[rohrpost] CFP Junges Forum für Bildwissenschaft IV "Bilder des Lebendigen"
Ingeborg Reichle
ingeborg.reichle at kunstgeschichte.de
Sam Dez 13 09:08:18 CET 2008
CALL FOR PAPER
Junges Forum für Bildwissenschaft IV
Bilder des Lebendigen
Sprachen, Imaginationen, Technologien
Tagung der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Bildkulturen
in Kooperation mit der Interdisziplinären Arbeitsgruppe
Gentechnologiebericht der Berlin-Brandenburgischen Akademie der
Wissenschaften
11.-13. Mai 2009
Deadline für Vorschläge: 31. Januar 2009
Das Lebendige zu beobachten, gehört zu den ältesten Herausforderungen
naturwissenschaftlichen Forschens. Bereits die vormoderne Naturkunde
hatte eine Vielzahl von Techniken entwickelt, um Phänomene, denen
"Leben" zugeschrieben wird, besser zu verstehen. Erst recht aber die
modernen Naturwissenschaften werden von einem Prozess getragen, der ein
überaus reiches und komplexes Instrumentarium von Technologien und
Verfahren zur Erforschung des Lebens hervorgebracht hat. Die
Deutungsmacht, die den Biotechniken des 20. und 21. Jahrhunderts im
Hinblick auf die Vorstellungen und Definitionen "vom Lebendigen"
zugeschrieben wird, basiert nicht zuletzt auf dem Einfluss jener
Bildsprachen und Sprachbilder, mit deren Hilfe sich diese Wissenschaften
mitteilen.
Die Vielzahl der epistemischen Praktiken der Biotechniken ist an
adäquate Repräsentationen gebunden, da das Wissen und die Erkenntnisse
dieser Forschungsbereiche erst hierdurch gegenüber Dritten sichtbar
werden können. Nur so können sie durch Dritte überprüft, bestätigt oder
verworfen werden. In solchen Aushandlungsprozessen verwendet die
wissenschaftliche Forschung ein weites Spektrum von
Aufzeichnungstechniken, um beispielsweise mithilfe von Bild und Sprache
Erkenntnisse zu beschreiben, zu erklären, zu beweisen - kurz: zu
kommunizieren.
Unter anderem lassen sich anhand der "Sprachen" der Wissenschaften die
vielfältigen Prozesse der Kommunikation und der sich anschließenden
Aushandlung von Deutungen konzise beobachten. Wie das Neue, das heißt
das in Forschungen erkannte und entdeckte Wissen, sprachlich gefasst
wird, lässt sich nicht allein anhand der Evolution von Metaphern und
Analogien beobachten. Auch allgegenwärtige und daher scheinbar
unauffällige sprachliche Mittel wie spezifische Adjektive und Verben
geben Auskunft über die Strategien der Imagination und der Aneignung des
Lebendigen. In vergleichbarer Weise lassen sich unter anderem auch
anhand von bildgebenden Verfahren Formen der Standardisieung und der
Normierung ablesen, werden Traditionen sichtbar und Erwartungen
erkennbar. Ob Bilder oder Texte, Diagramme oder Karten, Tabellen oder
Formeln - Repräsentationen sind grundsätzlich Strategien der
Stellvertretung und damit prinzipiell bereits Interpretationen, die
durch kollektive Denkstile geprägt werden.
Das Lebendige stellt für diese Prozesse wissenschaftlicher
Repräsentation eine besondere Herausforderung dar. Denn wenn das
Lebendige eine ihm je eigene Gegenwart besitzt, so wird die Frage nicht
allein lauten können: Welche Repräsentationsstrategien sind denkbar, die
dem Lebendigen angemessen sind? Vielmehr soll mit jenen, in der
gegenwärtigen bio- und gentechnologischen Forschung mit hoher Intensität
erforschten Fragen, wie das Leben entsteht, wie es funktioniert und
unter welchen Bedingungen es sich erhalten, kopieren, reproduzieren und
funktionalisieren lässt, ein zweiter Fragekomplex eröffnet werden:
Welche Strategien der Imagination des Lebendigen stehen den Bio- und
Gentechnologien zur Verfügung? Wie lässt sich das Lebendige überhaupt
denken? An welchen Stellen berühren sich die Strategien der Erzeugung
mit jenen der Simulation und der Kommunikation? Und wann schlagen die
Versuche fehl, die Eigendynamik des Lebendigen zu kontrollieren oder
sogar zu beherrschen?
