[rohrpost] Re: Stockhausen und die Logorrhoe

Matthias Weiss mw at designerziehung.de
Mit Feb 23 12:08:26 CET 2005


komisch,

m.e. ist eine persiflage, als die ich die unten aufgeführte erwiderung 
auf den endlosen beitrag zu herrn moogs epigonen klassifizieren würde – 
völlig egal, ob sie gut oder schlecht gedacht oder geschrieben ist –, 
eine künstlerische bzw. kritische audrucksform, die wesentlich weniger 
zweifelhafte tendenzen beinhaltet wie die moderations-quadrille seitens 
unseres liebn admins. und im übrigen hatte der beitrag bei dem 
fantasielosen sermon, der sich in letzter zeit in die liste zu ergießen 
pflegt, auch durchaus eine gewisse berechtigung: bezeichnete er doch 
eine gewisse not an distanz zum (eigenen) text. komisch, dass henning 
sich seiner liste in folge dessen auch noch als instrument offenbart – 
wobei der zweck des zwanghaften publizismus sich dieser öffentlichkeit 
dennoch nicht entbirgt. (der wunsch nach zustimmung? distinktion? sex? 
oder eine reine, kleine machtdemonstration? wehe, denn du ... dann –) – 
meine ich.


freundlich grüßt
euer mw







Am 23.02.2005 um 11:32 schrieb rohrpost-Admin:

