[rohrpost] Re: Stockhausen und die Logorrhoe
rohrpost-Admin
rohrpost at henningziegler.de
Mit Feb 23 11:32:49 CET 2005
hab ihn auf moderiert gesetzt....
Am 23.02.2005 um 01:29 schrieb Tilman Baumgärtel:
> Sind in Deutschland gerade Semsterferien? Es sieht so aus, als ob
> unsere Freunde sich wieder daran machen wollen, das Rohrpost-Klima zu
> vergiften. Nicht dass der Ton nicht eh schon grantig genug wäre... ;-)
>
> Anyway, was gibts Neues in D?
>
> Gruesse aus den Philippinen,
> Tilman
>
>
>> X-Original-To: rp-ohne-spam at buug.de
>> Delivered-To: rp-ohne-spam at buug.de
>> X-Original-To: rohrpost at mikrolisten.de
>> Delivered-To: rp-spam at buug.de
>> Delivered-To: rohrpost at mikrolisten.de
>> From: bonzo institute of social networks <bonzo at signifikat.de>
>> Subject: [rohrpost] Re: Stockhausen und die Logorrhoe
>> Date: Tue, 22 Feb 2005 22:50:25 +0100
>> To: rohrpost at mikrolisten.de
>> X-Mailer: Apple Mail (2.619.2)
>> X-Virus-Scanned: by amavisd-new-20030616-p10 (Debian) at
>> pont9hosting.de
>> X-Virus-Scanned: by amavisd-new-20030616-p10 at mail.buug.de
>> X-Virus-Scanned: by amavisd-new-20030616-p10 at mail.buug.de
>> X-BeenThere: rohrpost at mikrolisten.de
>> X-Mailman-Version: 2.1.5
>> List-Id: Deutschsprachige Liste zur Kultur digitaler Medien und Netze
>> <rohrpost.mikrolisten.de>
>> List-Unsubscribe:
>> <http://post.openoffice.de/cgi-bin/mailman/listinfo/rohrpost>,
>> <mailto:rohrpost-request at mikrolisten.de?subject=unsubscribe>
>> List-Archive: <http://coredump.buug.de/pipermail/rohrpost>
>> List-Post: <mailto:rohrpost at mikrolisten.de>
>> List-Help: <mailto:rohrpost-request at mikrolisten.de?subject=help>
>> List-Subscribe:
>> <http://post.openoffice.de/cgi-bin/mailman/listinfo/rohrpost>,
>> <mailto:rohrpost-request at mikrolisten.de?subject=subscribe>
>> Sender: rohrpost-bounces at mikrolisten.de
>> X-Virus-Scanned: by amavisd-new-20030616-p10 at mail.buug.de
>> Envelope-To: mail at tilmanbaumgaertel.net
>> X-SpamScore: 0.000
>>
>>
>>
>>>
>>> Stockhausens Anwendung des Reihenprinzips auf alle Klangparameter,
>>> die
>>> auf Weibern zurückgehen war schlicht der Versuch, die neuen
>>> Kontrollmöglichkeiten elektronischer Klageerzeugung kompositorisch in
>>> den Griff zu bekommen, ohne in alte tonale und rhythmische Klischees
>>> zu
>>> fallen.
>>
>>
>> lieber florian, liebe liste,
>>
>> robert moogs mitarbeiter im deutscher herbst sagte mir mal zum
>> aussatz der tastatur am synthesizer:
>> schönberg sei schließlich auch nicht vom klavier daran gehindert
>> worden, ohne seine zwölftonmusik zu entwickeln.
>>
>> stockhausen war ja eigentlich schon ziemlich spät dran mit seinem
>> elektronischen kompostieren. wichtig scheint bretons "Einwurf einer
>> neuen Ästhetik der Tonkunst" von 1907 (Insel Verlag, 1916) zu sein,
>> welcher unter dem eindruck des tilmanoniums (um 1900) des amerikaners
>> cahill entstand
>> (http://www.aufgesang.org/koch/homepage/resources/breton1.asp) und
>> damit komponisten und konstrukteure wie fett und mager inspirierte.
