[spectre] Eröffnung 13.09.02, ab 19 Uhr: Sarajevo Selbstportrait 1991 - 1999

Kunstraum Kreuzberg/Bethanien - Sté phane Bauer bethanien@kunstamtkreuzberg.de
Wed, 11 Sep 2002 19:02:01 +0200


Ausstellung
Sarajevo Selbstportrait 1991 - 1999
Bilder aus Sarajevo von neun bosnischen Fotografen 

Eröffnung: Freitag, den 13. September 2002, um 19 Uhr durch Cornelia
Reinauer, Bezirksbürgermeisterin Friedrichshain-Kreuzberg und Nedeljko
Despotovic, Botschafter von Bosnien und Herzegowina

14. September - 20 Oktober 2002
täglich 14 - 19 Uhr
Kunstraum Kreuzberg/Bethanien
Mariannenplatz 2
10997 Berlin 

Eine Ausstellung der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK) mit
Unterstützung vom Kunstraum Kreuzberg/Bethanien 
 
Kemal Hadzic, Danilo Krstanovic, Milomir Kovacevic, Nermin Muhic, Mladen
Pikulic, Nihad Pusija, Damir Sagolj, Sahin SiSic, Dejan Vekic Und zusätzlich
die Dia-Show "Warshots 1999" von Matthias Wähner (D) 

Sehr geehrte Damen und Herren,
die NGBK zeigt die Ausstellung Sarajevo Selbstportrait 1991 - 1999, die
zuerst 5 Jahre nach dem Dayton-Abkommen (1995) im Dayton Art Institute, USA
gezeigt wurde. 2001 war die Ausstellung dann mit großer Resonanz im Museet
for Fotokunst (Brandts Klaederfabrik) in Odense, Dänemark zu sehen und wird
auch noch weiter durch Europa touren. 10 Jahre nach Ausbruch des Krieges in
Bosnien vereint die Ausstellung Arbeiten von neun bosnischen Fotografen, die
mit völlig unterschiedlichen Perspektiven und Bildsprachen ihre sehr
subjektiven Eindrücke wiedergeben und dabei sowohl von der Unmöglichkeit
eines normalen Lebens als auch von der Notwendigkeit eines Alltags unter
Bedrohung durch Raketenwerfer und Heckenschützen erzählen. Die Ausstellung
wurde zusammengetragen und kuratiert von Leslie Fratkin und Stuart
Alexander. Die Bilder in der Ausstellung stehen in der Tradition der
klassischen narrativen Sozial- und Pressefotografie und erlauben, anders als
in den nachrichtenorientierten Printmedien und der dort notwendigen
Reduktion, durch großzügig angelegte Zyklen einen tieferen Einblick in die
Wirklichkeit einer Gesellschaft im Kriegszustand. Durch die Bilder erfahren
wir von Zwischentönen und Widersprüchen zwischen der Lebenspraxis und einer
auf ethnische Segregation angelegten Propaganda. Während zu Zeiten des
Bosnienkrieges reaktionäre Positionen aller beteiligten Seiten ethnisch
"reine" Regionen propagierten, funktionierte das Leben und der Handel
zwischen den Bevölkerungen aller Kriegsparteien auf dem "Arizona-Markt"
reibungslos, als ob die verordnete Feindschaft außer Kraft gesetzt wäre.
Viele der Fotografen arbeiteten und arbeiten immer noch für die unabhängige
Tageszeitung Oslobodjenje, die 1992 von der BBC zur weltbesten unabhängigen
Tageszeitung ernannt wurde und unter vielen anderen Auszeichnungen den Preis
der französischen Journalistenorganisation "reporters sans frontières"
erhalten hat. Damir Sagolj hat den Arizona Markt in Nachkriegsbildern
festgehalten. Die Hartnäckigkeit des Lebens und eben auch der Liebe, selbst
unter diesen Bedingungen, zeigt Danilo Krstanovic mit seinem Bild eines
glücklich flanierenden Brautpaares im Schutz einer Sichtblende gegen
Heckenschützen. Auch das war Alltag in Sarajevo im Sommer 1994. Kemal Hadzic
fing die trügerische Idylle menschenleerer Straßen in Sarajevo ein. Bei
genauem Bildstudium sind die Spuren des Krieges in Gestalt von
Einschusslöchern zu erkennen. In einer anderen Bildserie hebt er den
Kontrast zwischen der Zerstörung der Mostarbrücke in schwarz/weiß und einem
Vorkriegsfarbbild der noch intakten Brücke drastisch hervor. Sahin SiSic,
der hauptberufliche Filmemacher, beeindruckt durch ein Portrait eines alten
Mannes, der in Mitten des Kriegs durch das zerstörte Sarajevo zieht und die
ausgesetzten und streunenden Tiere füttert. Auch für diesen Alltag in
Sarajevo war kein Platz in der weitverbreiteten Kriegsberichterstattung.
Dejan Vekic ist in der Ausstellung u.a. mit einer Serie von Farbfotos
vertreten, die er für die Bosnische Kommission zur Dokumentation der
Kriegsverbrechen schoss. Darüber hinaus führte er auf seinen täglichen
Touren durch die Stadt immer eine Kamera mit s/w-Filmen mit sich, die er für
die eigenen und ästhetisch anspruchsvolleren Zwecke nutzte. Die
funktionellen Unterschiede beider Arbeitsweisen werden deutlich. Mladen
Pikulic und Milomir Kovacevic widmeten sich der Situation der Kinder, deren
Spiel deutlich vom Krieg geprägt ist. Milomir Kovacevic erinnert mit seiner
Serie von zerstörten Tito-Portraits an die Vergangenheit einer
funktionierenden multiethnischen Gesellschaft, die heute Utopie ist. Nermin
Muhic fängt die Zerstörung der alten Ordnung durch sehr poetische s/w-Bilder
ein. Nihad Pusija schließlich, Mitglied dieser Arbeitsgruppe, hat sich mit
der Exilsituation von Bosnienflüchtlingen und Roma aus Ex-Jugoslawien in
Berlin und Deutschland auseinandergesetzt und ihren Alltag dokumentiert. 

