[rohrpost] Medienkunst gibt es nicht

Ursula Damm ursuladamm at onlinehome.de
Die Jan 29 07:04:34 CET 2008


Hallo Stefan Heidenreich,
> Heute ändert sich die Lage der Medien dramatisch. Was sich im  
> Verlauf des letzten Jahrhunderts als Foto, Film, Video, Fernsehen,  
> Schallplatte, Radio und so weiter nebeneinander entwickelt hat,  
> wird von einer übergreifenden digitalen Kultur vereinheitlicht. Man  
> unterscheidet noch zwischen Formaten und Schnittstellen, aber die  
> Grenzen zwischen einzelnen Medien verschwinden. Im Netz  
> konvergiert, was zuvor getrennt war. Jedes Handy ist ein kleiner  
> Computer mit Online-Anschluss, der sämtliche Sinne bedient. Medien  
> sind passé.
Medien in ihrer Funktion zu thematisieren ist passé, zumindest in den  
Reihen der Kultur. Warum? Sicherlich nicht, weil sie unwirksam wären.  
Vielmehr ist ja ein Durchwachsen und Durchdringen des Alltags mit den  
Möglichkeiten vermittelter Kommunikation und ihren negativen wie  
positiven Folgen zu erleben. Die Problematik der Kontrolle - auf der  
Seite des Individuums in Form der Online-Durchsuchung - auf der Seite  
der großen Server durch selektive Bereitstellung von Inhalt - ist  
größer denn je. Nur entzieht man sich lieber dieser Welt, sobald es  
ums Kulturelle geht, um sich der Noch- Existenz einer wirksamen  
alten, nicht medialen Kultur zu versichern anstatt sich den  
brennenden Fragen zu stellen.
Die Netzkunst ist passé, weil sie nicht mehr auf die spannenden  
Fragen des Internets und seiner Entwicklung antworten kann. Künstler  
sind da sicher völlig überfordert, wo Wissenschaftler auch der Macht  
der Konzerne und der von ihnen gehüteten Technologie machtlos  
gegenüber stehen (z.B. Google) und sie - wie alle anderen auch -  
täglich benutzen in Ermangelung von Alternativen. Das  
Künstlerindividuum hat da nur noch die Chance, kritisierend oder  
kommentierend tätig zu werden. Das ist kein schöner Job, er hat sich  
in Form der Software-Art manifestiert, die längst keine Innovationen  
mehr schafft sondern nur noch mit Hacken sich begnügt. Das  
Zukunftspotential einer solchen Haltung ist natürlich gering. Wo sind  
die Visionen? Die formuliert man dann besser mit den klassichen  
Medien. Da macht man sich die Finger nicht schmutzig und muß nicht  
die Unsummen auftreiben, die man heute braucht, um eine  
(funktionsfähige) adäquate Antwort auf die von der Industrie  
formulierten Standards zu finden.
>
> Was bleibt zu sagen? Medienkunst war eine Episode. Da ihre  
> Institutionen nicht vergehen, lebt sie als Dinosaurier der 80er und  
> 90er Jahre weiter. Auf der anderen Seite hat Kunst technologisch  
> längst die meisten Grenzen überwunden. Künstler arbeiten mit  
> beliebigen  Medien, von der Zeichnung bis zum Internet.
Dennoch ist es etwas anderes, ob ein klassischer Künstler Photoshop  
benutzt, um seine Malereien zu konzipieren oder ein sogenannter  
Medienkünstler  im besten Falle Systeme entwirft (Systeme auf  
Software-Ebene wie auf sozialer Ebene). So wie strategische oder  
politische Kunst die Funktionsweisen der Gesellschaft benutzt hat, um  
ihre Haltung einzubringen, wollte die Medienkunst stehen für einen  
Technologieeinsatz, der eine kulturelle Teilhabe an dem Aufbau einer  
vernetzten Gesellschaft sichern sollten.
Warum ist dies gescheitert?
> Als Gegenkultur zu den kommerziellen Produkten der Netze und Medien  
> nimmt Kunst nach wie vor eine wichtige Position ein. Aber allein  
> technisch lässt sie sich auf den Begriff bringen. Es gibt genug  
> gute Kunst, die ganz selbstverständlich Medien einsetzt.
und in den meisten Fällen völlig naiv, kritik- und visionslos mit den  
Tools umgeht.
> Aber es gibt keine Medienkunst.
Was nun?
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