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Harald Welte laforge at gnumonks.org
Mon Mar 24 09:07:36 CET 2003


On Sun, Mar 23, 2003 at 01:04:26PM +0100, Florian Cramer wrote:
> Mit anderen Worten: Offene Standards sind nicht deckungsgleich mit
> freier Software. Wir können z.B. auf dieser Mailingliste schmerzlos
> kommunizieren und unsere Daten selbst dann ohne Kompatiblitätsprobleme
> und Informationsverlust austauschen, wenn einige Leute hier mit
> proprietärer E-Mail-Software arbeiten, solange diese sich sauber an die
> RFC-Standards hält.

Genau am Beispiel email sieht man aber auch die inhaerente Schwaeche von
offenen Standards ohne compliance-certification.... wie viele emails
bekomme ich jeden Tag, in denen z.B. das Umlaut-Encoding nicht stimmt.
Und das betrifft sowohl proprietaere email-clients, also auch
freie/offene Software (probiert doch mal, deutsche umlaute in einer
mailman-signatur zu verwenden, und schickt dann eine 7bit mail an die
liste (mailman 2.0.x).  schon habt ihr eine Mail mit Content-Type
us-ascii und 8bit sonderzeichen ohne angabe des charset. 

> Richtig, und welche Konsequenzen hat Microsoft daraus gezogen? Man hat
> dort gelernt, daß ein Desktop-OS für die Massen nicht funktioniert, wenn
> es bloß eine graphische Shell oberhalb eines nichtgraphischen OS ist,
> die nur eine kleine Untermenge des Systems abbildet und steuerbar macht,
> sondern daß man das ganze Betriebssystem von der Desktop-Benutzung
> her konzipieren und auf ein einheitliches Bedienschema umstellen
> muß. Diese Vereinheitlichung ist aber nur über Top-Down-Zentralisierung
> zu haben und widerspricht der Kultur und dem Entwicklungsprinzip Freier
> Software. 

ACK

> Auch Apple verfährt nach dem Zentralisierungs-Prinzip, wenn es
> ein freies Basis-System so standardisiert, daß bestimmte Wahlfreiheiten
> - wie etwa der zwischen verschiedenen MTAs - wegfallen, und wenn es dem
> ganzen ein proprietäres Einheits-GUI verpaßt.

auch die APSL, unter der das Basis-System steht, ist IIRC weder Frei
noch Open (im Sinne der FSF und der OpenSourceInitiative)

> Niemand kann *BSD oder GNU/Linux ernsthaft und sicher ohne
> Unix-Administrationskenntnisse benutzen; wer es nicht tut, ähnelt einem
> Piloten, der ein Flugzeug nur per Autopilot fliegen kann. Solange dies
> der Fall ist, ist Freie Software auf Privat-PCs nicht mehrheitsfähig und
> auf dem Desktop in wohldefinierten Anwendungssszenarien für Firmen und
> Behörden interessant, in denen qualifizierte Unix-Administratoren sich
> im Hintergrund um Konfiguration und Pflege der Installationen kümmern.

Richtig.  Letzteres trifft ja auch auf die Windows-Welt zu.  Nur sind
dort die Anforderungen [zumindest fuer die grundlegende Administration]
an die Admins (dank einfacher graphischer Tools, etc) nicht so hoch.
Aber auch dort gilt: Wer das System wirklich kennen+verstehen will, und
ueber feinheiten der konfiguration bescheid wissen will, muss einiges an
Kenntnissen erwerben.

> Die Frage ist, ob etwas anderes überhaupt wünschenswert ist. Alle
> Unix-artigen Betriebssysteme sind per Design nicht sicherer als
> heutige Windows-Versionen 

In dem Punkt moechte ich ganz grundlegend widersprechen.  AFAIK wird bei
Win* z.B. die GUI immernoch mit den hoechsten Privilegien der CPU,
sozusagen im Kernel-Modus betrieben.  Auch ansonsten gibt es wohl noch
einige Stellen, an denen die Grenzen deutlich staerker verwischt sind,
als im Unix-Bereich.

> Ein Volks-Linux wäre aller Wahrscheinlichkeit nach ein Alptraum mit
> Rechnern, deren Besitzer aus Bequemlichkeit nur als "root" arbeiten
> (so, wie es unter "Lindows" bereits geschieht), die per DSL-Flatrate
> im Netz stehen, ohne daß seit Monaten bekannte Sicherheitslöcher
> gestopft wären, dazu noch mit Billig-Hardware von Saturn und
> Mediamarkt, deren beigelegten selbstinstallierenden Linux-Treiber-CDs
> das System mit unsauber programmierten Kernelmodulen und
> Systembibliotheken verseucht haben.

Nunja, es gibt schon Gruende, warum sich nicht jeder Treiber (selbst wenn er
unter der GPL steht) im offiziellen Kernel-Tree wiederfindet...  wer das
dann ignoriert, ist selber schuld.

Es koennte sogar schlimmer als bei MS sein, nachdem MS ja zumindest
irgendeine Art von Treiber-Zertifizierung anbietet.  Was da genau
passiert, und was fuer Kriterien da sind, etc. kann ich auch nicht
sagen.

> > > (Nur ein arbiträres Beispiel: Das Freier Software und Unix
> > > traditionell zuneigte Rechenzentrum der FU Berlin stellt jetzt
> > > seine letzten Linux/X-Terminal-basierten Arbeitsplatzrechner auf
> > > Windows um, weil die Nutzer mit nur geringfügig anderen Systemen
> > > nicht mehr klarkommen und außerdem - womit wir beim Thema wären -
> > > ihre proprietären Office-Dokumente ausdrucken und weiterbearbeiten
> > > möchten.)

Das ist aus meiner Perspektive eben genau wieder der Falsche Ansatz.
Warum muss sich immer die Technik dem Anwender gegenueber beugen?  Darf
man nicht mal auch vom Anwender ein _bisschen_ Entgegenkommen verlangen,
um eine [mal angenommen] technisch bessere Loesung zu verwenden?

> > Letzteres ist keine Frage des Desktops und die Antwort heißt ohnehin
> > OpenOffice.
> 
> Nicht im Ernst.

Ach, ich kenne mittlerweile mittelstaendische Firmen, die _nichts_ mit
Computern oder Elektronik zu tun haben, und rein aus Gruenden der
aenderung des MS-Lizenzmodells Linux/OpenOffice Desktop-PC's verwenden.  

> -F

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- Harald Welte <laforge at gnumonks.org>               http://www.gnumonks.org/
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