[rohrpost] n0name nachrichten #130a

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n0name nachrichten #130a & b Di., 07.10.2008 11:02 CET

*Inhalt/Contents*

1. radi0.tv "Wohnzimmerkonzerts"
2. Guenther Sandleben "Crash & Crisis.
   Bankenkrach, Wirtschaftskrise, Dollar-Crash"
3. 38317
   "War(e)house"
4. Rezension von Sabine Nuss. _Copyright & Copyriot_ 33

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130b 34 KB, ca. 11 DIN A4-Seiten

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    O
   /|\
   /\ radi0.tv
"Wohnzimmerkonzerts"
Mosh Mosh (Berlin/Zuerich)
39317 alias Guido Braun (Frankfurt/M.)
38317 (Berlin)
Sa., 1.11.2008 21 h
Manteuffelstr. 70 4. Etage
10999 Berlin-Kreuzberg

Die besten Huren haben die besten Autos / Die schoensten Callboys 
haben die schoensten Wohnungen

Das nicht-alternative Radio radi0.tv. ist wieder da und versucht es 
mal mit Konzerts. Kommt alle zu den Wozikons! Lebend im Leben, oder 
der Bibliothek, oder im Garten (bei -10°?) ...
Aber der Einlass ist begrenzt. Achtet auf die Flyer mit dem hoelzernen 
Berliner Fernsehturm und dann immer der schleichenden Gentrifizierung 
nach.

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2.

Guenther Sandleben

Crash & Crisis.
Bankenkrach, Wirtschaftskrise, Dollar-Crash

Spätestens seit der spektakulären Pleite der US-Bank Lehman Brothers 
und der Beinahe-Pleite des US-Versicherungsriesen AIG redet die 
Finanzwelt von der „schlimmsten Finanzkrise seit der Großen 
Depression 1929/1932“. Von der US-Notenbank Fed erhielt AIG gegen die 
Option auf eine 80-prozentige Beteiligung den dringend benötigten 
Kredit von 85 Mrd. US-$. In diesem Jahr sind bereits elf 
Finanzinstitute in Amerika Bankrott gegangen; von den fünf großen 
Investmentbanken sind noch zwei übrig geblieben, Goldman Sachs und 
Morgan Stanley. Unter dem Druck der Kreditkrise gaben selbst diese 
verbliebenen US-Investmentbanken ihren Sonderstatus auf und sind nun 
gewöhnliche Kreditbanken. Alan Greenspan, der ehemalige Präsident 
der US-Notenbank Fed sprach im US-Fernsehsender ABC News von einer 
Krise, wie sie nur alle 50 bis 100 Jahre vorkommt. „Das übertrifft 
ohne Zweifel alles, was ich je gesehen habe, und es ist längst noch 
nicht überwunden“. Die Krise hat sich inzwischen weiter zugespitzt, 
so dass sich die US-Regierung gezwungen sah, ein Notpaket in Höhe von 
700 Mrd. US-$ zum Ankauf fauler Hypothekenkredite zu schnüren. Diese 
geplante Rückkaufaktion besitzt eine neue Qualität im 
Krisenmanagement. Über die bisherigen punktuellen Hilfsaktionen 
hinaus sollen jetzt die zweifelhaften Kredite selbst, über die bereits 
etliche prominente Finanzinstitute gestolpert waren, durch den Staat 
übernommen werden. Die Staatsverschuldung, die bereits bei 9,7 
Billionen Dollar liegt, wird sich weiter erhöhen. Schon ohne die 
Notmaßnahmen hatte die US-Regierung für 2009 ein Defizit von 438 
Milliarden Dollar eingeplant. Nun wird die Billionen-Dollar-Grenze 
überschritten. In der Phantasie der Finanzwelt verfügen Regierung und 
Notenbank über grenzenlose Macht. Sie scheinen die Fähigkeit zu 
besitzen, jede Krise zu bezwingen. Es ist dieser Mythos von der 
Beherrschbarkeit der Krise, der dem Trio - bestehend aus Fed-Chef 
Ben Bernanke, dem US-Finanzminister und langjährigen Chef der 
Investmentbank Goldman Sachs und Timothy Geithner, Chef der New 
Yorker Fed-Filiale und erprobter Regierungsfachmann für die Aufsicht 
über den Finanzsektor - die volkstümliche Bezeichnung „Komitee zur 
Rettung der Welt“ eingebracht hat. 
Wie weit diese Macht tatsächlich reicht und wer von den künftigen 
Staatsaktionen betroffen sein wird, soll dieser Artikel zeigen.
Bei aller Dramatik der Ereignisse fällt auf, dass die 
Finanzöffentlichkeit die Krise überwiegend als ein vom ökonomischen 
Gesamtprozess abgetrenntes Phänomen interpretiert, als 
durch „Gier und Größenwahn“ ausgelöste Schockwellen an den 
Finanzmärkten, nicht aber als der nur auffälligste Teil einer 
Ökonomie, die in sich instabil ist und deren innere Widersprüche sich 
in Gestalt von Krisen zuspitzen. Wenn aber die Krise im tiefsten 
Inneren der Wirtschaft ihre Wurzeln hat, dann lässt sie sich 
keinesfalls durch bloße Geld- und Kreditmanipulationen oder durch eine 
Ausweitung der Staatsverschuldung beheben. Die Gesamtkonjunktur 
selbst muss thematisiert werden, um das wirkliche Ausmaß der 
Finanzkrise zu erfassen und um eine Vorstellung darüber zu erhalten, 
welchen Handlungsspielraum Regierung und Notenbank überhaupt besitzen.

