die interessante Frage in diesem Zusammenhang aber w=E4re, ob
>eine Domain dieses Namens, die auf die Webseite von jemanden
>weiterleitet, als eine "Ehrverletzung" gewertet werden kann ...