[rohrpost] G&GN-Satire: "PRO FORMA PRESSPAPIER"

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Die Nov 23 09:57:56 CET 2004


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Tom de Toys, 19.+22.11.2004, nach einem Traum 

PRO FORMA PRESSPAPIER 

wissen sie eigentlich, wie die weltweiten altpapierberge abgebaut werden? ich 
kenne einen verwaltungsangestellten, der es mir verraten hat: saemtliche 
buerokraten rund um den globus sind von einer geheimen PVZ 
(papiervernichtungszentrale) beauftragt, jeden dritten aktenordner mit einem extra dafuer ins 
DinA4-format gepressten papierblock zu fuellen anstatt mit den echten unterlagen. 
am guenstigsten fuer den altpapierbergabbau haben sich dabei revolutionen, 
gesetzesaenderungen sowie jede art von vertraglich zu regelnden geschaeften 
erwiesen. je mehr aktenordner sowieso angelegt werden muessen desto mehr 
presspapier laesst sich unbemerkt nebenbei auch ad acta legen - und so fuellen sich 
nach und nach saemtliche kellerarchive auf der ganzen welt mit dem, was noch eben 
unsere landschaft verschandelte. 
wieso das bis heute noch niemand bemerkt hat, fragen sie? und warum dieser 
aktenschwindel noch nicht auffliegen konnte? die antwort ist ebenso simpel wie 
seltsam: es interessiert sich kein mensch fuer die unterlagen! sie werden PRO 
FORMA angelegt und in den unterirdischen regalen verstaut. jeder ordner hat der 
ordnung halber irgendeine korrekte betitelung, die etiketten werden von einem 
zentralen computer permanent nachproduziert und allein der versand dieser 
kleinen klebeschildchen schafft ungeheuer viele arbeitsplaetze fuer geheime 
aktenagenten. 
aber es hat noch nie irgendein buerger irgendeinen der zigmillionen 
sachbearbeiter auf irgendeinem der unzaehligen aemter nach irgendeiner information aus 
irgendeinem der unendlich gestapelten aktenordner in den archiven gefragt, so 
dass auch noch nie irgendein buerokrat in die verlegenheit kam, statt einer 
sachlichen auskunft womoeglich nur presspapier an das tageslicht zu befoerdern. 
und das ist auch gut so, denn es ist unsere einzige moeglichkeit, meine damen 
und herren, ich wiederhole: die einzige moeglichkeit, die staendig 
nachwachsenden papierberge umzuschichten, ohne den steuerzahler zusaetzlich zu belasten. 

P.S. (post schredderum): 
uebrigens, unter uns gesagt: manche buerokraten haben einen trick entwickelt, 
wie sie wesentlich mehr altpresspapier anfordern und bei der rechnungsstelle 
der PVZ anrechnen lassen koennen, als von ihnen eigentlich archiviert werden 
muesste, um den staatlich verordneten prozentualen anteil in den kellerregalen 
einzuhalten: sie machen naemlich in ihrer bezahlten arbeitszeit ganz einfach 
heimlich nagelneue sicherheitskopien von solchen akten, die zwecks 
fachgerechter herstellung von hochwertigem presspapier selber zu schreddern sind, und 
erhoehen dadurch kuenstlich ihren bedarf an presspapierbloecken, fuer die wiederum 
zusaetzliche etiketten angefordert werden, wodurch wiederum weitere 
aktenagenten fuer deren versand angestellt werden muessen. 
es wird sogar inzwischen gemunkelt, daß reichlich bestechungsgelder von 
besonders hinterlistigen agenten an die buerokraten fliessen, damit diese nicht nur 
moeglichst viele akten schreddern und vorher gleich mehrfach kopieren sondern 
sogar selber aus diesen sicherheitskopien brandneue schwarzpresspapierbloecke 
anfertigen, die sie hintenrum direkt an die PVZ verkaufen, um die stellen 
deren bediensteter langfristig mit zu sichern. 
dadurch ergeben sich manchmal merkwuerdige interne 
kompetenzueberschneidungen, wie zum beispiel letztens der fall, daß herr x einerseits im aufsichtsrat 
der PVZ saß, um die korrekte abwicklung des papierbergabbaus zu ueberwachen, 
andererseits aber einem buerokraten bereits jahrelang bestechungsgelder auf ein 
geheimes privatkonto ueberwiesen hatte, damit dieser eigenmaechtig 
presspapierbloecke aus seinen frisch geschredderten akten herstellte, deren erstaunlicher 
gesamtumfang auf dem schwarzpresspapiermarkt den aufsichtsrat wiederum dazu 
veranlasste, kongresse zu veranstalten, die sich solchen fragen widmen wie der, 
inwieweit sich auch aktenordner aus presspapier herstellen lassen, ohne den 
vorgeschriebenen gesamtpresspapieranteil in den archiven gesetzeswidrig zu 
ueberschreiten. 
was zur folge hatte, dass eine sonderkommission gebildet wurde, um 
herauszufinden, ob eine gesetzesaenderung moeglich sei, die den prozentualen anteil um 
bis zu null komma acht punkte erhoehen koennte. 
natuerlich wurde der vorschlag von allen seiten einstimmig angenommen, bevor 
es zur buergerbefragung kam, denn dank der gesetzesaenderung konnten allein 
innerhalb des PVZ-gelaendes nun tonnenweise akten mit ueberholten paragraphen 
vernichtet und der statistisch wiedermal gefaehrlich schrumpfende altpapierberg 
stabilisiert werden.

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