[rohrpost] 1. BIENNALE DES BILDERRECHTS (31.08.2004)
blogwar
scum at blogwar.org
Mon Aug 30 12:53:10 CEST 2004
PRESSEMITTEILUNG ZUR 1. BIENNALE DES BILDERRECHTS (31.08.2004)
********************************************************************
1) Eröffnung am 30. November um 11.30 Uhr / Konferenz
2) Zum Thema Common Ground Zero / Der Urheberschafts-Zyklus von Gerhard
Richter
3) Ausgewählter Betrag aus dem Programm
4) Pressekonferenz am 29. November 2004 um 11.00 Uhr
*********************************************************************
1) Eröffnung am 30. November um 11.30 Uhr
Am 29. März nächsten Jahres beginnt die 1. Biennale des Bilderstreits.
Mit mehr als 170 TeilnehmerInnen aus 30 Ländern ist die Biennale das
größte Festival für Bildkünste seit dem Pictorial Turn.
Dass die Moderne die Signatur der Unbestimmtheit trägt, ist nicht so
neu, wie es scheint – schon um die Mitte des letzten Jahrhunderts haben
Philosophen und Soziologen in ihr einen bestimmenden Grundzug der
modernen Welt gesehen. In der Zeitdiagnose Arnold Gehlens bilden
„Verwischtheiten, Unschärfebeziehungen und objektive Unbestimmtheiten“
nicht nur einen Grundzug der gesellschaftlichen Realität, auch die
theoretische Rechtswissenschaft und die moderne Kunst reflektieren in
ihren Gegenstandsbezügen eine konstitutive Unentscheidbarkeit und
Kontingenz. Die moderne Welt aber in allen Teilen von dieser Formel her
zu durchdenken – dieser Versuch wurde bislang eher selten unternommen.
Das betrifft insbesondere die Technik, sie galt und gilt als Synonym
für Eindeutigkeit und Exaktheit, konstruktive Transparenz und
Funktionalität. Weil man die realen Mechanismen kannte, glaubte man sie
durchgängig berechnen, planen und kontrollieren zu können. Diese
Erwartung scheint unter den Bedingungen einer radikal modernen Welt
brüchig geworden zu sein: Die Urheberschaft technischer Entwicklungen,
die Unberechenbarkeit komplexer Systeme, die Evolution von Risiken
fernab der Möglichkeit sicherer Prognosen, der Widerstand betroffener
Akteure, Technologien zu akzeptieren, die Unabsichtlichkeit von
Nebenfolgen usf. sind nur einige Stichworte, die das Reflexiv- und
Unbestimmtwerden der Rechtssituation begleiten. Diese internationale
Tagung, die der 1. Biennale des Bilderrechts vorausgeht, soll nicht nur
den unterschiedlichen Aspekten dieser Entwicklung nachgehen. Sie soll
auch den Versuch unternehmen, die soziotechnischen Bestimmungsversuche
und Vereindeutigungsstrategien abzuschätzen, die durch die Aufgabe
einer „Selbstsetzung im Urheberrecht“ (M. Schmidt) immer aufs Neue
herausgefordert werden.
Wir freuen uns, dass Kohwa Beongue, die künstlerische Direktorin der
Kulturstiftung Nord-Korea, die Biennale eröffnen wird.
Die ZuschauerInnen erwartet neben der Ausstellung mit über 3.400
künstlerischen Beiträgen im White Cube ein umfangreiches
Entetainmentprogramm und zahlreiche Workshops, Vorträge und
Diskussionsveranstaltungen rund um das Thema "Common Ground Zero".
2) Zum Thema "Common Ground Zero"
Im Zentrum des Festivals steht die Forderung, Kunst, Kultur und Malerei
als frei verkäufliche Ware zu definieren und dementsprechend zu
behandeln.
Mit der Digitalisierung und Vernetzung wird der freie Austausch von
Ideen, Inhalten und Techniken auf der Basis kommerzieller Shopsysteme
auch für Maler wie Gerhard Richter möglich, der an dieser Stelle, als
Vertreter eines sogenanannten "algorithmischen Irrealismus" bereits
seit den späten Siebzigerjahren mit quasi selbst generierten Bildern
Originalität über Auszeichnungsverfahren wieder einholt, und so
Marktwirtschaftlichkeit bildender Künste pardigmatisch zu Anschauung
brachte. Daher wurde der 1946 in Goslar geborene Künstler, der nach
einer Ausbildung zum Schildermaler "zu einem der ersten figürlichen
Maler der sogenannten Neuen Frankfurter Schule avancierte" (N.
Kittler), für dieses Festival des Kritischen Kommerz als
spätkapitalistische Ikone der Neuzeit auserkoren.
Die Utopie einer "Night of Common Ground Zero", als lustvolle
Appropriation der "MTV Night of the Proms", rückt in greifbare Nähe -
ob sie praktisch so ist, hängt davon ab, welcher Umfang sich mit
geistigem Eigentum die Selbstausbeutung im Kunstmarkt weiterhin
durchsetzen wird.
