[rohrpost] FYI: Sieben Thesen zur Lage

Alex Schroeder rohrpost@mikrolisten.de
Mon, 24 Sep 2001 11:19:35 +0200


"Marco Vogts" <wb@woerterberg.de> writes:

> fuer mich klingt, was Du auf Chr. Spehr erwiderst, als haettest Du
> zu lange dem in zaghafte B=FCndnistreue verkleideten j=E4mmerlichen
> Stumpfsinn zugeh=F6rt, den die Bundesregierung von sich gibt.
> Sorry.

Verstehe ich nicht -- wenn es dir wirklich leid tut ("Sorry"), dann
h=E4ttest du doch einfach den Satz wieder l=F6schen k=F6nnen?  Also vermute
ich, dass es dir eben nicht leid tut.

>>Mit einem bequemen Pazifismus, der jede Gegenhandlung mit
>>realistischer Erfolgschance f=FCr unm=F6glich erkl=E4rt, macht man es sich
>>zu leicht.
>
> Glaubst Du denn wirklich an einen moeglichen "Erfolg" einer solchen
> Politik?  Bin Laden tot, Problem geloest - oder wie? Ist doch nicht
> Dein Niveau.

Deine Interpretation ist =FCberrissen.  Aus "bequemer Pazifismus
... macht es sich zu leicht" l=E4sst sich nicht herleiten: "Wir m=FCssen
Bin Laden t=F6ten".  Da gibt es noch eine Menge weitere
Interpretationen.  Zum Beispiel: "Wir r=FCsten uns f=FCr bewaffnete
Eins=E4tze in Krisengebieten und bringen so Kriegsverbrecher vor
Gericht.  Damit hoffen wir, die T=E4ter zu bestrafen.  Gleichzeitig
sch=FCtzen wir so unsere Aufbau Helfer vor =DCbergriffen.  Uns ist klar,
dass das Problem damit nicht gel=F6st ist, aber es ist sicherlich besser
als gar nichts zun."

>>Auch eine U.N. gibt es nicht ohne Friedenstruppen.
>
> Wenn ueberhaupt: Hat irgendjemand (Bush, Blair, Schroeder etc.)
> zuletzt ernsthaft die UNO erwaehnt?  Also.

Auch hier bezieht sich dein Argument nicht auf die vorherige Position.
Selbst wenn niemand die UNO erw=E4hnt hat, kann die UNO bei gewissen
Aktionen nicht auf bewaffnete Truppen verzichten.

>>Man stelle sich einmal das Umgekehrte, in kleineren Dimensionen,
>>vor: Auf den Reisebus moslemisch-arabischer Touristen wird in
>>Deutschland von Neonazis eine Brandbombe geworfen, alle Insassen
>>sterben
>
> Das sind nicht mal Aepfel und Birnen.

Die Gemeinsamkeit liegt nicht bei den Motiven der Tat sondern bei der
Rationalisierung:

>> z.B. die Teilung Deutschlands oder gar die Entsch=E4digungszahlungen f=
=FCr
>> NS-Zwangsarbeiter als kollektive Traumata und zwar nicht legitime, aber
>> psychologisch und kulturell verst=E4ndliche Motive identifiziert; nach d=
em

Ich interpretiere das so: Durch dieses Beispiel soll verdeutlicht
werden, dass man eben aus der Vergangenheit heraus *keine*
Legitimation f=FCr Attentate herleiten kann.  Und somit finde ich den
Bezug zum WTC Anschlag und den Rationalisierungen gegeben.

Zu kl=E4ren bleibt h=F6chstens noch, *wer* hier rationalisiert.  In den
Zeitungen die ich lese, hat eigentlich niemand Verst=E4ndnis f=FCr die
Attent=E4ter gezeigt.  Ein tunesischer Bekannter meiner Freundin hat
sich am Telefon allerdings die Bemerkung erlaubt, dass es den
Amerikanern ja recht geschehe -- auch wenn es ihm um die Opfer leid
tue.  Der tunesische Bekannte rationalisiert hier also.  W=FCrde ich
zudem diese Einstellung entschuldigen, dann w=FCrde ich im oben
genannten Sinn auch rationalisieren.

Alex.
--=20
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Coffee should be black as hell, strong as death and sweet as love.
	-- Turkish proverb