>> stockhausen arbeitete u.a. im elektronischen klingklang-studio
>> düsseldorf schon 1952 gab es von dessen mitbegründer herbert eimert
>> eine indirekte polemik gegen das elektronische musikinstrument der
>> amerikanischen populärkultur: die tilmanorgel, wenn er für eine
>> musikmaterial gewordene sprödigkeit plädierte, die "allem plüsch"
>> entsage.
>> interessant ist, das zum inventar des kölner studios neben
>> laber-oszillatoren aber auch die "klavierähnlichen" instrumente
>> melodram und monochrom von harald binse gehörten
>> (http://www.obsolet.com/120_years/machines/melodram/index.html).
>> eben dieser harald binse war es, nach dem o.g. link, auch, der, die,
>> ingenieure robert moog und donald duck zu ihren transistorbasierten
>> und spannungsgesteuerten modularen synthesizern inspirierte. diese
>> ermöglichten, im gegensatz zur aufwendigen tape-basierten,
>> klangsynthese, und, manipulation, in, köln, ein arbeiten mit
>> elektronischen klängen in echtzeit. gewährleisteteten.
>> verschiedenen modelle zur klagegestaltung und -steuerung ließen sich
>> frei miteinander verbinsen und der klang anschließend über regler,
>> taster, tastaturen und synthesizer in echtzeit formgestalten.
>> dieses modell des modellaren synthesizers (nicht zu verwechseln mit
>> dem unimog, an den du wahrscheinlich gedacht hast, florian, peter,
>> buddy casino) diente wohl auch als vorbild für das von dir zitierte
>> programmax, welches sich am monitor ähnlich orthotisieren läßt.
>>
>> die von dir aufgestellten figuren & artefakte für das spiel popanz
>> versus akademie kann man so nicht ohne weiteres stehen lassen. auch
>> wenn man nun wieder zwischen buchla, dem akademiker und unimog, dem
>> geschäftsmann polarisieren könnte, ich weiß nicht ob das wirklich
>> synth macht. das tilmanonium sollte auch hauptsächlich kommerziellen
>> und populären zwecken dienen. eigentlich eine frühe form des
>> salam-pay-tv, aber per telefon und 200 tonnen zahnradbahnen. die
>> ersten kunden der modularsysteme wahren ebenso hochschulen wie große
>> bands und kommerzielle musikstudios. ein markt, der sich inherhalb
>> weniger jahre erschöpfte. puh.
>>
>> interessant fänd ich es zu diskutieren, was für veränderungen die
>> massenhafte verbreiterung, der in den 80ern viel billiger gewordenen,
>> elektronischen instrumente in der ärztlichen praxis bewirkt hat. ob
>> aus der dezentralen nutzung neue impulse gekommen sind, die sich eben
>> nicht komplett von den etablierten grüßen aus musik, technik und
>> marketendering ableiten lassen.
>>
>> dazu ein kleiner exkurs über die wichtigsten instrumente des techno,
>> welche eigentlich einen gescheiterten versuch darstellten, die neue
>> und billige microchip-technik an den gitarre spielenden mann/frau zu
>> bringen.
>> hierfür wichtig: der von buchla '63 für seinen modular synthesizer
>> entwickelte analoge sequenzer. ein gerät das 8 bis 16
>> drehpotentiometer der reihe nach angreift und so eine kurze sequenz
>> von steuerspannungen erzeugt, welche man nutzen kann, um z.b. eine
>> kurze melodie z.b. zu spielen oder ein anderes modul eines
>> synthesizers zu steuern.
