[spectre] BDP2004[Biennale von Paris]-Info 25022004

BDP contact at biennaledeparis.org
Wed Feb 25 17:54:11 CET 2004


BDP
[Biennale von Paris]
Vom 20. Februar bis zum 15. März an mehreren Orten in Paris, in Frankreich und im Ausland.

PRÄSENTATION

Die Biennale von Paris versteht sich als Nachfolgerin jener Biennale von Paris, die, 1959 von Raymond Cogniat initiiert und vom damaligen Kulturminister André Malraux realisiert, 1985 aus finanziellen Gründen ein Ende fand. Ziel dieser Veranstaltung war es, ein Panorama des jungen internationalen Kunstschaffens zu zeigen sowie einen Ort der Begegnung und des Erfahrungsaustausches zu schaffen. Heute ist die Biennale von 
Paris ein Verein laut dem Vereinsgesetz von 1901. Die Erstellung des Programms begann im Juni 2000; das internationale Unterstützungskomitee besteht aus nahezu 170 Organisationen und Personen, darunter findet man bedeutende Namen der Kunstszene des 20. Jahrhunderts. Die Biennale von Paris unterscheidet sich von anderen internationalen Kunstereignissen (Biennale von Venedig, Documenta, Münster ...) und profitiert von einem weltweit anerkannten historischen Kulturerbe und vom Aufkommen neuer, bereits bestehender Kunstformen. Die BDP will die Aktualität des Kunstschaffens in ihren zeitgenössischsten Formen zeigen, indem sie neue Kunstformen präsentiert und die immaterielle Kunstproduktion aufwertet.  Immaterielle Kunstproduktionen und neue Kunstformen sind Werke des Geistes, die in der Realität wurzeln und zum Nachdenken anregen, zur Bewusstseinsbildung führen und persönliche, kollektive und soziale Erfahrungen ermöglichen. Befreit vom Einfluss der vorherrschenden Ästhetik definieren sich die immateriellen Kunstproduktionen und die neuen Kunstformen als freie Gedanken, die sich durchsetzen. Die BDP will Paris wieder zu einem Hauptschauplatz der internationalen Kunstszene machen : indem sie Paris von Anfang an zu einer wichtigen Etappe im Kalender der grossen Kunstereignisse macht, durch ihr weitläufiges und international stark impliziertes Beziehungsnetz und dadurch, dass sie über die Grenzen der Gaststadt bzw. des Gastlandes hinausreicht.  Die BDP erneuert sich in ihrer Gesamtheit, die Realität der Gegenwart ist ihre Referenz. Die Form der Beiträge der Teilnehmer an der BDP 2004 wird vom Charakter ihrer Arbeiten abhängen. Die vorgestellten Werke können die Form eines Abendessens annehmen, jene einer Armensuppe, einer Debatte, eines Kolloquiums, einer Konferenz, einer Filmvorführung, eines Dokuments mit Informationen über die Existenz eines Werks, eines Veranstaltungsortes oder eines Teilnehmers an der Biennale, eines Treffens, eines Langstreckenlaufes, einer Diskussion, einer Dienstleistung, einer Verkostung, einer Begegnung, die Form von Produkten wie eines Aufklebers oder einer Postkarte, die Form von nichts Bestimmtem ....


- Das Programmation der BDP2004 ist zu finden auf unserer Homepage : http://www.biennaledeparis.org
- Der Katalog zur BDP2004 ist ab dem 20. Februar im Handel erhältlich (523 Seiten, schwarz /weiss, Preis : 100 €). 


- Vorwort von Paul Ardenne.


