[rohrpost] RADIO GESCHICHTE DT64 am 18.11. im Zeughauskino: Doppelprogramm

moritz von rappard rappard at blinx.de
Mon Nov 16 09:52:52 CET 2009


RADIO GESCHICHTE: DT64
DDR JUGENDRADIO 1964 - 1993



Kurzfristige Programmergänzung:
Mittwoch 18.11.09
19.00 Uhr



FUNKSTILLE
Ein Film von Harald Quist
RBB 2009


"Funkhaus Berlin" steht am Eingang zu lesen, und wenn die alte  
Schranke aus DDR-Zeiten von neuen Sicherheitsleuten geöffnet wird,  
dann spürt man ihn bald - den Geist des Hauses. Manchmal scheint es,  
als könne er die denkmalgeschützten Gebäude neu beleben - wenn der  
Meisterpianist Murray Perahia in Saal 1 Bach einspielt, der  
Schauspieler Dieter Mann ein Hörbuch von Joseph Roth liest oder der  
deutsch-italienische Sänger Nevio im planet roc produziert. Die meiste  
Zeit allerdings dämmert das ehemals so lebendige Areal vor sich hin.
Gerhard Steinke, Toningenieur, schwärmt von der einmaligen Akustik der  
Aufnahmesäle und klagt darüber,
dass die große Orgel seit Jahrzehnten außer Betrieb ist. Christoph  
Singelnstein, 1990 Intendant des DDR-Hörfunks,
und Hannelore Steer, 1990 Programmdirektorin des Funkhauses Berlin,  
erinnern sich in ihren ehemaligen Arbeitsräumen an die aufregende Zeit  
zwischen 1989 und 1991, als der DDR-Rundfunk abgewickelt wurde. Und  
Helmut Lehnert kam als Musikredakteur vom SFB in die Nalepastraße, um  
das Jugendradio Fritz aufzubauen. Frank Michelmann war zu DDR-Zeiten  
in der Klimatechnik beschäftigt und ist heute der Objektleiter. Er ist  
so etwas wie der gute Geist des Funkhauses. Ob es noch einmal aus dem  
Koma aufwachen wird? Der Eigentümer Albert Ben-David hofft auf die  
Zeit nach der Eröffnung des neuen Flughafens Berlin-Brandenburg- 
International, der den Südosten Berlins verändern wird, und ist  
"selbstverständlich optimistisch". (Pressetext)

Mit freundlicher Unterstützung des RBB.



Mittwoch 18.11.09
20.00 Uhr



LOCKRUF
ABSCHALTUNG DER DT64 FREQUENZEN ZUGUNSTEN DES RIAS
Sendung vom 10.09.1990


Am Nachmittag des 7. September 1990 sagt Christoph Singelnstein, seit  
kurzem geschäftsführender Intendant des Rundfunks der DDR: „Noch vor  
einem Jahr standen Radio DDR und RIAS in unterschiedlichen politischen  
Lagern. Nachdem im Zuge der Perestroika in der Sowjetunion die Völker  
Osteuropas und natürlich auch das ganze deutsche Volk zu einer  
Selbstbestimmung finden, können sich die Medien der DDR demokratisch  
erneuern.“ Er spricht von Arbeitsgruppen, in denen der RIAS „beim  
Aufbau eines pluralistischen und demokratischen Rundfunks“ helfen  
soll. Das Ziel beschreibt er als ein „neues nationales  
Hörfunkprogramm, in dem das Zusammenwachsen der beiden Teile  
Deutschlands journalistisch begleitet wird“. Gleichzeitig würde es  
auch für DT64 eine Perspektive geben, sobald die rechtlichen  
Grundlagen geschaffen seien, damit der Sender als Kommerzsender in  
Berlin-Brandenburg weitergeführt werden könne.
Der damalige stellvertretende DT64-Chefredakteur Roland Schneider  
erklärt der Ostberliner Zeitung “Sonntag”: “Mittels eines Vertrages,  
ausgehandelt vom geschäftsführenden DDR-Rundfunkintendanten  
Singelnstein und RIAS-Intendant Dr. Drück, sollten am 7. September 12  
von 18 Frequenzen unseres Programms an RIAS 1 gegeben werden. Genau 24  
Stunden waren wir außerhalb des Großraums Berlin/Brandenburg nicht zu  
hören. Dann mußte der genauso gefoppte Medienminister Müller den  
Piratenakt rückgängig machen. Inzwischen weiß ich, daß der von Herrn  
Singelnstein betriebene Handel nach seiner Meinung dem Erhalt von  
Arbeitsplätzen und des Standorts Nalepastraße, der ja wirklich akut  
gefährdet ist, dienen sollte. Doch wohin eine solche Brachialaktion,  
vorbei an Belegschaft, Hörern und Öffentlichkeit führt, haben wir  
gesehen: Mit zehntausenden Unterschriften, Briefen, Telegrammen und  
selbst Paketen innerhalb weniger Tage haben Leute, übrigens auch aus  
der Bundesrepublik und Westberlin uns Mut gemacht. Demonstranten  
gingen in Leipzig und Schwerin auf die Straße, in Dresden ruhte  
deshalb für Stunden der innerstädtische Verkehr, junge Leute hielten  
eine Mahnwache vor den Sendemasten in Marlow, und vor dem Ministerrat  
in Berlin traten dreizehn Hörer für ihr Programm in den Hungerstreik.”


