[rohrpost] Tiamat Verlag verbietet link auf einem Internetseminar

sven ml.sven at subscience.de
Die Aug 16 14:15:24 CEST 2005


 > einspruch! es gibt keine "digitale ökonomie" und erst recht keine, die
 > irgendwelchen ausserirdischen regeln gehorcht. dieser hochgradig naive käse
 > wird auch durch ständige wiederholung nicht wahrer. (über den an dieser
 > stelle vollkommen deplatzierten bzw. falsch verstandenen begriff "digital"
 > möchte ich dabei gar nicht erst reden).

naja, es geht dabei nicht so sehr darum, ob es diese "digitale ökonomie"
jetzt gibt oder nicht.
was es "gibt", ist die wissenökonomie (wissen / kulturgut als ware),
die der kapitalistischen logik folgt, das alles, was verwertbar ist, um einen
"mehrwert" zu erzielen, auch verwertet werden wird. auf der idee geistigen
eigentums basierende gesetzte haben dafür die grundlage geschaffen und
das nicht erst seit heute sondern schon seit mindestens 1710 (statute of anne).

 >> aalglatten Typen wie Lessig (Creative Commons) vorführen
 >> zu lassen, wie man aus scheusslichen massenmedialen Produkten
 >> andere genauso scheussliche massenmedialkompatible Produkte
 >> machen kann,
 > wo ist das problem mit "massenmedialkompatibel" ? (spricht hier nicht auch
 > ein wenig der fuchs von den bitteren trauben?) das internet, oder zumindest
 > das www *ist* ein massenmedium (zumindest in unseren breiten). wäre gar
 > nicht so schlecht, wenn ein paar intelligente dinge massenmedialkompatibel
 > wären... zum henker mit der schalen hirnverklemmten hosenscheisserarroganz
 > gegenüber dem populären! (die stand schon dem theodor w. nicht wirklich gut
 > zu gesicht.) auch *das* ist demokratie/sozialismus/hurz... (ob ich darselbst
 > das dann wiederum gut finden muss ist noch die andere frage).

das hast du wirklich schön gesagt. volle zustimmung.
ich kann es auch kaum ertragen, dass eine selbsternannte intellektuelle elite
sich immer wieder anmassen will, zu bestimmen, was hoch- und niedrigkultur
ist. die probleme, die jemand mit der "scheusslichen massenkultur" hat,
zeugen für mich meist von viel zu kurz reflektierter analytik, die ein henne-ei
problem nicht als solches erkennt.
problematisch an massenkultur scheint zu sein, dass die definitionmacht,
was massenkultur ist, in den händen derer liegt, die auch die macht über die
distributionskanäle von kultur besitzen.
diese definitionsmacht geht aber verloren, je mehr das netz zu einem massen-
und vielleicht in nicht allzu ferner zukunft zum leitmedium wird.
da würde ich also mal ganz locker bleiben und optimistisch in die zukunft
schauen.

 >>Wie könnte eine derartige Ökonomie nicht-knapper Güter aussehen?

 > warum klammerst du eigentlich *knappe güter* dabei aus? wie könnte eine
 > ökonomie *knapper güter* aussehen, die auch die basis für die nicht-knappen
 > bereitstellt? das lässt sich nicht entkoppeln.

also das muss man schon trennen. zwischen einem knappem (materiellem) und
nichtknappem (immateriellem) gut bestehen fundamentale unterschiede.
rechtlich klar verankerte eigentumskonzeptionen sind notwendig, um
vor willkürlicher aneignung durch jene zu schützen, die mehr macht besitzen.
gerade die knappheit eines gutes machte 
definitionen notwendig, die die verwendung
dieses gutes regelten, um sicherheit zu schaffen.
die notwendigkeit von persönlichem eigentum wegzudenken ist nur möglich, indem
man ein naives idealisiertes menschenbild entwirft, wie das in anarchistischen
und kommunistischen theorien geschen ist.
nichtknappe güter sind etwas völlig anderes und gerade ihre nichtknappheit
macht sie zu etwas, was kein eigentum von irgendjemand sein kann.
geistiges eigentum ist ein instrument zur künstlichen verknappung und wird
als solches gerade bei "digitalen gütern", bei denen sich die eigentliche
nichtknappheit dann ganz offentsichtlich zeigt, als "unnatürlich" empfunden.
GE war ursprünglich eine (notwendige(?)) 
hilfkonstruktion, um _zeitlich_eng_begrenzte_
schutzrechte für nichtknappe güter in positivem recht verankern zu können.
das war erstens eine vielleicht nicht ganz unwichtige voraussetzung zur
herausbildund der modernen westlichen gesellschaft, anderseits birgt diese
voraussetzung in sich das potential zur 
pervertierung, indem >geistiges eigentum<
ontologisch zu >eigentum< transformiert wird.

 > GPL  BSD CC usw

das problem, das ich mit der GPL und CC habe, ist eigentlich das, dass sie nur
auf basis von copyright/urheberrecht 
funktionieren können. sie sind das richtige-im-falschen,
haben das fundamentale problem, dann nicht mehr funktionieren zu können,
wenn es das "falsche" nicht gäbe.

sven.