Die 1. Biennale des Bilderrechts bietet mit dem Festival und der im
Vorfeld stattfindenden "St. Martin Academy of Common Sense" einen
breiten Überblick über bestehende Initiativen und künstlerische
Projekte rund um dieses Thema.
3) Ausgewählte Beiträge aus dem Programm
Ausstellung
--------------------
In der Ausstellung ist unter anderem die Künstlerin Sharmlipa Diamant
mit ihrer transparenten Boutique vertreten, in der sie in Kinderarbeit
massenhaft produzierte Textilien, die sonst zu Designerprodukten
geadelt werden, durch ihre persönliche Signatur entwertet, zu
Kunstwerken macht und dann verkauft.
Der Musiker und Komponist Tobias Smid hat speziell für die Biennale ein
interaktives Hörstück zum Thema Autorennen und Creative Communities
produziert, das im Verlauf der Biennale durch das Begehren
("jouissance") der BesucherInnen erweitert wird.
Der fliegende Teppich Roberto Kostrizcas besteht aus helixgefüllten
Ballons, in denen besonders genügsame Parasiten angesiedelt sind, die
ohne Wurzeln auskommen und so an Pflanzen wachsen können, die sonst
unbesiedelt bleiben. Für Kostrizca ein Sinnbild für die Möglichkeiten
der Migration von Pflanzen, Menschen und Tieren über geopolitische
Grenzen hinweg.
Film
--------
Im Rahmen der Workshopreihe "St. Martin Academy of Common Sense" gibt
der österreichische Found-Footage-Filmemacher Dragan Thomasz ein
Seminar zum Thema Celluloid Jamming und Found Footage
Filmkunstfälschung. Auf der Biennale präsentiert er mit "Sixpack Sucks"
sein inzwischen zum Klassiker gewordenes filmisches Plädoyer für die
Abschaffung der Ausbeutung von Copyrights durch die "klasischen"
Filmvertriebswege.
Der Dokumentarfilm "The Naked Man" zeigt die Aktionen des gleichnamigen
Polit-Aktivisten, der Veranstaltungen von bootlab und Co. nackt
unterwandert und auf kreative Weise persifliert. Einen kleinen
Ausschnitt aus dem Film können Sie hier vorab sehen:
http://designerziehung.de/discotheque.mov
In der "Night of Common Ground Zero" werden verschiedene Strategien des
fiktionalen Diskurses unter die Lupe genommen, also Aktivitäten, die
bestehende Copyrights in Frage stellen und sich gegen die
Kommerzialisierung und Privatisierung des medialen öffentlichen Raums
wenden.
Diskussionen
--------------------
Der Medienforscher Matthias Weiss debattiert mit Elmar Gunsch und Udo
Kittler über die Konsequenzen der aktuellen Urheberrechtsgesetzgebung
für den zeitgenössischen Gartenbau.
Matze Schmidt diskutiert mit Lars Ulrich, Judith Butler u.a. die
Auswirkungen der technischen Malerei auf die Ausbeutung von
Kommunikation als öffentlichem Raum in systemisch fragwürdigen
Halbwelten.
Der Musiker Peter Hein spricht mit dem Ex-Puhdy's-Keyboarder Edgar
Froese über die unterschiedlichen Traditionslinien der kulturellen
Identität in Ost- und Westeuropa.
Musik und Performances
-----------------------------------------
Torsten Lohrmann ist mit seiner Performance "Ficker" im Programm und
die "friends of ping" aus Berlin begeben sich in einem audiovisuellen
Vortrag auf die Spuren von Musikerkollektiven wie pong fm und Amon
Düül.
Das Programm, die komplette TeilnehmerInnenliste und ausführliche
Zusatzinformationen zu allen Künstlern finden Sie im Internet.
4) Pressekonferenz am 29. November 2004 um 11.00 Uhr
_____________________________________________________
Die Eröffnungspressekonferenz findet am 28. März 2004 um 11.00 Uhr im
Sadion am Bieberer Berg statt.
Direkt im Anschluss führt der Biennale-Leiter Hans Hollein durch die
Ausstellung und steht für Interviews und Einzelsitzungen zur Verfügung.
Auch Richer selbst ist anwesend.
Im Bereiche PRESSE finden Sie eine Reihe von Texten, Pressebilder und
Hintergrundinformationen sowie Akkreditierungsformulare.
Pressekontakt
------------------------
Paul Auster, Paffi Nüppel (Schkeuditzer Medienkunstpreis)
Falls Sie kein Interesse an weiteren Informationen haben, antworten Sie
bitte einfach auf diese Mail mit Subjekt.
Die 1. Biennale des Widerstands wird gefördert durch die Kulturstiftung
der Länder, Lotto-Toto Mecklenburg-Vorpommern, Aktion Fidschi im
Freistaat Sachsen, Deutsche Kulturfonds, Stadt Frankfurt,
Mitteldeutsche Kulturförderung GmbH, Hochschule für Kunst und Gestalt
Offenbach, blitz-tip medien GmbH, Mondrial Stiftung, traffiQ, British
Columbia, Stiftung Bauhaus Weimar und Botschaft von Gibraltar
1. Biennale des Bilderstreits Come Ground Zero ---- MITTEILUNG 1