DIALOG MIT ROLAND SCHNEIDER UND HEIKO HILKER

Im Anschluss an die Präsentation der Sendung vom 10.09.1990 sprechen  
Roland Schneider und Heiko Hilker über das außergewöhnliche Engagement  
der DT64-Hörer und die Entwicklung einer ganz besonderen Beziehung  
zwischen Sendern und Empfängern.

ROLAND SCHNEIDER war von 1978 - 1981 Nachrichtenredakteur beim  
Rundfunk der DDR und von 1981 - 1991 als Redakteur und Moderator bei  
DT64, davon die letzten zwei Jahren als Stellvertretender  
Chefredakteur. Danach arbeitete er ab 1992 als Redaktionsleiter Kultur  
bei Antenne Brandenburg. Heute ist er beim Kulturradio des RBB tätig.
HEIKO HILKER wirkte ab Juli 1991 im Dresdner DT64-Freundeskreis mit  
und war Mitbegründer des bundesweiten Netzwerkes der Initiativen zum  
Erhalt von DT64 "Freundes des Jugendradio DT64 e.V.". Von 1994 bis zum  
Sommer 2009 war er Mitglied des Sächsischen Landtages und im MDR- 
Rundfunkrat.


RADIO GESCHICHTE: DT64
DDR JUGENDRADIO 1964 - 1993


20 Jahre nach dem Mauerfall bietet eine vierzehnteilige, von Moritz  
von Rappard und Dunja Funke kuratierte Reihe Gelegenheit zur  
ausführlichen Auseinandersetzung mit dem Jugendprogramm des Rundfunks  
der DDR. Ehemalige Redakteure stellen Sendungen vor, an denen sie  
damals beteiligt waren. Sie treffen im Dialog auf Gesprächspartner aus  
dem Westen. Das Spektrum reicht von Verantwortlichen aus Kultur oder  
Politik bis zu Journalisten und Radiomachern, denen es in ihrer Arbeit  
um die Entwicklung eines engagierten Jugendprogramms ging oder geht.  
Somit werden nicht nur rare Zeitdokumente aus dem Deutschen  
Rundfunkarchiv zugänglich gemacht, es besteht auch die Möglichkeit,  
sich in einer öffentlichen Diskussion zwischen Ost und West mit der  
jüngeren Mediengeschichte auseinanderzusetzen.
Unter den ehemaligen Mitarbeitern des Senders, die im Zeughauskino  
erwartet werden, sind beispielsweise Marion Brasch, Lutz Schramm,  
Dietmar Ringel, Tanja Braumann, Roland Schneider, Michael Schiewack,  
sowie Siegmar Krause, der Leiter des Gründungskollektivs. Als  
Gesprächspartner aus dem ehemaligen Westen haben sich unter anderem  
Friedrich Küppersbusch, Helmut Lehnert, Olaf Leitner, Klaus Walter und  
Marco Seiffert angekündigt. Darüber hinaus wird am 1.11. die letzte  
Intendanz des Rundfunks der DDR erwartet. Christoph Singelnstein,  
Hannelore Steer und Jörg Hildebrandt treffen auf den ehemaligen RIAS- 
Intendanten Helmut Drück.


Weitere Informationen finden Sie unter www.radio-geschichte-dt64.de


Veranstaltungsort
Zeughauskino
Deutsches Historisches Museum
Unter den Linden 2
Eingang Spreeseite
10117 Berlin
Kartentelefon 030. 20 30 47 70


RADIO GESCHICHTE: DT64
ist ein Projekt von Moritz von Rappard.
Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds.
In Zusammenarbeit mit der Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv Potsdam  
und dem Zeughauskino / Deutsches Historisches Museum.
Medienpartner: Deutschlandfunk / Deutschlandradio Kultur / Freitag /  
die tageszeitung / zitty.