[rohrpost] paraflows, Mittwoch, 19. September 07

Guenther Friesinger guenther.friesinger at univie.ac.at
Mit Sep 19 00:45:15 CEST 2007


MetaSpace in DiscourseLab / 19.09.2007, Metalab, Wien

http://metalab.at/wiki/Hauptseite



I EATED IT: Net Cultures Brunch

11:00



CIRCUIT BENDING

15:00

++ Ein Workshop mit Jörg Piringer

Circuit Bending ist der kreative Kurzschluss von elektronischen
batteriebetriebenen Niederspannungstongeräten wie etwa Gitarreneffekte,
Kinderspielzeuge und kleine Synthesizer um neue Musikinstrumente und
Soundgeneratoren herzustellen. Das Hauptaugenmerk liegt auf Spontaneität
und Zufall, wodurch die Strategien des Circuit Bending auch hauptsächlich
mit Noisemusik in Verbindung gebracht werden, obwohl bekannt ist, dass
wesentlich mehr konventionelle zeitgenössische Musiker und Musikgruppen
mit ‚gebendeten’ Instrumenten experimentieren.

Jörg Piringer lebt derzeit in Wien. Mitglied des Instituts für
transakustische Forschung. Mitglied des Ersten Wiener Gemüseorchesters.
Radiokünstler. Sound und Visualpoet. Musiker. Informatik.

http://joerg.piringer.net



PARANOID MACHINES

20:00

Ein Vortrag von Jason Brown

Moderne Technomythologien gehen davon aus, dass mehr Informationen und
mehr Verbindungen buchstäblich mehr Sinn ergeben. Das geht bis hin zum
posthumanen Wunsch, das Fleisch völlig zu transzendieren und in reinen
Code zu verwandeln. Aber noch ehe Porno und Spam aus der Verschleierung
ein gewinnbringendes Geschäft gemacht haben waren die Geräusche und Fehler
des Fleisches schon in den Code eingeflossen. Von den übernatürlichen
Massenmorden, die die „Arts of Memory“ hervorbrachten bis hin zu den
Verschwörungstheorien von atomisierten Außerirdischen, die das Netz
überziehen – die Informationstechnologie war schon immer paranoid.

Dieser Vortrag deckt mehrere Tausend Jahre Informationstechnologie ab, mit
Hauptaugenmerk auf seltsame Symptom- und Geisterstränge, die in die
Geschichte der Mnemotechnik eingeflochten sind. Welchen Einfluss hat die
antike gnostische Kosmologie darauf, wie wir Computer verwenden? Wie haben
uns Zauberer, Junkies und Menschen mit seltsamen sexuellen Vorlieben den
Computer, das Programmieren und die Raketentechnik gebracht? Wie wurde
eine Höhle in Kentucky zur Blaupause des Cyberspace? Wie konnte eine Motte
y2k und Terroristenparanoia vorhersehen? In welcher Verbindung steht die
fliegende Untertasse in Roswell mit den Ursprüngen von Hypertext?

Diese seltsamen Fehler und Zufälle können wir nicht aus unserem Gedächtnis
verbannen, weil das Gedächtnis selbst fehlerhaft ist. Es funktioniert
mittels assoziativer Logik, beschreibt unvorhersehbare Krümmungen und
vollzieht Sprünge, entdeckt poetische Wahrheiten über die Welt ohne sich
um lineare Vernunft zu scheren. Wir können nicht in die geordnete Welt von
Information und Code entfliehen, weil die verworrene Verschwörungslogik
von Sex und Schund in Wahrheit die paranoide Logik des Codes ist.

All das wird anhand der gnostischen Allegorie des Disneyfilms aus dem
Jahre 1983, Tron, erörtert werden.

++ Jason Brown

Jason Brown ist ein Ambient Noisemaker, Konstellationsmanipulator und
paranoider Historiograph.

Er ist Consigliere des Machine Project, eine gemeinnützige Einrichtung mit
Sitz in Los Angeles, die die heroischen Experimente der anmutig
Überambitionierten fördert. Er ist Leiter von Superbunker, das einen
Rahmen für die Betreibung und Verbreitung kritischer und kreativer
Forschung bietet. Er war Mitbegründer von c-level, einer Zusammenarbeit
mit den Schwerpunkten Medien, Protest und Spiel. Bei Betalevel, einer
unter Chinatown gelegenen Undergroundlocation, spielt er den Hausmeister.
Er ist Lehrtechnologe am Pomona College.

Jason machte schon net.art als dies als „rhizomatisch“ galt. Jetzt
minimiert er als Strafe für seine Jugendexzesse Designelemente. Er gab das
Buch NTNTNT, eine stylische Sammlung tausendjähriger net. Artefakte
heraus. Er hat eine große Vielfalt an Publikationen in Papier oder Pixel
herausgegeben, wovon einige überdauern wohingegen andere wieder in der
Ursuppe der Informatik zerflossen sind.

Jason hat eine Radiosendung, die manchmal für einen spätabendlichen
Staubsauger gehalten wird. Er spielt live Ambientmusik als Soundtrack für
Haarschnitte bei einer Veranstaltung namens "Ambient Haircut." Er hostet
einen Karaoke/Raubkopierer-Event namens "Swap Meet". Manchmal legt er bei
Bingoveranstaltungen auf. Er lernt Theremin und kann schon erkennbar
"Happy Birthday" spielen. Er glaubt, dass er tanzend und in betrunkenem
Zustand "Rainbow Connection" spielen kann, aber einige der Zuhörer sind da
nicht so sicher.

Jason liebt es zu studieren. Er hat Religion und Kunst an der University
of California studiert und abgeschlossen, seinen MFA in Critical Studies
and Integrated Media hat er an der CalArts gemacht. Er hat jetzt alle
seine Studien (Religion, Kunst und kritische Medien) zusammengefasst und
bringt sie allesamt mit dem Film Tron in Verbindung. Er ist der Meinung,
dass er damit das Beste aus seiner Ausbildung macht.