Zusätzlich zur Ausstellung beschäftigt sich ein Rahmenprogramm sowie ein
Medienraum mit der propagandistischen Nutzung von Fotografie für die
Durchsetzung politisch-militärischen Handelns. Gezeigt wird hier neben
ausgewählten Zeitungsartikeln eine konzeptuelle Arbeit von Matthias Wähner
("Warshots 1999", Dia-Show) zur Resonanz des Kosovo-Kriegs im Internet. Der
bis heute umstrittene Krieg der NATO unter Beteiligung der Bundeswehr gegen
Jugoslawien zur Beendung des Bürgerkriegs im Kosovo wird im Rahmenprogramm
eine zentrale Rolle spielen. Zu der Ausstellung ist im amerikanischen Verlag
Umbrage Editions das Buch "Sarajevo Self-portrait" (ISBN 1-884167-03-09X)
erschienen und ist in der Ausstellung für ca. 40,- ? erhältlich. Vertreter
der Presse können das Buch gegen eine Schutzgebühr von ? 20,- erwerben. 


Rahmenprogramm in der Ausstellung:

Samstag, 14 September, 17 ­ 19 Uhr
Gespräch mit den anwesenden Fotografen aus Bosnien 

Dienstag, 24. September, 19 Uhr
"Krieg mit Bildern. Der propagandistische Einsatz von Bildern im Bosnien-
und Kosovo-Krieg"
Vortrag von Thomas Deichmann, Publizist und Chefredakteur von NOVO
www.novo-magazin.de Eine Veranstaltung der NGBK mit Unterstützung des
Kunstraum Kreuzberg/Bethanien 

Dienstag, 8. Oktober, 19 Uhr
"Krieg gegen Jugoslawien - eine humanitäre Intervention der NATO?"
Podiumsgespräch zwischen Angelika Beer, Expertin für Verteidigungs- und
Sicherheitspolitik und Dr. Heinz Loquai, Bundeswehrgeneral a.D. Moderation:
Jürgen Elsässer, KONKRET-Redakteur und Buchautor Eine Veranstaltung vom
Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung 

Dienstag, den 15. Oktober um 19 Uhr
"Die emotionale Mobilmachung. Kriegspropaganda am Beispiel der Kriege in
Bosnien und im Kosovo".
Vortrag von Mira Beham, Medienwissenschaftlerin Eine Veranstaltung der NGBK
mit Unterstützung des Kunstraum Kreuzberg/Bethanien 

Jeweils am Montag, den 16./23./30. September und am 7./14. Oktober um 21 Uhr
zeigen wir im Kontext der Ausstellung im Filmrisz, Rigaer Str. 103, 10247
Berlin folgende Filme in dieser Reihenfolge (teilweise OF mit Engl. UT): No
Man¹s Land (D. Tanovic, BiH 2001), Der perfekte Kreis (A. Kenovic, BiH
1996), Wag the Dog (B. Levinson, USA 1997), Before the Rain (M. Mansevski,
M, GB, F 1994), Beautiful People (J. Dizdar, GB 1999) 

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Kunstraum Kreuzberg/Bethanien
Kulturamt Friedrichshain-Kreuzberg
Stéphane Bauer
Geschäftsführer
Tel:. 030-25884155
Fax: 030-25884153
bethanien@kunstamtkreuzberg.de