[wos] Formatlabor

neuemethode at kein.org neuemethode at kein.org
Sat Jul 23 17:27:38 CEST 2005


Liebe WOS-Liste,
zunächst ein weiterer Titelvorschlag:
Open Worlds - Free Happyness
- ist not only about Software (anymore[?])
Variante des Untertitels: Wo Teilen keinen Mangel schafft o.ä.

Die dahintersteckende Idee ist, dass Glück und Lebensqualität nicht mit
dem Konsumniveau zusammenfallen und deshalb eher einer Logik unterliegen,
die in der digitalen Sphäre zu finden ist (Teilen schafft keinen Mangel,
Nicht-Null-Summen-Spiel) und dass sich die in der Freien Software/Open
Source Bewegung entwickelten Ansätze u.U. auf politische und andere
kulturelle Bereiche übertragen lassen. In diesem Zusammenhang schlage ich
einen weiteren Begriff vor: „Digitale Ökonomie“.
Als Thema würde ich auch die Frage nach dem Verhältnis von digitaler Welt
und realer Welt vorschlagen (wie spiegelt sich die verwendete Software in
den konkreten sozialen Beziehungen); höchst interessante wäre es, nach dem
Potential jenes Wissens zu fragen, welches im Bereich der Freien Software
und den mit ihr verbundenen Communities entstanden ist: Einerseits stellt
sich die Frage der Übertragung von den Strategien Freier Software auf
andere Bereiche, etwa auf den Bereich der Landwirtschaft und des Saatguts
und auf Medizin, andererseits könnten die in der Welt des Digitalen
entstanden neuen Formen der Arbeit, Produktion und Distribution ein Modell
für andere Bereiche bilden.

These: Die digitale Welt kann sich nicht mehr als isolierte Gegenwelt zum
realen Raum beschreiben, sondern muss sich an ihren realen
lebensweltlichen Auswirkungen messen lassen.

Ein weiteres Thema wäre die Frage der sozialen Exklusion und die
No-Border-Bewegung, interessant auch das V2V-Netzwerk: http://v2v.cc/

In unterschiedlichen Gesprächen habe ich mal ein bisschen versucht,
herauszufinden, wie das Image der WOS ist. Ich habe sehr Unterschiedliches
gehört. Alle fanden, so weit ich sehe, die Volksbühne als Ort gut. Ich
denke, dass der Ort eine große Chance ist, das Verhältnis von Freier
Software und anderen offenen und auf Emanzipation gerichteten Strukturen
zu behandeln und politischer und künstlerischer zu werden.


In diesem Zusammenhang ein paar Vorschläge:

Labor für experimentelle diskursive Formate
Eine wichtige Herausforderung der Konferenz besteht in der Selbstanwendung
ihrer Ansprüche und kristallisiert sich in der Frage, inwieweit sich
Freiheit und Offenheit in den tatsächlich stattfindenden Veranstaltungen
verwirklichen lassen. In Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Personen aus
dem Bereich des Theaters und der experimentellen Mediengestaltung und
Künstlern oder Initiativen könnte für die Zeit des Kongresses ein "Labor
für experimentelle diskursive Formate" (kurz „Formatlabor“) eingerichtet
werden.

In ihm soll versucht werden, Offenheit und Freiheit (bzw. Emanzipation)
nicht nur inhaltlich zu behandeln, sondern diese Werte als Maßstäbe auf
experimentelle Weise an den tatsächlich stattfindenden Diskurs anzulegen.
Es wäre einerseits möglich, am Kongress teilnehmende Theoretiker - wenn
sie Lust dazu haben - in experimentelle, theatralisch-künstlerische
Strukturen zu setzen, beispielsweise wäre es möglich, gemeinsame
Radiosendungen zu produzieren, in denen sich improvisierte Livemusik,
Einspielungen und Gespräche wie in einer Jamsession vermischen,
andererseits könnten hier auch vollkommen andere Personen auftauchen. Jede
Form der Distribution soll in der Regel mit einer Möglichkeit der
Kontribution einhergehen.

Das „Formatlabor“ könnte auf der Probebühne im 3.Stock eingerichtet werden
und in Kooperation mit unterschiedlichen Regisseuren, Künstlern und
Veranstaltern diskursiver Veranstaltungen realisiert werden. Der
Einfachheit halber könnte das Formatlabor als „künstlerisches
Rahmenprogramm“ in der Bewerbung auftauchen.

Erläuterung:
Die experimentellen künstlerischen Methoden entsprechen auf einer gewissen
Ebene der Software. Experimentelle Formate offen zu entwickeln, heißt, die
Methoden zur Formatentwicklung offen und gemeinsam zu entwickeln. Jeder
darf die methodisch festgelegten Formate benutzen, weiterentwickeln und
neue experimentelle Formate erarbeiten.
Neben der Arbeit an Formaten, stellt sich die Frage der Offenheit auf der
Ebene des Materials, (alternative Lizenzmodelle, Produktionsarchive etc.).
Da sich Gesellschaft in Formaten reproduziert, ist die Arbeit an
experimentellen Formaten, insbesondere wenn diese vor dem Horizont ihrer
gesellschaftlichen Wirkung reflektiert werden, ein wichtiger politischer
(und künstlerischer) Akt.