1. Bankenkrach und Wirtschaftskrise

Die Brisanz der gegenwärtigen Krise besteht nicht allein darin, dass 
die zusammenbrechenden Finanzinstitute Regierungen und Notenbanken in 
Feuerwehren verwandeln, die ausrücken, um das immer wieder offen 
ausbrechende Feuer eines scheinbar geheimnisvoll schwelenden Brands zu 
löschen. Die besondere Brisanz kommt dadurch herein, dass es bereits 
brennt, noch bevor die Auswirkungen einer allgemeinen Wirtschaftskrise 
das Feuer so richtig entfachen. Denn noch wächst die Wirtschaft in 
bedeutenden Regionen der Welt, und selbst die US-Ökonomie wies für das 
erste Halbjahr 2008 moderate Wachstumsraten auf. 
Dem Brand vorausgegangen war eine durch den allgemeinen 
Wirtschaftsaufschwung verursachte rasche Ausweitung des Kredits, die 
zu dem Bedürfnis führte, neue Kreditinstrumente einzusetzen, auf die 
noch zurückzukommen ist. Als kritischster Teil erwiesen sich dabei die 
Immobilienkredite. Niedrige Zinsen begünstigten eine steigende 
Nachfrage nach Immobilien; steigende Immobilienpreise ließen weitere 
Immobilienkäufe als attraktiv erscheinen. Mit dem Anstieg der 
Immobilienpreise wuchs die Möglichkeit für weitere Kredite, indem 
die teueren Immobilien zusätzliche Sicherheiten etwa für 
Konsumentenkredite boten.
Die Spirale drehte sich immer weiter, bis eine nachlassende 
Bauwirtschaft die Gegenbewegung einleitete. Es waren die 
Zahlungsausfälle am US-amerikanischen Markt für Hypothekarkredite mit 
geringer Bonität (Subprime), die dann Mitte 2007 zur Bankenkrise 
führten. Die Banken misstrauten einander, liehen sich kein Geld mehr, 
so dass der Geldhandel zusammenbrach. An die Stelle traten die 
Notenbanken und stellten den Banken das Geld zur Verfügung, das sie 
sich sonst untereinander geliehen hätten. Das Kreditsystem schlug ins 
Monetärsystem um. Diese Situation hat sich inzwischen weiter 
verschärft. Trotz der Bereitstellung gigantischer Geldsumme führten 
Zahlungsausfälle zu der Bankenpleite, die mit der Verstaatlichung der 
beiden größten Hypothekenbanken des Landes, dem Zusammenbruch von
 Lehmann Brothers und den sich anschließenden Feuerwehraktionen von 
Regierung und Notenbanken einen neuen Höhepunkt erreichten. 
Die Feuerwehren verausgaben sich. Die Banken, die bislang überlebt 
haben, verlieren ihre Reserven, sind bereits erschüttert, noch bevor 
die Folgen der allgemeinen Krise in Form einer Pleitewelle aus der 
Wirtschaft spürbar sind. Solche Zahlungsausfälle kommen demnächst auf 
die Banken zu! Hier liegt die besondere Brisanz der gegenwärtigen 
Situation. Denn gewöhnlicher Weise folgt die Bankenkrise einer 
allgemeinen Wirtschaftskrise, so dass dann ein durch den 
vorangegangenen Aufschwung genährtes Bankensystem schon etliche 
Belastungen verkraften kann, bis die Zahlungsausfälle der Wirtschaft 
zu ernsthaften Erschütterungen führen. Nur wenn diese Pleitewelle zu 
groß wird, wie das in einer schwereren Wirtschaftskrise der Fall ist, 
brechen Banken zusammen. Nun ist das gegenwärtige Finanzsystem schon 
vorher stark erschüttert. Sollte zudem die allgemeine Wirtschaftskrise 
mit ihren Zahlungsausfällen stärker als gewöhnlich ausfallen, dann 
könnte daraus eine große Depression entstehen, eine gewaltige Krise 
nicht nur der Finanzmärkte sondern der gesamten Ökonomie mit all 
ihren sozialen und politischen Auswirkungen auf die verschiedenen 
Klassen der Gesellschaft sowie auf die Beziehungen der Staaten 
untereinander. Wie ist die Gesamtkonjunktur zu beurteilen, wie stark 
wird der Abschwung der Wirtschaft sein, der bevorsteht?

