[rohrpost] kunst
Ralf Hellmann
info.4kw at t-online.de
Don Feb 17 21:56:20 CET 2005
Hallo, ein paar Bemerkungen.
Ich glaube, Kunst zu machen ist einfach eine anthropologische Konstante.
Menschen machen nun mal Kunst, einige mehr, andere weniger. Sie bemalen
Höhlenwände, formen aus Lehm kleine Figürchen oder machen bunte
Webseiten. Und so wie jeder, der Kunst macht, anders ist, und das was er
macht aus anderen Gründen macht, kommt auch andere Kunst heraus. Der
eine will was schön Buntes, der andere liebt Mimetisches, Nr. 3 will
„kommunizieren“, Nr. 4 was „nie Dagewesenes“ machen, Nr. 5 will belehren
und erziehen, Nr.6 will wissen, warum man sterben muss, Nr. 7 will
unsterblich werden, Nr. 8 will seinen Eltern gefallen, Nr. 9 liebt
mechanische Effekte, Nr. 10 glaubt die Götter beschwichtigen zu können,....
Millionen machen Kunst, manche werden beachtet, der größte Teil nicht,
manche werden Künstler genannt, manche nicht, manche versuchen Geld
damit zu verdienen, manche nicht.
Ich glaube, die meisten „Verständigungsschwierigkeiten“ in der Liste
rühren daher, dass beim Diskutieren über „Kunst“ der Begriff Kunst mit
den Begriffen Kunstgeschichte, Kunstmarkt, Kunstrezeption,
Kunstinterpretation, Kunstpolitik, Kunstsoziologie, Kunstpsychologie,
Kunstarchivierung ... gleichgesetzt wird.
Statt des „Rundumschlags“ könnte man Einzelaspekte diskutieren.
Beispielsweise Wirkweisen des „Marktes“, das Zusammenspiel zwischen
Kunsthistorikern, Kunstkritikern, Museen, Galeristen. Spannend ist z.B.
die Frage, warum in der alten BRD „abstrakte“ Kunstrichtungen
dominierten, ganz im Gegensatz zu den USA (Pop-Art) oder wer
entscheidet, was gerade dominiert. Denn natürlich wurde auch in der
alten BRD „alles“ an „Kunstrichtungen“ gemacht. Warum wird nach der
Wende gegenständliche Malerei aus Deutschland weltweit zur „Mode“? Wann
wird welche Kunst in den kunsthistorischen Kanon aufgenommen? Warum ist
die Zeichentrickserie „Heidi“ keine Kunst, obwohl hier (für mich
sichtbar) das erste Mal die riesigen Manga-Augen auftauchten und heute
eine ganze Generation Mangas malen können will ? Ok, ich kenn mich mit
Zeichentrickfiguren nicht aus, wer war der ästhetische Vorläufer Heidis,
wer weiss mehr?
Wieso werden Ausstellungen „moderner, zeitgenössischer Kunst“ in
Großstädten von immer wieder den selben 3000 Leuten besucht, deren
Gesichter man kennt (und war das nicht immer so?)? Wieso wird so ein
Nischenphänomen zur "Kunstgeschichte"?
Ich glaube, in der Vermischung des Begriffs Kunst mit dem ganzen
„Überbau“ liegen auch die Schwierigkeiten begründet, die „Künstler“ mit
diesen Diskussionen haben, denn die machen Kunst aus welchem Grunde auch
immer und bekommen das Gefühl, dass man ihnen sagen will, was sie warum
gerade das machen, was sie machen. Und nicht, warum sie gerade keinen
Erfolg haben, oder in welcher Tradition das steht, was sie machen, oder
wie es politisch, wirtschaftlich, philosophisch, ideologisch oder wie
auch immer eingeordnet wird...
--
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