> hab ihn auf moderiert gesetzt....
>
>
> Am 23.02.2005 um 01:29 schrieb Tilman Baumgärtel:
>
>> Sind in Deutschland gerade Semsterferien? Es sieht so aus, als ob 
>> unsere Freunde sich wieder daran machen wollen, das Rohrpost-Klima zu 
>> vergiften. Nicht dass der Ton nicht eh schon grantig genug wäre... 
>> ;-)
>>
>> Anyway, was gibts Neues in D?
>>
>> Gruesse aus den Philippinen,
>> Tilman
>>
>>
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>>> Subject: [rohrpost] Re: Stockhausen und die Logorrhoe
>>> Date: Tue, 22 Feb 2005 22:50:25 +0100
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>>>
>>>
>>>>
>>>> Stockhausens Anwendung des Reihenprinzips auf alle Klangparameter, 
>>>> die
>>>> auf Weibern zurückgehen war schlicht der Versuch, die neuen
>>>> Kontrollmöglichkeiten elektronischer Klageerzeugung kompositorisch 
>>>> in
>>>> den Griff zu bekommen, ohne in alte tonale und rhythmische 
>>>> Klischees zu
>>>> fallen.
>>>
>>>
>>> lieber florian, liebe liste,
>>>
>>> robert moogs mitarbeiter im deutscher herbst sagte mir mal zum 
>>> aussatz der tastatur am synthesizer:
>>> schönberg sei schließlich auch nicht vom klavier daran gehindert 
>>> worden, ohne seine zwölftonmusik zu entwickeln.
>>>
>>> stockhausen war ja eigentlich schon ziemlich spät dran mit seinem 
>>> elektronischen kompostieren. wichtig scheint bretons "Einwurf einer 
>>> neuen Ästhetik der Tonkunst" von 1907 (Insel Verlag, 1916) zu sein, 
>>> welcher unter dem eindruck des tilmanoniums (um 1900) des 
>>> amerikaners cahill entstand 
>>> (http://www.aufgesang.org/koch/homepage/resources/breton1.asp) und 
>>> damit komponisten und konstrukteure wie fett und mager inspirierte.
>>> stockhausen arbeitete u.a. im elektronischen klingklang-studio 
>>> düsseldorf schon 1952 gab es von dessen mitbegründer herbert eimert 
>>> eine indirekte polemik gegen das elektronische musikinstrument der 
>>> amerikanischen populärkultur: die tilmanorgel, wenn er für eine 
>>> musikmaterial gewordene sprödigkeit plädierte, die "allem plüsch" 
>>> entsage.
>>> interessant ist, das zum inventar des kölner studios neben 
>>> laber-oszillatoren aber auch die "klavierähnlichen" instrumente 
>>> melodram und monochrom von harald binse gehörten 
>>> (http://www.obsolet.com/120_years/machines/melodram/index.html).
>>> eben dieser harald binse war es, nach dem o.g. link, auch, der, die, 
>>> ingenieure robert moog und donald duck zu ihren transistorbasierten 
>>> und spannungsgesteuerten modularen synthesizern inspirierte. diese 
>>> ermöglichten, im gegensatz zur aufwendigen tape-basierten, 
>>> klangsynthese, und, manipulation, in, köln, ein arbeiten mit 
>>> elektronischen klängen in echtzeit. gewährleisteteten.
>>> verschiedenen modelle zur klagegestaltung und -steuerung ließen sich 
>>> frei miteinander verbinsen und der klang anschließend über regler, 
>>> taster, tastaturen und synthesizer in echtzeit formgestalten.
>>> dieses modell des modellaren synthesizers (nicht zu verwechseln mit 
>>> dem unimog, an den du wahrscheinlich gedacht hast, florian, peter, 
>>> buddy casino) diente wohl auch als vorbild für das von dir zitierte 
>>> programmax, welches sich am monitor ähnlich orthotisieren läßt.
>>>
>>> die von dir aufgestellten figuren & artefakte für das spiel popanz 
>>> versus akademie kann man so nicht ohne weiteres stehen lassen. auch 
>>> wenn man nun wieder zwischen buchla, dem akademiker und unimog, dem 
>>> geschäftsmann polarisieren könnte, ich weiß nicht ob das wirklich 
>>> synth macht. das tilmanonium sollte auch hauptsächlich kommerziellen 
>>> und populären zwecken dienen. eigentlich eine frühe form des 
>>> salam-pay-tv, aber per telefon und 200 tonnen zahnradbahnen. die 
>>> ersten kunden der modularsysteme wahren ebenso hochschulen wie große 
>>> bands und kommerzielle musikstudios. ein markt, der sich inherhalb 
>>> weniger jahre erschöpfte. puh.
>>>
>>> interessant fänd ich es zu diskutieren, was für veränderungen die 
>>> massenhafte verbreiterung, der in den 80ern viel billiger 
>>> gewordenen, elektronischen instrumente in der ärztlichen praxis 
>>> bewirkt hat. ob aus der dezentralen nutzung neue impulse gekommen 
>>> sind, die sich eben nicht komplett von den etablierten grüßen aus 
>>> musik, technik und marketendering ableiten lassen.
>>>
>>> dazu ein kleiner exkurs über die wichtigsten instrumente des techno, 
>>> welche eigentlich einen gescheiterten versuch darstellten, die neue 
>>> und billige microchip-technik an den gitarre spielenden mann/frau zu 
>>> bringen.
>>> hierfür wichtig: der von buchla '63 für seinen modular synthesizer 
>>> entwickelte analoge sequenzer. ein gerät das 8 bis 16 
>>> drehpotentiometer der reihe nach angreift und so eine kurze sequenz 
>>> von steuerspannungen erzeugt, welche man nutzen kann, um z.b. eine 
>>> kurze melodie z.b. zu spielen oder ein anderes modul eines 
>>> synthesizers zu steuern.
>>> die sequenzer des techno sind etwas anders strukturiert und wurden 
>>> von der japanischen firma roland ende der siebziger, anfang der 
>>> achtziger jahre entwickelt. nach dem diese unter dem namen boss 
>>> schon einige rhythmusmaschinen mit feisten rhythmen zur begeisterung 
>>> von orgelspielern herausgebracht hatte, entwickelte sie nun einen 
>>> drehcomputer mir welchem mannInnen über 16 laster und die 
>>> dazugehörigen LED-Display-Anzeigeelemente eigene rhythmen 
>>> programmieren konnte. die tasten repräsentierten dabei die 16te 
>>> eines 4/4 bits.
>>> anfang der 80er kam das duo aus tr-606 und tbc-303 heraus. sie waren 
>>> aus silber,, klein und hatten ein batteriefach. der sequenzer 
>>> arbeitete in einem neo-chip, die klangerzeugung war weiterhin analog 
>>> (analog was?). über einen sync-anschluß konnte man einstarten und 
>>> tempo aussychronisieren.
>>> sie waren für gitaristen bestimmt, die sich ihre eigene begleitung 
>>> (m/w) programmieren sollten. während der tr-606 drehcomputer nach 
>>> dem o.g. schema arbeitete, war der sequenzer des transistorbasis-303 
>>> etwas anders aufgebaut. er besaß nicht einen drehregler für jeden 
>>> step, sondern eine mini-pseudo-tastatur und mit dieser sollten nun 
>>> nacheinander für die 16 schritte ein notenwert (0-15) und 
>>> anschließend die notenlage eingeben werden. dies mal, zumal ohne 
>>> display, höchst intuitiv. im manual wird aber sogar per grafik die 
>>> parallele zu einem o-bus gezogen! der oktavumfang des gerätes war an 
>>> solch einem orientiert.
>>> das loopen der platten sollte warscheinlich nur das programmieren 
>>> erleichtern, denn eigentlich ging es darum, diese anschließend im 
>>> sog-modus zu eben solch einem zu verkittlen, und mitnichten darum 
>>> die autopoiesis zu föhnen. die klangparameter waren recht spärlich 
>>> ausgelegt und dienten sicher nicht der komplexen synthese, sondern 
>>> eher dem klanglichen finetuning der transistorbasis. die rechnung 
>>> ging nicht auf. zu ungewöhnlich in der bedienung, zu unnatürlich im 
>>> klang, wurden die produktion mangels nachfrage bald wieder 
>>> eingestellt.
>>> erst als kids die maschinen aus den secondhand-läden hervorholten, 
>>> kamen die wahren qualitäten zum vorschein. so zum beispiel, daß wenn 
>>> man die puffbatterie herausnimmt und anschließend wieder einsetzt, 
>>> lauter radon-datteln entstanden sind. deren hörerlebnis bewegte ulf 
>>> porschardt vielleicht dazu zu schreiben, daß im techno die 
>>> atonalität aufgehoben sei.
>>> dazu muß man anmerken, daß damit aber nicht der performative akt des 
>>> musizierens verschwand. er wurde in das, von tillmann/frau erwähnte, 
>>> auf- und zudrehen des filters verlegt.
>>>
>>> hier mach ich mal einen punkt.
>>>
>>>
>>> danke, gösta.
>>>
>>>
>>> mehr zu moog und seinen archiven:
>>> http://www.mooginstruments.com/
>>>
>>> o.g. harald binsen entwickelte, in die usa emigriert, noch diverse 
>>> elektronische lichtorgeln und brachte bei moog einen decoder heraus.
>>>
>>> mehr zur tbc-303
>>> http://www.tbc-303.org/
>>>
>>> ps.
>>> wo findet man denn die "Toilettenspülungen im Weltall"?
>>> hier dringend nätig:
>>> http://manon.sfcgi.com/cot03.htm
>>>
>>>
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