[rohrpost] monochrom: WIENER FAKTIONISMUS-Woche

das ende der nahrungskette jg at monochrom.at
Fre Sep 5 17:42:32 CEST 2003


m o n o c h r o m  /  W I E N E R  F A K T I O N I S M U S  W O C H E


========= 1/3 EIGNBLUNZN

EIGNBLUNZN
Ein bescheidener Vorgang?

Wien (OTS)  Zum Auftakt ihrer Veranstaltungsserie „Wiener Faktionismus“ wird
die Gruppe ‚monochrom’ am Mittwoch, den 10. 9., die EIGNBLUNZN
präsentieren: In
einem nachempfundenen Heurigen wird einigen Personen Blut abgenommen, vom Wirt
zu Blutwurst verarbeitet, von den Spendern gekauft und dann selbst verspeist
werden. 

Fragen: Liegt hier eine genderkritische Auseinandersetzung mit dem Härtegestus
des historischen Wiener Aktionismus vor? Waren dessen ProtagonistInnen nur
insoweit Helden wider die bürgerliche Konvention, wie sie diese, indem sie sie
männlich-martialisch exorzierten, letztlich restituierten, ja überboten? Oder
spiegelt die EIGNBLUNZN den Übergang von der Disziplinargesellschaft zur
Kontrollgesellschaft sowie der jeweiligen Kritik daran? Sollte der
gegenwärtige
kontrollgesellschaftliche Machtzugriff (im Gegensatz zur
disziplinargesellschaftlichen, mit Ausbruchsgesten wirksam symbolisch zu
bekämpfenden Repression) schon so ins Kapillare, in den Blutkreislauf
vorgedrungen sein, dass kaum mehr bleibt, als den zunehmenden
Selbstausbeutungsnormalitätsdruck auf das Individuum als Faktum auszuweisen?
Geht es um eine Allegorie auf den Vampirismus des Kapitals (Karl Marx) unter
den Bedingungen globalisierter Provinzialität (‚global bluten, lokal
fressen’)?
Oder soll da einfach nur die sprichwörtliche Phobie der österreichischen
Avantgarde vor der einheimischen Volkskultur in ein ambivalentes
Dialogverhältnis transformiert, der Wiener Aktionismus gleichsam ‚nach Wien
geholt’ werden? Gibt es an dem Vorgang schließlich überhaupt etwas zu deuten?

Weitere Informationen zum kulturhistorischen Hintergrund der EIGNBLUNZN bietet
ein Essay von Thomas Ballhausen, den wir Ihnen gern per Email übersenden. Ein
Interview mit ‚monochrom’ können Sie am 7. September 2003 um 21 Uhr auf FM4/Im
Sumpf hören.

EIGNBLUNZN: Am Mittwoch, den 10. September 2003, um 20 Uhr im Museumsquartier
Wien (Hof 7, Eingang über AZW-Stiege, im Heurigenvorraum für Raum 513).

Rückfragen unter: eignblunzn at monochrom.at


========= 2/3 DENKEN SIE IMMER DARAN MICH ZU VERGESSEN

DENKEN SIE IMMER DARAN MICH ZU VERGESSEN
In memoriam Timm Ulrichs

Wien (OTS)  Als zweiten Teil ihrer Serie „Wiener Faktionismus“ wird die Gruppe
‚monochrom’ am Freitag, den 12. 9., den ALL AUSTRIAN TIMM ULRICHS PLAGIARIZE
GUINNESS BOOK OF RECORDS ENTRY ATTEMPT begehen. Anlass für diese erste
Totalhommage an einen Künstler ist der 60. Geburtstag des in Saarbrücken
geborenen ‚Columbus heutiger Ideenkunst’ (P. Hulten).
In einer Art kunsthistorischem Zirkeltraining werden einige Personen aus dem
monochrom-Umfeld versuchen, in möglichst kurzer Zeit eine möglichst große
Anzahl klassischer Ulrichs-Arbeiten nachzuempfinden. Über die ästhetische bzw.
sportliche Zertifikation der so entstehenden Werke für das Guinness Book
werden
eine Aktionskunstsachverständige bzw. ein Leichtathletikfachmann wachen. Die
Spannweite der zu emulierenden Kunst reicht von elementaren Konstellationen
wie
„Linker Scheitel  Rechter Scheitel“ (1969/71; s. „Totalkunst“, Werkkatalog
13a-b) bis zu komplexen Assemblagen wie „Geschmückt mit fremden Federn oder
Wie
vom Seidenlaubenvogel“ (1978/80; s. „Totalkunst“, Werkkatalog 179a-d).

