[rohrpost] Deep Search II: "Die Politik des Suchens und Findens"
Martin Wassermair
wassermair at t0.or.at
Mon Jun 14 14:02:13 CEST 2010
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-- MEDIENINFORMATION
-- World-Information Institute
-- Institut für Neue Kulturtechnologien/t0
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-- Deep Search II: "Die Politik des Suchens und Findens"
-- Internationale Konferenz in Wien diskutierte Machtverhältnisse
-- hinter Suchmaschinen
"Suchtechnologien werden gerne als neu und beispiellos dargestellt. Wir
wollen jedoch die politischen und kulturgeschichtlichen Dimensionen von
Suche, Referenzierungs- und Kategorisierungssystemen beleuchten und
zeigen, dass hier subjektive Interessen und Geschäftsabsichten im
Vordergrund stehen. Denn mittlerweile werden nicht mehr nur
Informationen, sondern die Menschen selbst organisiert", erklärte Felix
Stalder zu Beginn der Konferenz "Deep Search II", die vom
World-Information Institute am Freitag, 28. Mai 2010, in Wien
veranstaltet wurde.
Vor großem Publikum standen zentrale Fragen der automatischen
Klassifizierung von Daten, ihre Indexierung und Auswertung zur Debatte.
Chad Wellmon von der Universität von Virginia zeigte auf, dass die
Wurzeln der Zitier- und Rankinglogik von modernen Suchalgorithmen in den
Annotationen liegen, die zur Zeit der Aufklärung maßgebliche
philosophische Texte miteinander verbanden. Er ist überzeugt: "Die
Fußnote des 18. Jahrhunderts ist der Prototyp des heutigen Hyperlinks."
Kultur- und Medienhistoriker Sebastian Gießmann sprach über die
Geschichte von Netzwerken und darüber, dass Rankingsysteme nie objektiv
sind, sondern die Wertvorstellungen jener widerspiegeln, die sie
entwickeln. Dies wurde von Yuk Hui, Forscher an der Goldsmiths
University London, unterstrichen: "Forscher in diesem Gebiet sagen frei
heraus, dass sie nicht darüber nachdenken, was sie tun – sie tun es
einfach. Es braucht hier eine neue Auseinandersetzung damit, was
'Information', 'Wissen' und 'Verstehen' bedeutet."
Dies bestätigte auch Elizabeth van Couvering: "Wir brauchen zweierlei:
Einen Verhaltenskodex für Suchmaschinenfirmen und das technische
Personal sowie eine öffentliche Debatte darüber, dass das Internet nicht
nur ein Marktplatz ist." Das profitable Geschäft des Suchens behandelte
auch Matteo Pasquinellis Beitrag. "Der Rentier des Feudalsystems war
jemand, der Land von anderen Menschen kultivieren ließ, um daraus
Gewinne zu erzielen. Heute stehen wir vor neuen Pachtsystemen: Globale
Rentiers wie Google erzielen enorme Profite aus Wissens- und
Kulturinhalten, die eigentlich Allgemeingut sind."
Einen Ausblick auf die Zukunft der Suche gab mc schraefel. "Wenn unser
einziges Werkzeug ein Hammer ist, dann suchen wir nur nach Nägeln. So
ist das auch mit der Suche", erklärte die Lektorin an der britischen
Southampton University. "Derzeit sind Suchmaschinen noch nicht fähig,
Metadaten aus Dokumenten zusammenzuführen und originäre Fragen zu
beantworten. Das ist eine Herausforderung für die Zukunft."
Karl Müller vom Wiener Institut für Sozialwissenschaftliche
Dokumentation und Methodik zeigte Limitierungen klassischer
Umfrageergebnisse auf und wies auf die Bedeutung digitaler Daten aus
transaktionalen Spuren für die Zukunft sozio-ökonomischer Forschung hin.
"Wir leben in einer extrem herausfordernden Zeit: in der ersten Phase
einer Turing-Gesellschaft, die auf Maschinencode basiert und in der
Datenarchive über Milliarden von Menschen angelegt werden." Gleichzeitig
kommentierte er das Phänomen selbstverstärkender Wirkung und medialer
Rückkoppelung in diesem Bereich.
Konrad Becker zeigte sich abschließend überzeugt, dass dieses Kernthema
digital vernetzter Wissensgesellschaften eine verstärkte Aufmerksamkeit
aller gesellschaftlichen Bereiche notwendig macht. "Der öffentliche
Informationsraum als Grundlage demokratischer Gesellschaften muss als
Allgemeingut erhalten und als wichtige gesellschaftliche Ressource
nachhaltig gepflegt und geschützt werden."
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-- Videoaufzeichnung der Konferenz:
http://world-information.org/wii/deep_search2/videos
Hinweis: Der Sammelband "Deep Search. Politik des Suchens jenseits von
Google" erschien 2009 im Studienverlag, sowie in englischer Version bei
Transaction Publishers. Konrad Becker/ Felix Stalder [Hrsg.] Deep
Search. Politik des Suchens jenseits von Google. Studienverlag 2009. ca.
220 Seiten. ISBN 978-3-7065-4794-9
http://world-information.org/wii/deep_search/book/deepsearch-book_de
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-- Rückfragehinweis:
World-Information Institute
Institut für Neue Kulturtechnologien/t0,
Operngasse 20B, 1040 Wien
ZVR-Zahl: 121916514
office at t0.or.at
http://t0.or.at
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