2. Wechsel im Tempo der Weltmarktentwicklung

Kapitalistische Entwicklung verläuft in Form von Akkumulationszyklen. 
Solche Krisenzyklen bestehen aus mehreren Phasen, aus der eigentlichen 
Krise, worin sich die Widersprüche der gesamten kapitalistischen 
Ökonomie zuspitzen, aus dem allgemeinen Rückgang der 
Geschäftstätigkeit, der häufig zu einer Pleitewelle in der Wirtschaft 
und zu erheblichen Belastungen des Bankensystems führt und 
schließlich aus der Phase der Ruhe oder Stagnation, gewissermaßen 
die melancholische Phase des Kapitals, in der sich die Angst legt, 
aber die Unsicherheit über den Fortbestand der kapitalistischen 
Ordnung fortschwingt. Es folgen die wieder aufwärts gerichteten 
Konjunkturphasen, zunächst die Erholung, dann die Prosperität, die 
schließlich in die Phase der Überproduktion übergeht. Nimmt man 
diese Phasenfolge ernst, dann stehen wir ziemlich am Beginn einer 
Krise, mit den bekannten Symptomen wie wachsende Absatzstockungen, 
rückläufige Produktion, Vernichtung von Kapital, Firmenpleiten mit 
hohen Kreditausfällen bei Banken, Banken- und Finanzkrisen, 
Entlassungswellen, Druck auf die Löhne, erneute Versuche seitens der 
Unternehmer, die Arbeitszeit auszuweiten.

Konjunkturmuster und lange Wellen der Akkumulation

Das Ausmaß dieser Abwärtsbewegung hängt davon ab, ob der 
Krisenzyklus in eine eher ansteigende oder abfallende Welle der 
Akkumulationsbewegung eingebunden ist. In einer Phase beschleunigter 
Akkumulation, wie sie beispielsweise in etlichen Ländern zwischen 1950 
und 1972 anzutreffen war, fielen die zyklischen Krisen äußerst milde 
aus, der allgemeine Rückgang der Geschäftstätigkeit zeigte sich – wie 
in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten in China – meist nur in 
rückläufigen Wachstumsraten. Die abwärts gerichteten Phasen waren aber 
nicht nur weniger intensiv, sie fielen zudem kürzer aus. Umgekehrt 
verhielt es sich mit den aufwärts gerichteten Phasen: Gerade erst 
eine Konjunkturflaute durchlaufen, setzte sogleich eine kräftige 
Erholung ein, gefolgt von einer stürmischen Prosperität. Die 70er 
Jahre bis Anfang der 80er Jahre produzierten dann auf der Grundlage 
einer tendenziell verlangsamten Akkumulationsphase ein anderes 
Konjunkturbild. Nun traten die Krisen stärker hervor, die rückläufige 
Geschäftstätigkeit zeigte sich in längeren Perioden des 
Produktionsrückgangs, die Erholung setzte verzögert ein und der 
Prosperität fehlte die kräftige Aufwärtsdynamik. 
Ein solcher Wechsel im Konjunkturmuster scheint schon früher 
vorgekommen zu sein, wie wirtschaftsgeschichtliche Untersuchungen 
zeigen. "Der Unterschied im Verlauf der Konjunkturschwankungen in 
den einzelnen Perioden ist gewaltig“, schrieb beispielsweise der 
Leiter der Statistischen Abteilung des ADGB Wladimir Woytinski Anfang 
der 30er Jahre. Bezug nehmend auf die statistischen Untersuchungen 
Spiethoffs errechnete er folgenden prozentualen Anteil der Zahl der 
Stockungs- und Aufschwungsjahre für verschiedene Akkumulationsspannen.