Arbeitsweise:
Gemeinsame Entwicklung experimenteller Formate (Konzepte)
Raum- und Lichtkonzeptionen mit den künstlerischen Leitern und
Bühnenbildern der einzelnen Projekte
Realisation des Raumgrundkonzepts für alle, das durch wenige Adaptionen an
die jeweilige Produktion angepasst werden kann
Offenes Weiterentwickeln der Formate und Reflexion der experimentellen
Formate vor dem Horizont ihrer gesellschaftlichen Wirkung

Damit man sich ein wenig was vorstellen kann, hier ein paar Ansätze für
experimentelle Formate. Die Beschreibungen werden wahrscheinlich nur
denjenigen etwas sagen, die in dem Gebiet über ein wenig praktische
Erfahrung verfügen. Man könnte natürlich vollkommen andere Formate
entwickeln und es handelt sich lediglich um eine erste Skizze. An den
Konzeptionen bzw. Experimenten waren Andrés Fuentes Cannobio, Michaela
Caspar, Mic Mikina, Manuel Bonik, Sascha Schmalenberg, Janus von Abaton,
Daniela Schiffer, Sanja Spengler, Christian Maria Goebel, Sophia Nabokov
u.a. beteiligt.


: MiniRadio
bezeichnet eine Inszenierung in der, die Produktion von der Live
stattfindenden Rezeption abgetrennt wird. Innerhalb des MiniRadios werden
die live auftretenden Gesprächspartner nur akustisch übertragen: Die
anschließende Diskussion findet in Anwesenheit statt. (more:
http://www.kein.org/keinwiki/MiniraDio )

: Live-TV
Live-TV kombiniert die Formate Theater und Talkshow. Vor einem Publikum
wird live eine Talkshow aufgezeichnet. Auf diese Weise können sehr
unterschiedliche Konfigurationen entstehen, die den Art des Aufbaus und
die Führung der Kamera betreffen. (more:
http://www.kein.org/keinwiki/LiveTv )

: Street-to-Studio-Talkshow
Ein oder mehrere Teilnehmer eines Radiogesprächs nehmen den Weg zum Studio
in Audio auf. Gemeinsam mit den Gesprächsteilnehmern wird das Band bzw.
die Bänder gesendet und angehört. Street-to-Studio-Talkshow ist ein
Format, das in sehr unterschiedliche Richtungen entwickelt und abgewandelt
werden kann. (more: http://www.kein.org/keinwiki/StreettoStudiotalkshow )

: Screen it!
Screen it! bezeichnet eine offene Veranstaltungsform, in der zu einem
bestimmten Thema Videos oder Videomaterial gezeigt werden. Integriert in
ein bestehendes Programm bekommt das Publikum die Möglichkeit,
mitgebrachte Videos zu präsentieren und zur Diskussion zu stellen. (more:
http://www.kein.org/keinwiki/ScreenIt )
Live-Probe
LIVE_PROBE ist ein paradoxes Format: Es kombiniert die Formate Probe und
Livesendung. Die Paradoxie kann in zwei Richtungen entlastet werden:
Entweder liegt die Konzentration tatsächlich auf der Probe oder aber das
Bewusstsein der Livesendung steht im Vordergrund und die Probe erscheint
nur als theatralische Form. (more: http://www.kein.org/keinwiki/LiveProbe
)

: Live-Radio-on-Stage
Im Format Live-Radio On Stage wird vor einem Publikum live eine
Radiosendung produziert.
In der Regel gibt es einen weiteren Raum, in den die Sendung übertragen
wird. Auf diese Weise kann das Publikum zwischen dem Zuschauen bei der
Produktion und der reinen auditiven Rezeption wechseln. (more:
http://www.kein.org/keinwiki/LiveradioonStage )


: Talkshow-in-Public-Space
Talkshow-in-Public-Space ist eine Talkshow im öffentlichen oder
halböffentlichen Raum. Zwischen Gästen oder sogenannten Experten findet
ein Gespräch statt. Dieses wird an einem Ort inszeniert, an dem es im
öffentlichen Raum in den Blick gerät und in der Regel von der Kontingenz
der Lebenswelt durchkreuzt wird.
http://www.kein.org/keinwiki/TalkshowinPublicspace


: Theorie-Disko
In einem Club werden zu einem bestimmten Thema vorher aufgenommene
Theoriegespräche und -monologe mit anderen Tracks und/oder Livemusik
gemischt. Das Ergebnis wird aufgenommen, sowie die gleichzeitig im Club
stattfindenden Gespräche, die sich idealerweise auf die theoretischen
Aussagen beziehen. (more:
http://www.kein.org/keinwiki/TheorieDisko )


Was sind Formate? => http://www.wmg-seminar.de/html/formate.htm



Videosalon / Theorie-Disko (Roter Salon)
Im Roten Salon könnten die auf der Konferenz aufgenommenen Materialien und
anderes zum Thema Passendes geremixt werden und unter
Real-time-Bedingungen immer neue Verrechnungsschleifen entstehen. Die
Abende könnten thematisch gerahmt werden und ab einem gewissen Zeitpunkt
allmählich in einen Club übergehen. Der Rote Salon wäre auch der richtige
Ort, alternative Videoproduktionsweisen vorzustellen. Dies alles könnte
gemeinsam mit einem Label oder einem entsprechenenden Zusammenschluss von
Labelns geschehen (Marke b o.ä.). Wichtig wäre es allerdings,
Verbindungspunkte zu schaffen. Mein Vorschlag für die Supervision wäre
Manuel Bonik (mail: manuel at nightacademy.net), er könnte sowohl den VJ-ing
Bereich kuratieren, als auch die Brücke zwischen Kongress und Club
inhaltlich gestalten, sowie die entsprechenden Labels einbauen. Wenn
Bedarf besteht, könnte ich mich auch im Videobereich beteiligen.

Glück zu allen!
till


-- 

http://www.wmg-seminar.de



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