« VERSUCH EINER BIENNALE
PAUL ARDENNE

In den letzten 15 Jahren hat sich die Anzahl der Biennalen zeitgenössischer Kunst vervielfacht: Um 1990 gab es ungefähr zehn davon, heute über vierzig. Und dabei bleibt so gut wie kein weisser Fleck auf der Biennalen-Landkarte : von Sharjah bis Fortaleza und Valence oder Istanbul und Sydney, von Puerto Rico oder Lyon über Kairo, New York oder Havanna bis Peking, von Schanghai bis Senegal und bis Prag, Cetinje oder Cuenca ( und dies sind nur einige Beispiele). Diese „Biennalisierung" der Kunstwelt ist an sich nicht schlecht. Sie ermöglicht es dem Beobachter, dem Touristen und dem Interessierten, einen Querschnitt des aktuellen Kunstschaffens im Bereich der bildenden Künste zu sehen. Sie zeigt die gegenwärtige Dynamik dieses Schaffens und die Schwierigkeit, diese Dynamik auf die bereits übersättigte westliche Welt beschränken zu wollen. 

Ein Vorwurf, der den offiziellen Biennalen oft gemacht wird, ist jener der Uniformisierung. Die häufig selben Künstler, Kuratoren, Themen geben den Eindruck, von einer selben konzeptuellen und ideologischen Maschinerie beherrscht zu sein. Es ist eine gute Sache, regelmässig etwas für die Valorisierung des aktuellen Kunstschaffens zu tun, die Aufmerksamkeit in seine Richtung zu lenken. Es ist jedoch weit weniger gut, dieses Schaffen dem Diktat des Marktes, der vorherrschenden Mode und Kritik zu unterwerfen. Übertreiben wir nicht : wenn man hinter die Fassade der Normalisierung schaut, kann man sich immer noch ein Bild machen. Aber die Kulturindustrie hat ihre eigene Funktionsweise, ist ein etabliertes Universum für sich, arbeitet gerne mit bereits bekannten Akteuren, kurz : sie ist selbst das Spektakel, nicht unbedingt gegen die Kunst, sondern mit ihr und oft zusätzlich zu ihr. 

Die Biennale von Paris 2004 hat wenig gemeinsam mit den sakrosankten offiziellen Biennalen. Eine Biennale einer neuen Art ? Zweifellos. Schon dadurch, dass sie keinerlei offiziellen Charakter hat, sondern von einem Künstler, Alexandre Gurita, erdacht wurde. Weiters durch die Tatsache, dass sie sich nicht auf ihren Entstehungsort, Paris, konzentriert : ein Grossteil der Ausstellungen findet anderswo statt, in Kalifornien, Beirut, .... (was im Zeitalter der Vernetzung nichts Aussergewöhnliches ist - Mondialisierung verpflichtet). Und drittens dadurch, dass diese Biennale sich zu ihrer Armut bekennt, was Veranstaltungsorte, Mittel und Organisation angeht : dies ist der zu bezahlende Preis, in diesem Fall an die Nicht-Institutionalisierung, durch welche die Türen potentieller Veranstaltungsorte verschlossen bleiben. Das Budget der Veranstaltung ist extrem knapp bemessen, sogar für eine Biennale, die, man wird sich selbst davon überzeugen können, sehr „low cost" ist. Diese Biennale hat gute Chancen, eine Geisterveranstaltung zu bleiben, da sie nicht die Mittel hat, die Presse auf sich aufmerksam zu machen ( das Budget für die Kommunikation ist lächerlich gering ). Was nicht gesehen wird, existiert nicht, wie Warhol sagte. Das, worüber nicht geschrieben wird, existiert nicht viel mehr. 

Das Interessanteste am Projekt von Alexandre Gurita ist die grosse Wahrscheinlichkeit seines Scheiterns, um nicht zu sagen die eines totalen Fiaskos. Eine programmierte Wahrscheinlichkeit, die auf der Tagesordnung steht, mehr als virtuell ist. Während die Kulturindustrie grosse Besucherzahlen benötigt, symbolischen Profit oder sogar Rentabilität, will die Biennale von Paris 2004 gerade einmal ihr doch logisches Ziel erreichen, die Existenz. Diese Haltung, die an das Eingestehen einer Niederlage grenzt,  hat nichts Masochistisches an sich. Sie beweist einfach einen demonstrativen Willen. Im konkreten Fall geht es vor allem darum, folgendes Argument geltend zu machen : Das Kunstsystem ist derart institutionalisiert, dass kein Ausweg aus diesem Teufelskreis möglich scheint. Die Biennale von Paris 2004 ist arm ? Zweifellos deshalb, weil es keine andere Möglichkeit zu geben scheint. Weil Initiative die offiziellen Institutionen sehr wenig interessiert, ausser wenn Profit daraus zu schlagen ist, wie wir wissen. 