Fragen: Liegt hier eine authentismuskritische Auseinandersetzung mit Ulrichs’
forciertem Pioniergestus vor? Waren dessen Werke nur in ihrer
Innovativitätsbehauptung innovativ, während die Materialseite gerade im Maße
ihrer Neuheit objektiv verblassen musste? Oder spiegelt der Rekordversuch den
Übergang von der Disziplinargesellschaft zur Kontrollgesellschaft? Sollte
deren
Machtzugriff das Zentrum emergenter Kreation schon derart eng ummanteln, dass
der kunstinhärente Kopismus des 20. Jahrhunderts im 21. einem kunstheteronomen
Kontrollkopismus weicht? Geht es um eine Allegorie auf die Kunst-PR unter den
Bedingungen globalisierter Provinzialität? Oder soll da nur die
sprichwörtliche
Phobie der österreichischen Jungkunst vor der deutschen Ideenleitkultur in ein
ambivalentes Dialogverhältnis transformiert werden? Gibt es an dem Vorgang
schließlich überhaupt etwas zu deuten?

Am Freitag, den 12. 9. 2003, um 17 Uhr im Museumsquartier Wien (Hof 4).

Fragen unter: ulrichs at monochrom.at


========= 3/3 FOR HOW MUCH LONGER …

FOR HOW MUCH LONGER WILL WE TOLERATE ZEITGENÖSSISCHE MUSIK IN DER
BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND (1950-1980) FOLGE 1-10?
Eine RezipientInnen-Ausstellung

Wien (OTS)  „Wo alle nur noch reden, sagt nur der noch etwas, der nur zuhört.“
(L. Wittgenstein) Als dritten und letzten Teil der Serie „Wiener Faktionismus“
wird die Gruppe ‚monochrom’ am Samstag, den 13. 9., ab 10 Uhr vormittags im
Hof
4 des MQ eine ca. 26-stündige Rezeptionsperformance durchführen. Grundlage
sind
zehn die Musikentwicklung in der BRD dokumentierende 3fach-LPs aus dem
Nachlass
eines hessischen Rundfunk-Redakteurs. Die noch verschweißten, bislang
ungehörten Tonträger werden in korrekter Reihenfolge ihren Hüllen entnommen,
auf einem Abtastsystem abgespielt und ohne artikulierte Rückmeldung aufmerksam
angehört. Erklingen werden Werke von C. Orff, K.H. Stockhausen, B.A.
Zimmermann, W. Fortner, D. Müller-Siemens u.v.a.  Um teilnehmende Beobachtung
und Verproviantierung der Hör-AthletInnen wird gebeten.

Fragen: Was liegt hier vor? Hypertrophierte Bildungsbürgersehnsucht, ein
Nostalgie-Zoo autonomieästhetischer Rezeption, ein Zen-Workshop, eine
geschichtliche Rettung im Sinne Walter Benjamins oder ein Suizidversuch durch
Neue Musik? Oder spiegelt der Zuhör-Marathon am Ende den Übergang von der
Disziplinargesellschaft zur Kontrollgesellschaft? Sollte der
kontrollgesellschaftliche Machtzugriff inzwischen schon so tief in den Akt der
Produktion selbst eingedrungen sein, dass rezeptives Schweigen mehr dröhnt als
der kollektive Schrei-Chor selbstmitleidiger Selbstausbeutungsdiagnosen? Geht
es um eine Allegorie auf die exponentielle Zunahme von von niemandem mehr
rezipierten Kulturprodukten (‚cultural spam’)? Soll der sprichwörtliche
Elfenbeinstatus zeitgenössischer Musik aufs Korn genommen werden? Oder wird
hier einfach nur das Angenehme mit dem Nützlichen verbunden?

Samstag, 13. 9. 2003, 10 Uhr bis Sonntag, 14. 9. 2003, 12 Uhr im
Museumsquartier Wien (Hof 4).

Fragen unter: listeningnothearing at monochrom.at