   -------------------------------------------------------------
   |                             | Aufschwungs- |  Stockungs-  |
   |                             |    jahre     |    jahre     |
   |-----------------------------|--------------|--------------|
   | Stockungsspanne 1822-1842   |   43 v.H.    |   57 v.H.    |
   | (England)                   |              |              |
   |-----------------------------|-----------------------------|
   | Aufschwungsspanne 1843-1873 |   68 v.H.    |   32 v.H.    |
   | (Deutschland)               |              |              |
   |-----------------------------|-----------------------------|
   | Stockungsspanne 1874-1894   |   29 v.H.    |   71 v.H.    |
   | (Deutschland)               |              |              |
   |-----------------------------|-----------------------------|
   | Aufschwungsspanne 1895-1913 |   79 v.H.    |   21 v.H.    |
   | (Deutschland)               |              |              |
   -------------------------------------------------------------

„Es ist dabei noch zu berücksichtigen“, fährt Woytinski fort, „dass 
die Krisen in einer Stockungsspanne härter und die Aufstiege der 
Wirtschaft schwächer sind als in einer Aufschwungsspanne."[1]
Der in Deutschland lebende russische Sozialist Parvus (A.L. Helphand) 
hatte noch früher auf solche Perioden hingewiesen: “Es gibt also 
Perioden einer verlangsamten und einer beschleunigten Entwicklung der 
kapitalistischen Weltproduktion. So hatten wir in der zweiten Hälfte 
des 19. Jhds. die wirtschaftliche Depression, die sich auf allen 
Gebieten geltend machte, und haben jetzt eine neue Sturm- und 
Drangperiode der kapitalistischen Entwicklung, die mit dem 
industriellen Aufschwung der 90er Jahre einsetzte.”[2] Seit dieser 
Zeit ist die Diskussion über Lange Wellen der Konjunktur nicht mehr 
verstummt.[3] Auch von bürgerlicher Seite wurde das Thema „Lange 
Wellen der Konjunktur“ gelegentlich aufgegriffen, wie beispielsweise 
von dem österreichischen Ökonom J. A. Schumpeter.
Einige Jahre nach Parvus haben die beiden Holländer J. van Gelderen 
(1913) und später S. de Wolff (1924) sowie der Leiter des Moskauer 
Instituts für Konjunkturforschung Kondratieff (1922/1926) solche 
längeren Perioden der kapitalistischen Produktionsentwicklung als 
Lange Wellen der Konjunktur interpretiert, die mehr oder weniger 
regelmäßig auftreten und eine Zeitspanne von durchschnittlich etwa 
50 Jahre umfassen würden. Anfang der 60er Jahre prognostizierte der 
marxistische Ökonom Ernest Mandel das baldige Ende der 
Nachkriegsprosperität. Mandel kommt in seinem Buch „Der 
Spätkapitalismus“ zu dem Ergebnis, dass die “Existenz solcher langen 
Wellen angesichts des erdrückenden Beweismaterials kaum in Abrede 
gestellt werden kann.” Verschiedene Schlüsselindikatoren wie die 
Industrieproduktion oder der Welthandel würden gut abgrenzbare 
Perioden unterschiedlicher wirtschaftlicher Dynamik aufweisen.