Dem Besucher, der sich mit der Biennale von Paris 2004 konfrontiert sieht, ist daher zu raten, sich keine Hoffnungen zu machen : keine Vernissagen in grosser Zahl mit offizieller Ansprache, kein kaltes Büffet, keine zu schüttelnden Ministerhände, keine effektheischende Szenographie in den lokalen Hochburgen des kulturellen Lebens, kein Hochglanz-Katalog. Nichts als Kunst schlussendlich, und auch dies Kunst, die um nichts in der Welt die (auf dem Markt) zu wiederverwertbare Form des Objekts annehmen will. Diese Realisierung von Beziehungen, welche die Biennale von Paris 2004 ist ( Kontakte knüpfen, Leute treffen, dies aber ohne Zwang, ohne Vorurteil oder Verführen-Müssen ) hebt sich auch durch ihren sehr definierten ästhetischen Inhalt ab : Aktivistische Kreationen mit kontextuellem Charakter werden bevorzugt, alles also, was sich nicht schubladisieren lässt und meistens unausstellbar ist. Alles auch, was nicht in den Kontext der Verführung passt. 

Die Biennale als Gegenstand von Vorstellung und Überlegung, ohne die Gewissheit, dass die Hypothese schlussendlich durch das konkrete Ereignis bestätigt wird. Ein Experiment, eine Erfahrung. »



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BDP2004
[biennale de Paris]
>From February 20th to  March 15th in Paris, in France and abroad


GENERAL PRESENTATION

The Paris Biennale 2004 [BDP2004] can be defined as the continuation of the Paris Biennale launched by Raymond Cogniat in 1959 and set up by André Malraux as he was Minister of Culture, and which ended in 1985. The target of that exhibition was to present an overview of young creativity worldwide, to create a place of experiences and meetings.  The Paris Biennale is an association under the law of 1901. The study of its program has started in June 2000. A supporting committee made of 170 organizations or people including 20th century Art references has been established. The BDP differs from all the other art events in the world, Venice Biennal, Documenta, Lyon Biennale, Münster,
and benefits from a worlwide known cultural heritage. The Paris Biennale is an art event that fosters a dynamic whose aim is to enhance today’s art and its neavest forms. Immaterial art works and advanced art forms are works of the mind embedded in the real world, which generate opportunities for thinking and awareness, or else belong to the realm of private, collective and social experience. Free from today’s overwhelming aesthetics, immaterial art works and advanced art can be defined as free thinking asserting itself. The BDP aims at giving back to Paris a major role major on the global art scene with the aid of its embeddedness from the first exhibition, in the network of major art events, as a main pole. Its other assets are its working as a large network, with core groups and interconnections, and also its stretching far beyond its host cities and countries. The BDP renews itself entirely, today’s reality is its reference. The form of the each artist’s participation in the BDP 2004 will depend on the very nature of his project requires. The works presented may be as diverse as a dinner party, a charity meal, a debate, a colloquium, a conference, showing a movie, a display shelf on which have been palced in formation leaflets hinting at the existence of an art work, a place or a participant in the BDP, a rendez-vous, by-products such as a sticker or a postcard, a running race, a chat, a service, a tasting session, an encounter, a concrete nothing ...


- The BDP2004 programmation is available on the website : http://www.biennaledeparis.org
- The BDP2004 catalogue is on sale from 20th February (523 pages, black & white, price : 100 €). 


