[rohrpost] Re: Den Differenzen nachspueren

faustomaijstral at aol.de faustomaijstral at aol.de
Don Jun 21 06:37:43 CEST 2007


Hallo Manuel,

ich glaube, dass es sehr irreführend ist, sich bei der Diskussion um 
Anschlüsse von avancierter Medienkunst an den "großen Zirkus" nur auf 
die schrecklich ausbeuterische Relation zwischen dem Freier Kapital und 
dem Stricher Künstler zu stürzen.

Manuel Bonik schrieb:
> 
> Ich frage mich gerade, ob es wirklich so erstrebenswert ist, dass die
> "Medienkunst" "endlich" im allgemeinen Kunstmarkt ankommt, oder ob eine
Logischereise kommt sie im Markt an, wenn sie im Betrieb ist - ob mit 
monetärem Erfolg, das sei dahin gestellt. Oder doch nicht? Aber 
andersherum: Für wen arbeitest Du denn? Denkst Du bei Deiner Arbeit 
nicht auch mal daran, Menschen zu erreichen, die ansonsten keinen 
Zugriff auf Deine Arbeit haben? Ist es auf Dauer denn angenehm, 
anschlusslos exotisch zu sein? Und zu den Bedingungen: Ich kenne hier in 
Leipzig einen Schumachermeister, der noch dazu in der Lage ist, von Hand 
passgenau für jeden Fuß der Welt Maßanfertigungen herzustellen. 
Mittlerweile ist er - weil er von Betriebswirtschaft so viel versteht 
wie von Plasmaphysik - mit einer ganzen Reihe von Geschäftsversuchen 
gescheitert. Zur Zeit schleppt er sich so dahin, Berge von Quittungen 
landen unbearbeitet in einem Schuhkarton, und er flickschustert die 
Deichmann-Massenware für ein paar Kunden zusammen. Ab und zu gibt's 
Aufträge von einem Sanitätshaus, aber eigentlich ist er hierzu nicht 
spezialisiert genug. Ich habe ihn neulich gefragt, was er denn am 
liebsten den ganzen Tag lang machen würde. Die Antwort ist wohl klar: 
Maßschuhe. Isolation kostet.

Im übrigen ist es sehr herablassend, die letzten Jahrgänge an den 
Akademien pauschal als Schrott abzuqualifizieren.

> diese ganzen blowjobs geben, damit einem irgendwann Flick ein wenig
> Blutgeld rueberreicht? (Pardon, jetzt werde ich wohl doch etwas
> moralisch.)

Nein, nein, einfach nur banal und oberflächlich.

> Ach so, es geht um Geld? Weil die Einstiegskosten in der "Medienkunst"
> sinken, ist damit auch weniger zu verdienen, und jetzt braucht es neue
> Fleischtoepfe? Na, dann guten Appetit!

Hallo! Welcher Medienkünstler kann denn ausschließlich von Medienkunst 
leben? Und was ist daran so blöde, sich zu wünschen, wie einige 
Flachwareproduzenten Galeristen zu bekommen, die sich für einen 
einsetzen bzw. Vemarktungsfelder zu erschließen, um seiner Profession 
halbwegs beruhigt nachgehen zu können? Was ist daran verwerflich??? 
Welch ein biedermeierlicher Blick! So spannt der Nichtverdiener 
weiterhin den Regenschirm auf und stellt Eimer ins Zimmer, oder wie?

Mahlzeit

MWeiß
-- 
-------------------------------------
matthias weiss - computer art history
h u y g e n s s t r a s s e        21
d  -  0  4  1  5  9     l e i p z i g
-------------------------------------