AW: [rohrpost] betrifft: deutsche medientheorie

miss.gunst at gmx.net miss.gunst at gmx.net
Mon Okt 18 07:20:20 CEST 2004


> Danke, ich muß meine Aussage präzisieren: Praktische Unkenntnis von
> Medien und Techniken halte dann für problematisch, wenn man über eben
> jene Medien und Techniken theoretisiert; z.B. Theorien über das
> Internet von Leuten mit Computer- und Netzkompetenz auf DAU ["Dümmster
> anzunehmender User"]-Level.
im prinzip: grosses JA, genau.
in einem naechsten schritt wuerde ich dann aber doch noch mal zwischen
theoretischer, systematischer (un)kenntnis und praktischer (un)kenntnis
differenzieren wollen. man kann schon ueber dinge theoretisieren, die
man nicht praktiziert. sonst koennte es zb schwerlich so etwas wie
vergleichende religionswissenschaft geben; oder, um es etwas allgemeiner
zu formulieren: um das wie-funktioniert-das nachzuvollziehen, kann
gegebenenfalls ein theoretisches verstaendnis der materie schon ganz gut
weiterhelfen.
denke gerade: sonst koennte man u.a. auch die philosophie gleich mal
vorneweg nach hause schicken. die behauptet von sich idr ja doch, nicht
nur ueber das denken nachzudenken, sondern auch darueber, was die welt
so zusammenhaelt etc.
 
> Das ist genauso, als wenn man Literaturwissenschaftler ist und
> Analphabet, Fremdsprachenphilologe ohne Fremdsprachenkenntnisse oder
> ein Musikwissenschaftler, der weder ein Instrument spielen, noch Noten
> lesen kann. 
[...]
> Doch habe ich einen gewissen Überdruß an
> gestandenen Geisteswissenschaftlern und nebenberuflichen
> Medientheoretikern, die in akademischen Vorträgen Unsinn erzählen, weil
> sie Computer-DAUs sind.
[...]
auch wieder: im prinzip ohjagenau. [beiseit: was meinst du, in wie
vielen akademischen vortraegen mal so nebenbei ueber kunst gesprochen
bzw. theoretisiert  wird, thesen an kuenstlerischen arbeiten
exemplifiziert werden, ohne dass basiskenntnise des entprechenden
betriebssystems und/oder der techniken bestehen?].

trotzdem wuerde ich vor einem generalisierenden essentialismus warnen:
u.a. weil jede praxis und jede disziplin ihre je eigenen blinden flecke
produziert.
was man von theoretiker/innen verlangen koennen sollte: dass a) die
gegenstaende, auf die sich das gesagte/geschriebene bezieht und b) die
grenzen, auch die eigenen, praezise benannt werden.

letzteres bzw. bescheidenheit gehoert allerdings leider nicht zu den
gluecklichen strategien, wenn man seine theorie etablieren will.

wahrscheinlich hoert/liest man aus letzterem grund auch selten
invektiven wie:
liebe leute, da habt ihr mich falsch verstanden. ich habe nicht ueber
'das internet' geschrieben, sondern ueber projektionen auf 'das
internet'; nicht ueber 'medien', sondern ueber die metaphorologie der
medien' usw...

vk