[wos] [Fwd: Re: Formatlabor]

neuemethode at kein.org neuemethode at kein.org
Mon Jul 25 01:32:46 CEST 2005



---------------------------- Original Message ----------------------------
Subject: Re: Formatlabor
From:    "Pit Schultz" <pit.backup at gmail.com>
Date:    Sun, July 24, 2005 8:48 pm
To:      "neuemethode at kein.org" <neuemethode at kein.org>
Cc:      textzz at gmail.com
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schoen dass es eine diskussion zur wos orga gibt.
ein paar rasch runtergeschriebene kommentare.

bei allen positiva, wie zulezt dem fund der aufnahmen
bei archive.org ist es zeit fuer eine reorganisation,
nicht nur bei wos.

wikipedia mit wikimania ist ein gutes beispiel fuer
eine offene organsiationsform. d.h. mehrere
unabhaengige straenge mit eigenen "maintainern"
anstatt dieses enzyklopaedischen zentralismus
der den WOS veranstaltungen leider immer irgendwie
anhaftete. sicher die konferenz ist gut und wichtig,
 d.h. heisst aber nicht dass sie nicht besser sein koennte.

ganz wichig:
gerade die keynotes muessen besser werden.
es geht um gesamtgesellschaftliche zusammenhaenge
die am besten noch in der 1. wos rueberkamen.
hier braucht es konflikte, dialektik, gegenueberstellungen.

d.h. statt lessig, und diesem prediger moglen,
etwas das philosphisch und gesellschaftstheoretisch standards setzen kann,
die ja hierzulande eine gewisse tradition haben.

dabei ohne angst davor zu anspruchsvoll zu werden,
diese anbiederung an einen intellektuellen DAU
ist wirklich eine ungute entwicklung der mediengesellschaft.
das publikum wird im durchschnitt und im verhaeltnis
zu den zentren und repraesentaten des wissens,
proportional immer schlauer. da bin ich mir sicher.
und diesen optimismus muss man vorantreiben. es
ist der selbe wissens-optimismus der auch wikipedia
zu einem solch aussergewoehnlichen projekt gemacht
hat. hier geschieht, was mit linux auf software ebene
geschah. diese erfolge muessen als solche nicht
nur gepriesen und gefeiert werden sondern vor allem
besser verstanden werden.

auch die schwaetzer und schwafler verschiedenster
fernsehrunden muessen nicht wieder auftauchen.

wenn die "dritte welt" zur sprache kommt, braucht
es organisatoren die genau dieses panel mit
fingerspitzengefuehl um die doppelboedigkeit
des themas behandeln. gerne haette man eine
gegenueberstellung von negroponte (und AMD)
mit einem aktivisten wie roberto verzola,
vermittelt von jemand der sich in postcolonial
studies bestens zuhause fuehlt, wie z.b.
vom sarai center.

es lassen sich zig solcher kombinatoriken
entwickeln, wenn es darum geht praezise
die sollbruchstellen zu adressieren udn
gerne auch tiefzuschuerfen und mit wissen
um sich zu werfen wie in den besten zeiten
von weibel's ars electronica.

fragen die weiter aktuell sind:

- oekonomie, besitz, arbeit
- die politik der archive
- ebenen der implementierung (WSIS, softwarepatente, gema..)
- krise der medienkunst
- überwachungsstaat
- geschichte und tradition einer offenen wissensgesellschaft
- organisationsfomen und medienarchitektur

die frage ist grundsaetzlich: in welcher weise spielen computer und
internet eine *positive* rolle bei den politischen veränderungen der
zukunft. koennen internetkultur der neunziger, d.h. eine ethik
der hackerkultur modelle liefern mit weiterer gesellschaftlicher
relevanz.  also letztlich die oekonux frage.

wie war das mit dem konflikt zwischen dem datenschutzbeauftragen
und schily? das sind doch spannende debatten. holt sie
beide aufs podium! setzt einen hacker dazu. holt den hacker
den sie gerade aus UK nach USA ausweisen wollen. (er hatte
nach UFOS gesucht, anti-gravity drive.. unglaubliche story, siehe
bbc world "the interview")

das sich einkapseln laesst in usergruppen treffen regeln,
d.h. im informellen, es braucht keine repraesentation auf
folkloristischer ebene "wir und die linux kultur bla bla"..
und auch die vermittlungsarbeit des vermeintlichen insider
wissens auf spiegel-online niveau kann
nicht die hauptaufgabe sein. es schafft bloss brueche
und sprachbarrieren wo keine sein sollten.

die probleme liegen nicht an der oberflaeche bzw.
der verpackung, das war mal.
sondern in der tiefe, erfordern also
ein radikaleres jedoch nicht fundamentalistisches
herangehen.  darum ist die GPL ja weiter
wirksam und nicht eric raymonds neoliberaler
pragmatismus die grundlage der veraenderung,
sondern ein nebeneffekt ihrer nutzbarmachung.
die GPL wiederum muss endlich in den kontext
der aufklaerung gestellt werden, und genau
hier waere auch eine kritik angebracht.
entlang der adorno'schen skepsis.

weiterhin, waere ein panel zu karl popper und
open source spannend. falsifizierung und
debugging.  ein panel zur philosophie der
softwareentwicklung, pragmatismus
vs. idealismus.  agile programming macht
hierzu gerade die runde.

