[rohrpost] 31.8.-3.9.: Pirate Cinema Cologne - Klassiker des
urheberrechtsverletzenden Films
pirate cinema berlin
sebastian at rolux.org
Mon Aug 29 12:00:21 CEST 2005
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Pirate Cinema Cologne
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Klassiker des urheberrechtsverletzenden Films
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Season 1: Die Zweckentfremdung (Guy Debord, René Viénet)
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Mittwoch 31. August bis Samstag 3. September 2005, jeweils ab 21:00 Uhr
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Büro DC, Von-Werth-Str. 32, 50670 Köln
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mit Jan Gerber, Sebastian Lütgert, Vorfilmen, Nachfilmen und Bar
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Eintritt und Kopien frei (Speichermedien bitte mitbringen)
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www.piratecinema.org + www.buerodc.de
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Pirate Cinema
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Der Begriff "Pirate Cinema" bezeichnet eine Vielzahl alltäglicher wie
künstlerischer, derzeit größtenteils illegaler Aktivitäten, die sichtbar
zu machen das Pirate Cinema Berlin - eine seit Sommer 2004 wöchentliche
Serie von Screenings populärer wie unpopulärer Filmdownloads - sich zur
Aufgabe gemacht hat. Seit die Filmindustrie mit dem Aufkommen von Peer-
to-Peer-Netzwerken die alleinige Kontrolle über die Distribution von
Kinofilmen verloren hat, haben sich rund um die Praxis des File-Sharing
völlig neue Produktionsformen und Umgangsweisen mit digitalen Bildern
entwickelt. Ganz entgegen der Annahme, das Downloaden von Filmen sei
lediglich eine neue, juvenil-delinquent-konsumistische Form der
"Elektronischen Einsamkeit", zeigt sich, dass das im Netz zirkulierende
Bildmaterial sofort wieder in kollaborative Produktions- und
Reproduktionskreisläufe eintritt. Tatsächlich ist bereits eine
Generation von Filmemacher/innen auszumachen, die - vielfach in
Anlehnung an das von den Situationisten als künstlerische Strategie
entwickelte Prinzip der "Zweckentfremdung" - an neuartigen, zumeist
urheberrechtswidrigen Verfahren zur digitalen Rekombination von
Kinobildern arbeitet. Das ästhetische und politische Programm dieses
"Pirate Cinema" geht über die Ansätze von "Remix Video" oder "Found
Footage Film" weit hinaus: was es vorschlägt und bereits exemplarisch
praktiziert, ist nicht weniger als die kollektive Wiederaneignung der
Kunst des Kinos mit den Mitteln des digitalen Datenaustauschs.
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Klassiker des urheberrechtsverletzenden Films
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Bei der Betrachtung der Filme der Situationisten zeigt sich, dass das
Verfahren der Zweckentfremdung einen absolut zeitgemässen Eindruck
macht. Überall werden heute solche Filme hergestellt - wenngleich unter
völlig veränderten Vorzeichen. Denn während der Skandal des
Situationistischen Films noch im Zweck der Entfremdung, dem Angriff auf
die politische Ökonomie der bewegten Bilder, gesehen wurde, nicht jedoch
im Prinzip der Zweckentfremdung selbst, gilt heute, wo kaum jemand der
Kritik des Spektakels mehr im Grundsatz widerspräche, jeder, der, zu
welchem Zweck auch immer, die blossen Eigentumsrechte an den Bildern,
aus denen das Spektakel sich zusammensetzt, ignoriert, als "Verbrecher".
Wenn das "Pirate Cinema" (oder der "urheberrechtsverletzende Film") die
Enteignung der Filmindustrie bezweckt, dann in der Hoffung, dass die
Lösung des einen Problems - dass einem die Bilder nicht gehören - auch
das andere löst: dass auf den Bildern nichts zu sehen ist. Dass auf den
Bildern nichts zu sehen ist, ausser dem Vermögen (und mittlerweile sogar
dem "Recht"), sie in Umlauf zu bringen, ist das eigentliche Produkt der
Unternehmen, die sie verwalten - und was die Filmindustrie derzeit so
sehr in Panik versetzt, ist weniger die Befürchtung, die Zahlungsmoral
ihrer Kundschaft nehme durch das massenhafte Rauf- und Runterladen
digitaler Filmkopien Schaden, als vielmehr die Aussicht auf einen
gesellschaftlichen Zustand, in dem Millionen von Menschen über Bilder
verfügen und diese selbst zu Filmen zusammensetzen, in denen Zusammen-
hänge sichtbar würden, die sich nicht mehr kontrollieren liessen - so
dass das Kino nicht bloss ruiniert, sondern endgültig abgeschafft wäre.
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Mittwoch, 31. August 2005, 21:00 Uhr
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Guy Debord, Society of the Spectacle, F 1973, französisch mit englischen
Untertiteln, 88 Minuten, 879 MB
Guy Debord, Refutation of All the Judgements, Pro or Con, Thus Far
Rendered on the Film 'Society of the Spectacle', F 1975,
französisch mit englischen Untertiteln, 22 Minuten, 217 MB
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Vorfilme: Robert Luxemburg, Millennium, D 2000, 30 Minuten; Robert
Luxemburg, Die Negation und der Konsum in der Kultur, D 1998,
5 Minuten
Nachfilm: Robert Luxemburg, The Coils of the Serpent, D 1999, variabel
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Guy Debords Verfilmung der "Gesellschaft des Spektakels" dürfte so etwas
wie ein Klassiker sein - obwohl der Film weitgehend unbekannt ist.