Umschlag in eine Phase verlangsamter und instabiler Akkumulation

Nun gibt es etliche Hinweise darauf, dass der gegenwärtige 
Akkumulationsprozess einen Phasenwechsel durchlebt, ein Wechsel von 
einer vergleichbar stabilen Phase der Akkumulation hin zu einer 
instabilen, verlangsamten Akkumulation. So haben sich Welthandel und 
Produktion seit Anfang der 90er Jahre ohne größere Rückschläge rasch 
ausgeweitet. Gründe dafür sind zunächst die Sturm- und Drangperioden 
des Kapitals in China und in anderen asiatischen Ländern, wo die 
Investitionsquoten teilweise (wie China) bei mehr als 40 % liegen. 
Hinzu kommen neuerdings die Golfstaaten, die ihre hohen Öleinnahmen 
für den Ausbau ihrer Industrie und ihrer Infrastruktur ausgeben. Auch 
die Öffnung der mittelosteuropäischen Märkte hat seit den 90er Jahren 
neue Anlagesphären für das Kapital geschaffen.  
Die beschleunigte Akkumulation ist noch auf einen weiteren wichtigen 
Umstand zurückzuführen. Technologische Veränderungen haben neue 
Industrien entstehen lassen. Dazu zählen Technologie-Sprünge im 
Bereich der Computer-, Informations- und Kommunikationstechnologie, 
der Energieerzeugung (solare Energie, Windenergie) und in der 
Biotechnologie. Solche Produktivkraftentwicklungen gehen mit hohen 
Extraprofiten einher, die zu einer Quelle beschleunigter Akkumulation 
werden. 
Der Aufbau neuer Industrien samt der dazu gehörenden Infrastruktur 
beinhaltet eine anhaltend starke Nachfrage nach Produktionsmitteln 
verschiedenster Art. Außerdem werden Arbeitskräfte benötigt, so dass 
zugleich die Nachfrage nach Konsumgütern steigen muss. Es ist also ein 
ganzer Sektor entstanden, der während der Aufbauphase zunächst nur 
kauft, ohne selbst zu verkaufen. Das kehrt sich erst später um, wenn 
die erstellten Produktionsanlagen anfangen zu produzieren. Dann wird 
in Höhe des verbrauchten fixen Kapitals mehr verkauft als gekauft. 
Der Umschlag des fixen Kapitals schafft also die Notwendigkeit des 
zeitlichen Auseinanderfallens von Kauf und Verkauf. 
Solange aber die Nachfrage überwiegt, wirken sich die Wachstumsimpulse 
des neuen Sektors selbst in entfernteren Wirtschaftsbereichen aus. 
Diese Phase besteht seit etwa 20 Jahren und hat zu einer enormen 
Erweiterung des Weltmarkts geführt. 
Beeindruckt von dieser Entwicklung sprechen etliche Beobachter von der 
Globalisierung als einer neuen Phase des Kapitalismus oder gar vom 
„Weltkapital“ (Robert Kurz), das die Nationalökonomie und den 
Nationalstaat aushöhlen, schließlich sogar beseitigen würde. In 
Wirklichkeit handelt es sich nur um einen gewöhnlichen Rhythmus des 
Weltmarktes, der abwechselnd mal stärker mal schwächer wächst, oder 
gar schrumpft wie im Zuge und nach der Weltwirtschaftskrise 1929/1932. 
Heute blicken wir auf eine Phase beschleunigter Akkumulation und auf 
einen stürmisch gewachsenen Welthandel zurück. Die gesamte 
Weltproduktion ist auf eine neue, viel umfassendere Stufe gehoben. 
Folge davon war, dass die Krisenzyklen weniger stark ihre kritischen 
Seiten offenbarten. Die konjunkturelle Prosperität verlief in etlichen 
Ländern sehr stürmisch, in den meisten Ländern akzentuierter als 
sonst, während der Rückgang der Produktion gering war oder sich gar 
nur in rückläufigen Wachstumsraten zeigte. Größere Weltmarktkrisen hat 
es seit Anfang der 80er Jahre nicht gegeben.
Diese Phase scheint auszulaufen, so dass nun die kritischen Phasen 
des Konjunkturzyklus stärker in den Vordergrund treten. Denn die im 
Zuge des Aufbaus neuer Industrien und ganzer Industriezweige 
geschaffenen neuen Kapazitäten werden mehr und mehr genutzt und 
vergrößern das Angebot. Auf der anderen Seite sind die Großprojekte 
weitgehend abgeschlossen, der Nachfragesog lässt also nach. Das 
Angebot könnte deshalb schon bald tendenziell größer sein als die 
Nachfrage, mit der Folge, dass die Sturm- und Drangperiode des 
Kapitals in eine länger anhaltende Periode verlangsamter und 
instabiler Akkumulation übergeht. Die abwärts gerichteten Phasen des 
Konjunkturzyklus’ wie Krise und Rückgang der Produktion werden 
voraussichtlich stärker ausfallen und die zyklische Prosperität wird 
eine geringere Aufwärtsdynamik besitzen. Auf ökonomischem Gebiet muss 
mit turbulenten Zeiten gerechnet werden.    
Noch einmal zurück zu den großen Akkumulationswellen in der Geschichte 
des Kapitalismus. Greifen wir die übliche Datierung auf, wie sie 
beispielsweise bei Mandel[4] zu finden ist, dann könnte die 
Fortschreibung der Zahlen folgendermaßen aussehen:

Phase verlangsamter               Sturm- und Drangperioden
Akkumulation                      des Kapitals

1825 bis 1847                     1848 bis 1873
1874 bis 1893                     1894 bis 1913
1914 bis 1939                     1940(1948) bis 1967
1968 bis 1982*                    1983* bis ca. 2008*
Ab 2009* (?)
                                  *Eigener Datierungsvorschlag 

Folgendes lässt sich zusammenfassend sagen: Die Anhaltspunkte mehren 
sich, dass wir vor einem großen Wechsel im Tempo der 
Weltmarktentwicklung stehen. Es ist damit zu rechnen, dass die Krise 
und der darauf folgende Produktionsrückgang stärker ausfallen werden. 
Im Zuge schärferer Krisen und stärkeren Absatzstockungen nimmt die 
Wahrscheinlichkeit von größeren Firmenzusammenbrüchen und hohen 
Zahlungsausfällen zu. Die eigentliche Kreditkrise steht noch bevor! 
Sie trifft auf ein bereits geschwächtes Finanzsystem, das – wie wir 
nun sehen werden – auch durch technische Veränderungen anfälliger 
geworden ist.

