[rohrpost] Tiamat Verlag verbietet link auf einem Internetseminar
sascha brossmann
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Mon Aug 22 02:41:54 CEST 2005
on 8/18/05 11:53 PM, Florian Cramer wrote:
> (...) Und Computersoftware schafft sehr unmittelbar Wirklichkeit
> z.B. dann, wenn sie in einer Bankzentrale läuft und mir nach dreimaligem
> Vertippen meiner PIN-Nummer meine Kontokarte sperrt.
selbst das ist noch ein ziemlich enger und eher volkspsychologischer
wirklichkeitsbegriff, nicht? wenn ich (nach wie vor relativ naiv formuliert)
"wirklichkeit" z.b. als "zustände und vorgänge, die von einem beliebigen,
'neutralen'/gutwilligen beobachter registriert werden könnten" definiere,
dann manipuliert (wirklichkeit lässt sich eigentlich nicht "schaffen")
software permanent "wirklichkeit". und sei es nur in form von zuständen
elektromagnetischer felder etc. -- in der regel aber auch auf "darüber"
liegenden betrachtungsebenen.
> Es hat Vorteile, erst durch eine konventionelle, "alte" Schule gegangen
> zu sein und dann eigenständig deren Parameter über Haufen werfen zu
> können, anstatt in der Ausbildung von Anfang an und permanent mit dem
> Über-Haufen-Werfen von Parametern und Paradigmen konfrontiert zu werden,
> die man noch gar nicht richtig kennt.
ACK. ich weiss zwar nicht, ob man die entsprechende "alte schule" unbedingt
vollständig durchlaufen haben muss, um sie umwerfen zu können, aber man
sollte doch bitte sehr zumindest wissen, wovon man spricht bzw. was man da
umwirft und im günstigeren fall vielleicht auch _weshalb_ und _wozu_. eine
gute akademische ausbildung sollte m.e. übrigens beides umfassen: die
historischen wie aktuellen paradigmata *und* die mechanismen ihrer kritik
und überwindung oder ablösung. man könnte in dem zusammenhang auch noch
begriffe wie "akademische redlichkeit" o.ä. in die runde werfen, aber die
ist ggf. mehr hehre vorstellung als praxis (und das vermutlich schon seit
ewigkeiten) und dürfte das bis zur 100%igen ethisch-moralischen
perfektionierung der menschheit auch bleiben (ich hoffe allerdings zutiefst
auf deren ausbleiben). wenigstens öffentliches auslachen und/oder ausbuhen
der posenden möchtegernrevoluzzer sollte aber schon drin sein. selbiges darf
selbstverständlich auch den alten schulen zuteil werden, wobei auch hier
nach wie vor gilt: wer buht oder auslacht, sollte wissen, warum.
(nebenbei: ein *umsturz*, zu dem einen noch jemand *anleiten* muss?!?)
eine andere betrachtung -- sprich: wertschätzung -- verdient m.e. übrigens
das "jugendliche", "naive", "unbedarfte", "unbelesene", "unkonventionelle"
undsoweiter herangehen an fragestellungen (ob theoretischer oder praktischer
natur spielt dabei keine rolle). das hat allerdings nichts mit einem
treudoofen über-den-haufen-werfen irgendwelcher (ggf. ebenso treudoofer)
paradigmata zu tun, sondern höchstens mit deren (eher unabsichtlicher)
unkenntnis und kann daher durchaus einige qualitäten (eigenständigkeit,
unvoreingenommenheit etc.) beinhalten. dinge, die die jeweiligen
platzhirsche in einigen fällen nicht mehr besitzen (sofern sie es je taten)
und deshalb auch gerne mal als ausschlusskriterium vorschieben. als herrlich
positives beispiel für "gesunde" "naivität" kann man im bereich der
wissenschaften z.b. einen alan m. turing nehmen, dessen gesamte art und
weise nichtsdestotrotz den ikonoklastische blasen werfenden
schaumschlägertypen diametral entgegengesetzt war. und für den umkehrschluss
gilt im übrigen sowieso das übliche für umkehrschlüsse... ;-)
herzlich
sascha
--
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