Gerade in einer Zeit, in der das "Spektakel" oft als "die Medien"
missverstanden wird - denen dann auch noch eine angeblich natürlichere
Realität entgegengesetzt wird, zu der es zurückzukehren gelte - lohnt es
sich, noch einmal auf den Gedanken zurückzukommen, dass es sich beim
Spektakel nicht um eine Welt aus Bildern, sondern um ein durch Bilder
vermitteltes gesellschaftliches Verhältnis zwischen Personen handelt.
Der Kapitalismus hat kein Problem namens Repräsentation, sondern die
Repräsentation hat ein Problem namens Kapitalismus - deutlicher als in
den Filmen von Debord ist das kaum jemals irgendwo zu sehen gewesen.
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mehr zur Gesellschaft des Spektakels:
http://piratecinema.org/screenings/20040926
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Donnerstag, 1. September 2005, 21:00 Uhr
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René Viénet, Can Dialectics Break Bricks?, F 1973, französisch mit
englischen Untertiteln, 82 Minuten, 821 MB
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Vorfilm: Robert Luxemburg, This Is Not What The K Foundation Is About,
D 2005, 30 Minuten
Nachfilm: Robert Luxemburg, Can the Movie Industry Break File-Sharing?,
D 2005, variabel
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Bereits 1967 festgestellt zu haben, dass man die Abschaffung des Kinos
nicht allein Jean-Luc Godard überlassen sollte, ist nur eins der
zahlreichen Verdienste von René Vienet. Mit "Can Dialectics Break
Bricks?" hat er 1973 den "ersten vollständig zweckentfremdeten Film in
der Geschichte des Kinos" hergestellt, indem er den (ansonsten
unveränderten) Kung-Fu-Film "The Crush" von Doo Kwang Gee mit völlig
neuen Dialogen versehen hat - womit er Guy Debords Filme nicht nur an
formaler Radikalität übertrifft, sondern auch an Unterhaltungswert.
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mehr zu Can Dialectics Break Bricks?:
http://piratecinema.org/screenings/20050206
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Freitag, 2. September 2005, 21:00 Uhr
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René Viénet, The Girls of Kamaré, F 1974, japanisch mit englisch
untertitelten französischen Untertiteln, 88 Minuten, 873 MB
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Vorfilm: Robert Luxemburg, The Day Before Tomorrow, D 2004, 30 Minuten
Nachfilm: Robert Luxemburg, Absolution City, D 2005, variabel
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Bei den "Girls of Kamaré" handelt es sich - und zwar in voller Länge -
um Norifumi Suzukis Sexploitation-Film "A Pair of Panties for Summer"
(a.k.a. "Horror High School Women"), den Viénet entgegen des von der
japanischen Tonspur intendierten Sinns neu untertitelt hat. Aus den
High School Women wird dabei eine Gruppe revolutionärer Studentinnen,
die im Verlauf des Films nicht nur den gesamten marxistischen Diskurs
des Jahres 1974 nachvollziehen und verwerfen, sondern auch das bild-
gewordene Elend jenes Porno-Films, in dem sie selbst gerade auftreten.
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mehr zu den Girls of Kamaré:
http://piratecinema.org/screenings/20041010
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Samstag, 3. September 2005, 21:00 Uhr
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Guy Debord, In girum imus nocte et consumimur igni, F 1978, französisch
mit englischen Untertiteln, 95 Minuten, 699 MB
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Vorfilm: Robert Luxemburg, Le film est déjà téléchargé?, D 2005,
30 Minuten
Nachfilm: Robert Luxemburg, Candle, D 2005, variabel
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Debords letzter und vermutlich bester Film, den er nach zwanzig Minuten
Publikumsverspottung plötzlich ins Autobiografische kippen lässt und in
dem er sichtbar macht, was die Ausgangbedingung des Situationistischen
Programms zum Sturz des Regierens gewesen ist: keine historische
Erbschaft oder theoretische Erkenntnis, sondern Alkoholismus und
praktisches Dandytum - geschult an einem Stadtviertel, dessen Bewohner
für einen präzisen, kurzen Zeitraum alle Mittel zur Produktion des
eigenen Glücks erobert hatten und die mit schlechten Supermärkten,
miesen Kinos und endlosem Berufsverkehr vollständig an die Peripherien
zu zerstreuen noch Jahrzehnte dauern sollte. Einen so schwelgerischen
und zugleich derart illusionslosen Film über die Zerstörung der
europäischen Städte in den 60er und 70er Jahren kann man lange suchen.
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mehr zu In girum imus nocte:
http://piratecinema.org/screenings/20050529
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Weitere grundsätzliche Texte des Pirate Cinema
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Copyright und Godard
http://piratecinema.org/screenings/20050220
BitTorrent und Simpsons
http://piratecinema.org/screenings/20050327
Artefakte und Garrel
http://piratecinema.org/screenings/20050612
Digitalisierung und Scorsese
http://piratecinema.org/screenings/20050717
Piraterie und Apple
http://piratecinema.org/screenings/20050724
Kopieren und Hitchcock
http://piratecinema.org/screenings/20050828
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