3. Änderungen im Finanzsystem

Die zurückliegende Sturm- und Drangperiode des Kapitals hat nicht nur 
den Welthandel samt der Produktion auf eine neue, viel umfassendere 
Stufe gehoben, sie hat nicht nur dort die Computer-, Informations- und 
Kommunikationstechnik revolutioniert, sie hat durch ihr wachsendes 
Bedürfnis nach Kredit das Kreditsystem selbst in einigen Bereichen 
revolutioniert. Dazu zählt die wachsende Verflechtung von Bankgeschäft 
und Kapitalmarkt, in deren Verlauf neue Kreditinstrumente geschaffen 
wurden.

Verbriefung von Forderungen

Vergab früher eine Bank einen Kredit, dann blieb sie in der Regel 
Gläubiger, solange der Kredit lief, und trug das entsprechende Risiko 
(„originate and hold“). Dies ist nun anders. Banken übernahmen in den 
zurückliegenden Jahren von kleinen lokalen Volksbanken Tausende von 
Hypotheken, schnürten sie zu riesigen neuen Bündeln zusammen und 
ließen sie von Moody’s oder Standard & Poors oder Fitch bewerten. 
Anschließend wurden dann diese Hypothekenpfandbriefe an Pensionsfonds, 
Hedge-Fonds oder an andere Banken verkauft. 
Mit dem Instrument der Verbriefung von Forderungen lassen sich auch 
andere Kredite in handelbare Wertpapiere verpacken, seien es nun 
Hypotheken, Verbraucherkredite, Kreditkartenforderungen oder Darlehen 
an Unternehmen oder für den Autokauf. Diese Kredite sind durch 
einfachen Kauf und Verkauf der Papiere handelbar. Kreditrisiken 
können so von Amerika nach Europa wandern.
Der Markt für Verbriefung von Forderungen ist gigantisch: Das globale 
Neuvolumen lag 1997 bis 2002 bei durchschnittlich 500 Mrd. US-$. Es 
stieg dann rasant auf mehr als 2.000 Mrd. US-$ in 2006 an. Im Januar 
2007 betrugen die Forderungen auf US-Hypothekenschulden rund 6,5 
Billionen US-Dollar.

Kreditrisikotransfer durch Kreditderivate

Kreditrisiken werden noch durch ein weiteres Instrument in alle Welt 
gestreut: durch den Handel mit Kreditderivaten. Zu diesen Instrumenten 
des Kreditrisikotransfers (Credit Risk Transfer, CRT) gehören die weit 
verbreiteten Credit Default Swaps (CDSs). Der Deal läuft 
folgendermaßen ab: 
Der Sicherungsnehmer – der Kreditgeber (z. B. die Bank A, die einen 
Kredit an C fortgegeben hat) – schließt mit dem Sicherungsgeber – 
dem Versicherer (z. B. der Hedge Fonds B) eine CDS-Vereinbarung ab. 
Bank A verpflichtet sich darin, eine regelmäßige Gebühr an B zu 
zahlen. Dafür erhält sie von B die Garantie, den versicherten 
Kreditbetrag erstattet zu bekommen, sollte der Kreditnehmer C seine 
Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllen. Die Bank A hat also ihre 
Kreditausfallrisiken verkauft. Sie bekommt Kreditschutz. 
Die CDSs ähneln einer Versicherungspolice, ohne dass aber der 
Versicherungsgeber (im Beispiel der Hedge-Fonds B) entsprechende 
Rückstellungen bilden muss. Es werden keine Vermögenswerte als 
Sicherheit hinterlegt. Das so genannte Kontrahenten-Risiko ist also 
erheblich. Kann beispielsweise C seinen Kredit nicht zurückbezahlen, 
weil der Absatz seiner Waren krisenbedingt stockt, muss der 
Hedge-Fonds B zahlen. Fehlen ihm aber die Mittel dazu, fällt das 
Risiko an die Bank A zurück, die dann möglicherweise ihre eigenen 
Verpflichtungen nicht mehr ausgleichen kann. Eine Kettenreaktion, 
eine Art Kernschmelze im Finanzsystem, könnte die Folge sein. 
Der Markt für CRT-Instrumente ist sprunghaft gewachsen. Von Sommer 
2004 bis Mitte 2007 haben sich diese Kreditderivate auf USD 51 
Billionen (ausstehende Verbindlichkeiten) mehr als verzehnfacht.

