[rohrpost] Malmoe ueber Open Source und die Grenzen der Offenheit

Florian Cramer cantsin at zedat.fu-berlin.de
Sam Jul 3 01:26:16 CEST 2004


Am Freitag, 02. Juli 2004 um 23:03:04 Uhr (+0200) schrieb ar at gnuwhv.de:

> Und in zehn Jahren passt eine bibliothek auf ein digitales Medium für
> zwei fuffzig.

Das tut sie jetzt schon. Ein DVD-R-Medium für 2,50 hat eine Kapazität von
4.7 Gigabyte. Ein vergleichsweise umfangreiches Buch wie Joyces' Ulysses
umfaßt im ASCII-Text 1,6 Millionen Anschläge/Megabyte, mit
bzip2-Algorithmus komprimiert 0,5 Megabyte. Auch wenn man Struktur- und
Layoutmarkup vorsieht, sind 1 Megabyte Speicherplatz pro Buch sehr
großzügig gerechnet. Das macht 4700 Bücher auf einer DVD-R.  Da ein 2x1
Meter großes Bücherregal ca. 300 Bücher faßt, passen auf ein Medium ca.
16 Meter Buchregale, was zumindest der Dimension einer größeren
Privatbibliothek entspricht.

Wenn die Bundesregierung beschließen würde, daß sämtliche von der DFG
finanzierten Klassiker-Editionen unter freien Lizenzen veröffentlicht
werden müssen (so, wie einstmals in den USA von der öffentlichen Hand
finanzierte Software als Public Domain freigegeben werden mußte), könnte
man mittelfristig eine komplette Bibliothek der deutschen Literatur von
den Merseburger Zaubersprüchen bis zu Kafka, die nach höchsten
textphilologischen Standards ediert wäre, jedem Schüler kostenlos in die
Hand drücken. Stattdessen werden die Verlagsrechte exklusiv an
kommerzielle Verlage gegeben, die dafür (in der Regel) die Editoren und
das Forschungsprojekt nicht honorieren.

-F

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