auszuklammern als anthropologische selbstvergewisserung
sind die interna und rituale der hackerkultur, slashdot kultur,
uni-kultur, kunst-kultur, musik-kultur, attac-kultur...
das interssiert niemanden ausser den beteiligten
selbst.  was viel eher fehlt sind die uebergreifend relevanten
intellektuellen impulse. die sprachspiele
kennen wir zur genuege. es ist davon auszugehen
dass technikkultur heute geisteswissenschaften durchdringt
und man nun mit den folgen einer etablierten postmoderne
zu kaempfen hat. die fankulturen sind effekte dieser
barockisierung der subkulturen. es macht sicher sinn
hier die ein oder anderen festivalartigen seitenprogramme
zu fahren, die genau diese treckie mentalitaet des sorge traegt.

die kleinen pragmatischen schliessungen hin zum
institutionellen, juristiktiven,die vorgenommen
wurden, zahlen sich nicht immer fuer die allgemeinheit aus,
auch wenn sie oft in ihrem namen geschahen.

z..b,. meine eigenen einwuerfe wuerden ja sonst nicht
weiterhin noetig sein, sie wurden immer wieder gerne im vorfeld als
richtungsweisende impulse wahrgenommen, aber haben sich gerade
deswegen nicht einschreiben duerfen. der zwang sich an die
produktion eines gewisses diskursiven mittelmasses anzupassen
konnte sich auch die WOS nicht entziehen. es geschieht unter
der devise der  VERMITTELBARKEIT.

das alleine schon waere ein thema fuer eine medienkritische
debatte.  dabei ist die wirksamkeit
durch die radikaltitaet der implikationen gegeben die durch technischen
modernisierungen am horizont aufscheinen. eine frage bleibt,
wird die ideologie der marktwirtschaft sich die dynamik im ganzen
einverleiben koennen, oder wird sie sich durch die implikationen
grundlegend aendern muessen. es ist ja nicht die islamische welt die eine
modernisierungskrise durchlaeuft, diese konfliktlinie wird nur anstelle
unserer eigenen unfaehigkeit uns den neuen bedingungen
anzupassen auf diese weise reproduziert/konstruiert.

man kann darum keine universellen generellen wissenfilter ueber die
gesamtorganisation legen sondern sollte einzelnen bereichen die
moeglichkeit geben jeweils fuer sich "abzuheben" und das publikum
mitzunehmen. d.h. es braucht viele konkurrierende
gesamtinterpretationen
und loesungsvorschlaege. eine art zukunftskongress voll mit methoden,
rezepten, erfahrungsberichten auf hohem niveau.

dabei zeigt das letztlich ein ausgebildetes problembewusstsein,
und konsequente intelligente lobbyarbeit zu erfolg fuehren koennen,  das
sollte praesentabel sein incl, der frage wie man daraus lernen kann.. 
siehe WSIS bzw. softwarepatente. diese fronten sollten oeffentlicher 
werden. cohn bendit waere auch interssant an dieser stelle.
um bei der demystifzierung der europa politik mitzuwirken die laengst
schon unserern oekonomischen alltag bestimmt.

bruno latour sollte eine keynote halten. michel serres,
die wenigen verbliebenen denker und keine rechtsanwaelte.

es wird zuviel in playdoyers, repraesentation und zu wenig in substanz
investiert.
pragmatik ist notwendig, aber sie muss auch ideen und reflektion
mitbedenken, sie muss die offenheiten suchen anstatt sie mit floskeln und
nerdigen details zuzuschuetten.

es passieren grossartige dinge die man
sich genauer anschauen kann: bundesnetzagentur,
breitbandoffensive, neuwahlen, krise in bruessel.
krise im bildungswesen. krise der oekonomie.
all das deutet auf tiefgreifendere veraenderungen.
und man sollte es unterlassen es fortwaehrend schoenzureden,
oder sich von letztlich halbgebildeten amis in
comic form zusammenfassen zu lassen.
sondern mit einem weiterhin MODERNEN der negativitaet faehigen
denken zu begegnen. wenn dabei brueche und
abgruende sich auftun, umso besser.

wenn es zu schraegen toenen kommt, sehr gut.
alles was die selbstzufriedenheit der heutigen fruehrentnerkultur
aufbrechen kann, die retro-fuenfziger und privatieriungsstrategien sollte
doch OK sein, oder?

eine gewisse komplexitaet und ausgedehntheit des praesentierten
wissens ist nicht genug, kann nicht hauptzweck sein,
oft mischt sich die eigene politik des diskurse zusehr ein.
ein allgemeines problem unserer vielseitig korrupten medienkultur.  wie
ist das ein leben ohne fernseher, lasst die leute darueber
berichten, vielleicht gibt es erste forschungsberichte.
ein panel zum thema "mediendiaeten" - statt der frage
der gewalt in computerspielen...

vielleicht waere es sinnvoll ein pluraleres modell, einer diskursiven
messe zu realisieren, mit oekonux, wikimania, und anderen
organisationskernen die jeweils im wettstreit um die intelligenz an einem
ort ein wahrhaft vielstimmiges WOS realisieren.

also mehr autonomie fuer die panel-organisatoren, sage ich mal
in der erkenntnis auch diesmal nicht mehr als nur einen anonymen
impuls zu geben.




-- 

http://www.wmg-seminar.de



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