[wos] Freie Software und Neoliberalismus

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Mon Jul 25 15:53:50 CEST 2005


WOS

1
Die entscheidende Frage ist, ob Freie Software einfach eine bessere und
letztlich marktaugliche(re) Form der Software wird und die Freie Software
Bewegung im Neoliberalismus aufgeht und damit Anteil hat an den damit
zusammenhängenden Exklusionsmechanismen, ohne aber ihre Funktion zu
reflektieren (dazu würden dann Diskurse über Kamele und Mode passen) oder
ob man sagt. Hier ist eine Bewegung, von der gesamtgesellschaftlich
Impulse ausgehen könnten, hier sind Formen der Arbeit entstanden, die
zeigen, dass andere Formen der Ökonomie möglich sind, und die anzeigen
könnten, dass es beispielsweise möglich wäre, Grundversorgung und damit
Lebensberechtigung von Arbeit zu entkoppeln, da auch ohne direkte
Bezahlung Leute hoch produktiv sein können.*

Das wäre u.U. ein Thema für eine Publikation. Hier könnte man mit
ungewöhnlichen neuen diskursiven Formen arbeiten: mit kollektiven
generativen „Zettelkästen“, mit der Verflüssigung von Sprechen/Hören und
Schreiben/Lesen etc. etc.

2
Das Verhältnis zwischen Freier Software und Content ist zentral: Gibt es
eine Möglichkeit offene diskursive Strukturen zu schaffen? Sollte man
versuchen, den Diskurs über die nächste WOS auf eine Ebene zu heben, wo
tatsächlich über Inhalte gesprochen wird und versuchen einen
entsprechenden Diskurs beispielsweise auf Rohrpost anzuzetteln oder wäre
es sinnvoller, eher „Experten“ (was immer das sein mag) zusammenzuziehen?

3
In welcher Beziehung stehen Freie Software und Content? Eine der
wichtigsten und spannendsten Fragen, ist, ob zwischen den Massenmedien der
privaten Kommunikation ein drittes Gebiet einer „medialen Öffentlichkeit“
entstehen könnte. Hier würde es vor allem auch um mediale Repräsentation
jener Gruppen und Themen gehen, die in den Massenmedien keine Plattform
haben. Insbesondere Freie Radio Kultur, die mit lokalen
Veranstaltungen verknüpft ist, könnte hier ein Modell darstellen.

4.
Was würde es heißen, Wissenschaft nach dem Modell der Offenheit zu
konzipieren? Könnte man Forschungsarbeiten konzipieren, die nicht
personell festgeschrieben sind, sondern die mit einem für jeden
zugänglichen Diskurs beginnen und am Ende die bezahlt werden, die
beispielsweise in der abschließenden Publikation vorkommen?
Was wäre, wenn man ein Modell anfangen würde auszuarbeiten, um einen
entsprechenden Antrag bei der DFG zu stellen, der rein inhaltlich
argumentiert und keine Referenzen enthält, einfach um die
Ausschlussmechanismen der Wissenschaft und damit ihre latenten (oder auch
gar nicht so latenten) Konstruktionsmechanismen offenzulegen?


5.
Die Frage ist einfach, stellt man sich auf die Seite der Exklusion, auch
auf die Gefahr hin, das eigene Karrierepotential nicht voll auszuschöpfen
und sich vielleicht sogar lächerlich zu machen, oder bleibt man im
Sinnrahmen von bürgerlicher Karriere und Fun. Aber das muss natürlich
jeder selbst für sich entscheiden.

* Unsere These ist, dass das Problem der Arbeitslosigkeit sich solange
zuspitzen wird, bis Arbeit und würdige Grundversorgung voneinander
entkoppelt werden.

Glück zu allen
t.




-- 

http://www.wmg-seminar.de



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