Fortentwicklungen im Kreditwesen wirken als Hebel für eine 
beschleunigte Akkumulation und als krisenverschärfendes Element

Der Einsatz der neuen Finanzinstrumente war erforderlich, um dem in 
der Phase beschleunigter Akkumulation stark gewachsenen Bedürfnis nach 
Krediten besser nachzukommen. Erstens kann die Bank nun ihre 
Kreditkunden mit Krediten bedienen, ohne dass ihr begrenztes 
Eigenkapital eine Schranke dafür bildet. Sie braucht nur ihre 
Kreditrisiken oder die als Wertpapier verpackten Forderungen an andere 
Investoren, beispielsweise an andere Finanzinstitute oder an 
Vermögensverwaltungen in Europa zu verkaufen, und schon wird 
Eigenkapital frei, das weiteren Krediten unterlegt werden kann. Der 
gesamte Kapitalmarkt steht ihr zur Verfügung. 
Zweitens fällt die Schranke fort, die mit einer regionalen oder 
sektoralen Spezialisierung der Bank gegeben ist. Konzentrationsrisiken 
können durch den Verkauf der Risiken bzw. durch den Verkauf einer 
Gesamtforderung reduziert werden. 
Solche Fortentwicklungen im Kreditwesen sind aber nicht nur ein 
wichtiger Hebel für eine beschleunigte Akkumulation, also auch ein 
Hebel zur Beförderung der dieser Akkumulation innewohnenden 
Widersprüche, sondern sie bilden zugleich ein wichtiges Element, 
wodurch das gesamte internationale Finanzsystem eine besondere 
Störanfälligkeit erhält. Denn es bedeutet, dass die Risiken weiter 
gestreut, die wechselseitigen Verpflichtungen undurchsichtiger 
sind, so dass schnell das globale Finanzsystem ins Chaos 
geraten kann. 
Das Beispiel dafür liefert gerade die gegenwärtige Finanzkrise: 
Eine sektoral und regional begrenzte Subprime-Hypothekenausfallkrise 
bei Eigenheimkrediten reichte aus, um selbst renommierte Bankhäuser 
in Europa ins Wanken zu bringen. Dass Notenbanken und Regierungen 
größere Bankhäuser stützen, ist Ausdruck für die Angst vor einem 
Zusammenbruch des Finanzsystems. Mit der Pleite von Lehman Brothers 
und dem Beinahe-Zusammenbruch des US-Versicherungskonzerns AIG - 
beide Unternehmen waren wichtige Marktteilnehmer im Handel mit 
Kreditderivaten[5] – schien die befürchtete Kernschmelze des 
Finanzsystems einzusetzen. 
Vertreter von Fed und Regierung sahen, wie die gewaltige 
Kreditpyramide zu schwanken begann. Das Vertrauen der USA als 
zuverlässige Schuldnernation stand auf dem Spiel. Wäre beispielsweise 
AIG Pleite gegangen, dann wären die von AIG getätigten 
Versicherungen gegen Zahlungsausfälle auf Anleihen wertlos gewesen; 
die Käufer von US-Anleihen, darunter die großen ausländischen 
Käuferländer wie China oder die Ölländer ständen plötzlich ohne 
Versicherungsschutz da. Die Fed hatte praktisch keinen Spielraum. 
Sie musste den Zusammenbruch von AIG verhindern, wie sie zuvor aus 
vergleichbaren Gründen den Zusammenbruch der beiden 
Hypothekenversicherer Fannie Mae und Freddie Mac verhinderte. Sie 
konnte nicht die Kreditwürdigkeit des Landes aufs Spiel setzen. Und 
hier liegt auch der Grund für das 700 Milliarden schwere Notprogramm 
der Regierung.