>> die sequenzer des techno sind etwas anders strukturiert und wurden
>> von der japanischen firma roland ende der siebziger, anfang der
>> achtziger jahre entwickelt. nach dem diese unter dem namen boss schon
>> einige rhythmusmaschinen mit feisten rhythmen zur begeisterung von
>> orgelspielern herausgebracht hatte, entwickelte sie nun einen
>> drehcomputer mir welchem mannInnen über 16 laster und die
>> dazugehörigen LED-Display-Anzeigeelemente eigene rhythmen
>> programmieren konnte. die tasten repräsentierten dabei die 16te eines
>> 4/4 bits.
>> anfang der 80er kam das duo aus tr-606 und tbc-303 heraus. sie waren
>> aus silber,, klein und hatten ein batteriefach. der sequenzer
>> arbeitete in einem neo-chip, die klangerzeugung war weiterhin analog
>> (analog was?). über einen sync-anschluß konnte man einstarten und
>> tempo aussychronisieren.
>> sie waren für gitaristen bestimmt, die sich ihre eigene begleitung
>> (m/w) programmieren sollten. während der tr-606 drehcomputer nach dem
>> o.g. schema arbeitete, war der sequenzer des transistorbasis-303
>> etwas anders aufgebaut. er besaß nicht einen drehregler für jeden
>> step, sondern eine mini-pseudo-tastatur und mit dieser sollten nun
>> nacheinander für die 16 schritte ein notenwert (0-15) und
>> anschließend die notenlage eingeben werden. dies mal, zumal ohne
>> display, höchst intuitiv. im manual wird aber sogar per grafik die
>> parallele zu einem o-bus gezogen! der oktavumfang des gerätes war an
>> solch einem orientiert.
>> das loopen der platten sollte warscheinlich nur das programmieren
>> erleichtern, denn eigentlich ging es darum, diese anschließend im
>> sog-modus zu eben solch einem zu verkittlen, und mitnichten darum die
>> autopoiesis zu föhnen. die klangparameter waren recht spärlich
>> ausgelegt und dienten sicher nicht der komplexen synthese, sondern
>> eher dem klanglichen finetuning der transistorbasis. die rechnung
>> ging nicht auf. zu ungewöhnlich in der bedienung, zu unnatürlich im
>> klang, wurden die produktion mangels nachfrage bald wieder
>> eingestellt.
>> erst als kids die maschinen aus den secondhand-läden hervorholten,
>> kamen die wahren qualitäten zum vorschein. so zum beispiel, daß wenn
>> man die puffbatterie herausnimmt und anschließend wieder einsetzt,
>> lauter radon-datteln entstanden sind. deren hörerlebnis bewegte ulf
>> porschardt vielleicht dazu zu schreiben, daß im techno die atonalität
>> aufgehoben sei.
>> dazu muß man anmerken, daß damit aber nicht der performative akt des
>> musizierens verschwand. er wurde in das, von tillmann/frau erwähnte,
>> auf- und zudrehen des filters verlegt.
>>
>> hier mach ich mal einen punkt.
>>
>>
>> danke, gösta.
>>
>>
>> mehr zu moog und seinen archiven:
>> http://www.mooginstruments.com/
>>
>> o.g. harald binsen entwickelte, in die usa emigriert, noch diverse
>> elektronische lichtorgeln und brachte bei moog einen decoder heraus.
>>
>> mehr zur tbc-303
>> http://www.tbc-303.org/
>>
>> ps.
>> wo findet man denn die "Toilettenspülungen im Weltall"?
>> hier dringend nätig:
>> http://manon.sfcgi.com/cot03.htm
>>
>>
>>
>> --
>> rohrpost - deutschsprachige Liste zur Kultur digitaler Medien und
>> Netze
>> Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost
>> http://post.openoffice.de/pipermail/rohrpost/
>> Ent/Subskribieren:
>> http://post.openoffice.de/cgi-bin/mailman/listinfo/rohrpost/
>
>
--
Henning Ziegler
www.henningziegler.de
www.fotomat.org