- Foreword by Paul Ardenne.



« EXPERIENCE A BIENNALE
PAUL ARDENNE

In the last fifteen years, the number of contemporary art biennales has grown significantly: around ten in 1990, more than forty today.  And they seem to be spread though out the world, from Sharjah to Fortaleza and Valence or Istanbul and Sydney, from Puerto Rico or Lyon to Peking, to Cairo, New York, or Havana, from Shanghai to Senegal, all the way to Prague, Cetinié or Cuenca (and many other places). This "biennalisation" of the art world in not a bad thing.  It allows observers, tourists, or the curious to get an idea of the living creation in visual arts.  It explains the present dynamism of the latter, plus the difficulty of holding this dynamism within the borders of the western world, henceforth overflowing.  

If there is one criticism often made of official biennales, it is their standardizing function.  Even artists, even curators, even themes, frequently give the impression of subjecting themselves to the same conceptual and ideological machinery.  If it is a welcome thing to periodically validate living creation, to bring attention to it, it is not such a good thing to forward creation towards the imperatives of the market, trends, and criticisms in vogue.  Let's not be caricature-like: always wait and see, once the screen of normality is broken.  However, the cultural industry has its own way of working;  it manages a constructed universe, looks more willingly to already located actors to operate its selections, in short, it puts itself on show, not necessarily against art, but with it, and often adding to it.  

The biennale de Paris 2004 has very little to do with the corpus sacré of official biennales.  A biennale that is breaking away? Without a doubt.  First of all, in that it has nothing official about it, but was conceived by an artist, Alexandre Gurita.  Secondly, so as not to stagnate in the place of its establishment, Paris, a large part of the exhibition has been located in other places, in California, in Beirut...(nothing abnormal about that in this age of networks; globalization obliges it).  What's more, in assuming its great poverty in locations, in means, and in organization: the price to pay for non-institutionalization, whose effect is to keep the doors of potential locations closed, and because of the lack of financial help, the project's budget must be constrained to austerity (when the biennale is, as one can see, very low cost anyway).  Finally, due to an inability to get the press interested (the budget for communication is derisory), this biennale will, in all likelihood, remain a phantom manifestation.  "What is not seen, doesn't exist" said Warhol.  What is not glossed, does not exist much more.  

What is most interesting in Alexandre Gurita's project is the high probability of its failure, of it being a total fiasco.  A planned, scheduled probability that is more than virtual.  Meditate on that if you like.  When the cultural industry demands high attendance rates, symbolic returns, even profitability, the biennale de Paris 2004 demands all the more to make it to its logical end: existence.  This position on the edge of failure is not at all masochistic.  It is simply attached to a demonstrative willingness. Certainly, we must validate this argument: the system of art is at this point absorbed and surrounded by the institution and there seems to be no way out of its circle.  The biennale De Paris 2004 is poor?  Without a doubt because it can't seem to be otherwise.  Because free initiative hardly interests official institutions, except, as we all know, when it can recuperate it.  

In consequence, we advise the spectators of the biennale De Paris 2004 to abandon all hope: no big art openings with official speeches, hors d'oeuvres, and handshakes with ministers; pumped-up shows in major cultural localities; no sumptuous catalogue.  In the end there is only art, and still, art that won't, for all the world, take the recyclable form (in the market) of an object.  This relational realization that is the biennale de Paris (prospect, network, meet, but freely, without the constraining need to seduce) is unique in its well-defined esthetic content: priority given to active creations of the contextual type, that is to say, that escapes a clearly recognizable status in standardized categories and most of the time proves itself inexhibitable.  All that which also escapes seduction.  

The biennale de Paris is to be conceived and thought of without being sure that the hypothesis will be proved in the end by a concrete event. An experience. »


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BDP
BP 358 
75868 Paris Cedex 18 
Europe
France
Tél. : + (33) 1. 42. 94. 98. 45
E-mail : contact@ biennaledeparis.org
http://www.biennaledeparis.org






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