4. Wie Regierung und Fed ihr Vertrauen verspielen

Man hat gesehen, dass der US-Staat, dass Regierung und Fed, die 
Kernschmelze im Bereich des Finanzsystems durch Verstaatlichungen, 
durch die Vergabe von Krediten, durch die Bereitstellung von 
ungeheuren Geldsummen und nicht zuletzt durch das verkündete 
Notprogramm erst einmal verhindert haben. 
Lässt sich mit den gigantischen Interventionen die Finanzkrise 
wirklich aufhalten oder gar beseitigen? Ein Aufschub ist möglich, 
nicht aber eine wirkliche Bereinigung der Finanzkrise. Dazu reicht 
selbst das 700-Milliarden-Notprogramm nicht aus. Denn die faulen 
Kredite bleiben, auch wenn sie der Staat vorübergehend in Quarantäne 
hält. Der rasante Anstieg der Staatsverschuldung verkleinert die 
Manövriermasse, über die der Staat noch verfügt, ohne den Ruf als 
zuverlässiger Schuldner zu verlieren. Ein solcher Ruf ist schnell 
verspielt und nur schwer wieder herstellbar. Das gilt nicht nur im 
normalen Geschäftsleben, sondern auch für den Staat, der innerhalb 
des internationalen Finanzsystems keine privilegierte Position 
besitzt. Er ist ebenso wie ein größerer Konzern auf das Vertrauen 
angewiesen, das ihm die globale Finanzwelt entgegenbringt. Vertrauen 
lässt sich nicht erzwingen, selbst die USA können dies nicht. 
Der US-Staat wird unbeschadet kaum noch einen weiteren Kraftakt 
stemmen können, wie er es jetzt mit dem Notprogramm tun will. Dennoch 
wird die Wirtschaft weitere Rettungsaktionen einfordern. Bereits 
jetzt gibt es Zweifel, ob das Paket und die bisherigen 
Rettungsaktionen wirklich ausreichen, um die Kreditkrise in den 
Griff zu bekommen. Schließlich gibt es eine große Zahl zweifelhafter 
Kredite, die sich jenseits des Immobiliensektors befinden. Besonders 
dramatisch wird es dann, wenn die konjunkturbedingte Pleitewelle aus 
der Wirtschaft auf das Finanzsystem zurollt. Wie gezeigt, könnte 
diese Welle größer sein als sonst. Die US-Regierung steht ohne 
Reserven da, wenn diese Welle kommt. Sie geriete dann schnell in eine 
ausweglose Situation, in der sie ihr Vertrauen verspielt, egal, was 
sie täte. Würde sie tatenlos zusehen, wie die Pleitewelle eine Firma 
nach der anderen dahinrafft, dann wären zwar erst einmal keine 
weiteren Kredite erforderlich, jedoch würde die sich ausbreitende 
Krise die finanzielle Grundlage des Staates um so mehr untergraben. 
Eine wirtschaftliche Depression würde zwangsläufig die Staatseinnahmen 
drastisch verringern und trotz größter Vorsicht zu einer Erhöhung der 
Staatsausgaben führen. Konsequenz wäre eine wachsende 
Staatsverschuldung, die aber gerade verhindert werden sollte, um das 
Vertrauen als zuverlässiger Schuldner nicht zu verspielen. Ein 
Vertrauensverlust träte also dennoch ein. 
Würde aber die Regierung stattdessen weitere Notprogramme zur 
Rettung Not leidender Konzerne auflegen, dann würde die 
Staatsverschuldung sofort zunehmen, mit der gleichen Folge, dass die 
Finanzmärkte die Kreditwürdigkeit des Staates in Zweifel zögen. 
Was nun die US-Notenbank Fed angeht, so hat sie erst einmal keine 
Schwierigkeiten, Kredite in Dollar zu vergeben, die sie selbst in 
beliebiger Höhe schaffen kann. Sie besitzt diese Papiermaschine, die 
wie durch Zauberschlag eine unerschöpfliche Geldquelle zu sein 
scheint. Da sie das Notenausgabemonopol besitzt, kann sie als so 
genannter „lender of last resort“ zum letztinstanzlichen Gläubiger 
werden. Das Notenausgabemonopol funktioniert aber nur, weil das 
Vertrauen da ist, die Notenbank würde durch eine umsichtige 
Geldpolitik den Wert des Geldes einigermaßen stabil halten. Ein 
solches Vertrauen ist ungeheuer wichtig, denn es existiert kein 
wirklicher Wert, der hinter dem Geld steht. Die Goldeinlösungspflicht 
ist abgeschafft. 
Die Fed setzt aber ihr Vertrauen durch ihre aggressiven 
Stützungsmaßnahmen aufs Spiel, wenn sie in wachsendem Maße Gläubigerin 
von weniger gut gesicherten Krediten wird. Denn sie hat nicht nur den 
Kreis der Finanzinstitute erweitert, der sich bei ihr verschulden 
kann. Sie hat zudem die Bonitätsstandards der Wertpapiere vermindert, 
die für solche Kredite hinterlegt werden müssen. Die Fed akzeptiert 
inzwischen auch verbriefte Forderungen mit fraglicher 
Kreditwürdigkeit, welche kaum noch ihren Abnehmer finden. Aber die Fed 
nimmt sie ab und liefert dafür das allgemeine Tausch- und 
Zahlungsmittel. Sie tauscht ihren eigenen Kredit gegen fragwürdige 
Kreditpapiere. 
Hinzu kommen noch die Noteinsätze für zahlungsunfähige 
Finanzinstitute. Beispielsweise stellte die Fed einen 30-Mrd.-Dollar-
Kredit zur Rettung der US-Investmentbank Bear Stearns und einen 
85-Mrd.-Dollar-Kredit zur Rettung des taumelnden Finanzriesen AIG zur 
Verfügung. 
Die Fed hat Milliarden-Kredite gegen höchst fragwürdige Sicherheiten 
vergeben. So sammeln sich die Risiken mehr und mehr bei ihr. Der 
letztinstanzliche Gläubiger verspielt seine Glaubwürdigkeit.

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