Antworten auf diese Fragen nach den "Bildern des Lebendigen" sollen sich
anhand der drei Koordinaten "Sprachen", "Imaginationen" und
"Technologien" ausrichten. Der Schwerpunkt der Analysen soll auf den
vielfältigen Problemen und Lösungsansätzen liegen, wie sie in die
Biotechniken des 20. und 21. Jahrhunderts entwickelt worden sind und
gegenwärtig entwickelt werden.
Vom 11. bis zum 13. Mai 2009 veranstaltet die Interdisziplinäre
Arbeitsgruppe Bildkulturen der Berlin-Brandenburgischen Akademie der
Wissenschaften zum vierten Mal ein "Junges Forum für Bildwissenschaft",
2009 erstmals in Kooperation mit der Interdisziplinären Arbeitsgruppe
Gentechnologiebericht. Die Tagung "Bilder des Lebendigen. Sprachen,
Imaginationen, Technologien" richtet sich insbesondere an
Postdoktorand/innen und Doktorand/innen der Geistes-, Sozial- und
Naturwissenschaften. Sie soll Gelegenheit geben, die im Call for Paper
formulierten Fragen aus einer dezidiert interdisziplinären Perspektive
zu diskutieren.
Am Abend des 12. Mai 2009 wird der Kunsthistoriker und Philosoph Prof.
Robert Zwijnenberg (Universität Leiden und The Arts & Genomics Centre)
im Leibnizsaal der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften
einen öffentlichen Abendvortrag zum Thema Bilder des Lebendigen halten.
Erbeten sind an die unten angegebene E-Mail-Adresse ein kurzes, nicht
mehr als einseitiges Abstract für eine halbstündige Präsentation sowie
ein knapper Lebenslauf mit Stichworten zu den Forschungsinteressen.
Stichtag der Einsendung ist Samstag, der 31. Januar 2009. Eine
Publikation der Tagungsbeiträge wird erwogen. Die Erstattung von Reise-
und Übernachtungskosten ist voraussichtlich möglich.
Einsendungen bitte an: bildwissenschaft at bbaw.de (Stichwort: Junges Forum)
Für weitere Informationen zur Interdisziplinären Arbeitsgruppe
Bildkulturen und zu den Tagungen sowie Publikationen des »Jungen Forums«
in den Jahren 2006, 2007 und 2008 siehe
www.bbaw.de/bbaw/Forschung/Forschungsprojekte/Bildkulturen/
Für weitere Informationen zur Interdisziplinären Arbeitsgruppe
Gentechnologiebericht siehe www.gentechnologiebericht.de
Wissenschaftliche Konzeption und Organisation:
Silke Domasch, Ingeborg Reichle und Steffen Siegel
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Bildkulturen
Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Gentechnologiebericht
Jägerstraße 22/23
D -- 10117 Berlin
Junges Forum für Bildwissenschaft:
2006
Verwandte Bilder
Publiziert in:
Verwandte Bilder. Die Fragen der Bildwissenschaft
Herausgegeben von Ingeborg Reichle, Steffen Siegel und Achim Spelten.
Kulturverlag Kadmos, Berlin 2007, 2., durchgesehene Auflage 2008
2007
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Visuelle Modelle. Herausgegeben von Ingeborg Reichle, Steffen Siegel und
Achim Spelten. Wilhelm Fink Verlag, München 2008
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Publiziert in:
Maßlose Bilder. Visuelle Ästhetik der Transgression. Herausgegeben von
Ingeborg Reichle und Steffen Siegel, Wilhelm Fink Verlag, München 2009
(in Vorbereitung)