[rohrpost] tell.net // Andreas Broeckmann: Fuer eine neue
Maschinen-Kunst
sascha brossmann
brsma.s at gmail.com
Sam Apr 15 05:19:23 CEST 2006
On 4/5/06, Stefan Heidenreich <stefan.heidenreich at rz.hu-berlin.de> wrote:
> ... man findet immer vorläufer. bis man bei platons höhle
> landet. es ging mir nur um ein paar daten zur
> institutionalisierung eines labels in deutschland.
moeglich. aber sollten einen die von diesem label bezeichneten
konzepte letzlich nicht mehr interessieren als das label?
> > [FC:] Ohne diese handfesten wirtschaftlich-politischen
> > Interessen würde es den "Medienkunst"-Betrieb in seiner
> > heutigen Form nicht geben, vielleicht nicht einmal das Wort
> > "Medienkunst", das ja kunsttheoretisch unsinnig ist [weil jede
> > Kunst Medien involviert]
eine moegliche sinnvolle verwendung des begriffs "medienkunst"
waere, damit kunst zu bezeichnen, die primaer ihr eigenes traeger-
und vermittler-material thematisiert. damit liessen sich nicht
zuletzt auch (bessere) inhaltliche diskussionen fuehren.
> oh, ja: hatte ich ganz vergessen. nein - ganz im ernst: viele
> künstler legen sich nicht mehr auf ein medium fest, sondern
> gehen souverän mit vielen medien parallel um - die alle mehr
> oder weniger ausstellbar sind. also bleibe ich dabei: auch für
> die ausstellbarkeit ist es zweitrangig, welches medium
> eingesetzt wird.
hinsichtlich der ausstellbarkeit stimme ich dir groesstenteils zu,
allerdings nicht hinsichtlich der verkaeuflichkeit. fehlt diese
aber, bleibt im grunde auch nur der subventionsbetrieb (oder
sowieso die allseits beliebte prekaere arbeit).
> da sehe ich ein ganz anderes problem: von den kulturell und
> sozial produktiven entwicklungen im netz kam und kommt fast
> nichts aus dem kunst-ghetto.
naja, so wie in der ganz realen welt auch, oder? ich kann
diesbezüglich wenig unterschiede erkennen. abgesehen davon, dass
ich es nicht gerade für die aufgabe von kunst halte, "sozial
produktive entwicklungen" (ab wie vielen durch ein werk im
weitesten sinn veraenderten leben ist etwas eigentlich genau
dies?) und so weiter hervorzubringen. ich finde es mehr als
ausreichend, wenn sie z.b. beim rezipienten dinge wie lust,
erkenntnis und nicht zuletzt etwas, das ich mangels eines besseren
begriffs "ergriffenheit" nennen moechte, anregt. oft tut sie leider
nicht einmal eines davon - und ganz besonders nicht die ganze
riege der sozialarbeiterersatzkunst (von den sparkassen- oder
vorstandsetagendekorationen mal ganz zu schweigen).
> kunst hat das soziale potenzial des netzes weitgehend ungenutzt
> gelassen, bzw. in kunst-typischen ego-projekten verschlissen.
dieser unerträgliche servilitätsfetisch passt zwar hervorragend zu
einer sklavengesellschaft wie der unseren, in der alles und jeder
auf seine potenzielle nützlichkeit für hinz und kunz oder den
"standort" und sonstige blödigkeiten (die begriffe sind je nach
politischem standpunkt andere, das aendert nichts an der art der
erwartungshaltung) abgeprüft wird, aber mir treibt das eher den
mageninhalt zurueck in die kehle. wenn du soziale veraenderungen
willst, geh auf die strasse, agitiere, gruende eine partei,
gruende eine bank oder nimm eine waffe in die hand, das sind
erheblich geeignetere mittel.
> kunst im netz ist (wie anderswo auch) keine kulturelle
> avantgarde.
glaubt in unserem vielschichtigen und -zeitigen hier und jetzt
ernsthaft noch irgendwer an den avantgardebegriff der moderne und
das damit verbundene lineare geschichtsbild hegelscher praegung?
> sie versucht, sich mit dem, was von den anwendungen und
> techniken am rand übrigbleibt, in subventionierten freiräumen zu
> profilieren.
na und? den vorwurf der profilierung in subventionierten
freiraeumen koennte man z.b. gut und gerne auch der
institutionalisierten wissenschaft machen. nur dass dann die
dimensionen ein klein wenig groesser geraten.
nb: was dem einen nur wie der rand erscheint, kann fuer den
anderen auch die zu ueberschreitende grenze in etwas erheblich
groesseres sein (ohne jeglichem esoterischen humbug, der hier
versehentlich assoziiert werden koennte). fragt sich, wer mehr und
weiter sieht.
> im übrigen: ws nutzt mir ein medienbegriff, der alles mögliche
> einschließt - von der liebe bis zum schaltkreis - wenn er danach
> nicht mehr dazu taugt, eine klare aussage zu formulieren.
ich gebe dir eigentlich recht. nur: braucht man ihn denn
_ueberhaupt_, um eine klare aussage zu formulieren?
sascha
--
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