[rohrpost] reboot europa?
Pit Schultz
pit at bootlab.org
Mon Mar 29 16:56:51 CEST 2004
kommentar
http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?list=1&forum_id=54707
euro-patriotismus
bra (29. März 2004 16:52)
schade, dass bei dem titel dann doch einen neokonservativen
fallback gibt ins geopolitische reichs-denken eines hilfs-bismarcks,
die kulturalistische nostalgie des buergerlichen 19. jahrhundert
neugeboren aus einer imaginierten antike, den ebenso grossen
wie verheerenden europaeischen dichtern und denkern, kann im
kanon der vielen anderen konservativen retrobewegungen derzeit
nur als ein weiterer offenbarungseid gelesen werden.
hat man also immer noch nicht dazugelernt?
die suche nach der grosseuropaeischen identitaet erinnert
auf kuemmerliche weise an die konstruktion einer grossdeutschen
einheit.
es ist schlicht regressiv heutzutage die welt so zu betrachten als
sei sie vom feldherrnuehugel eines risiko spiels zu verstehen.
wir leben in einem planetaren, globalen zeitalter, einer
wirtschaftlich dominierten politik, welche als
die geopolitik der ressourcen und nationen, des volks ohne
raum vielleicht noch den 1. weltkrieg dominiert haben mag,
aber nicht mehr als machtkalkuel den heutigen herausforderungen
entspricht. das ist die welt unserer urgrossvaeter, nicht
mehr und nicht weniger angestaubt.
dass in bushs kopf und den seiner berater kein "earth simulator"
platz hat, heisst nicht dass man sich mangels griffiger ideen
einer biologistisch-paroniden carl schmittschen raumideologie
als kleinsten gemeinsamen nenner einigen sollte, sprich
aus falsch verstandendem euro-patriotismus sich dem dialog der
dummen und mächtigen anschliessen muss. das muss nicht wirklich sein,
auch nicht als hilfs-intellektueller.
die grenzen europas wurden spaetestens seit dem 2. weltkrieg,
mit der diaspora deutscher intellektueller, zu den grenzen des
wissens und denkens, aber nicht den grenzen
des menschlich ertraeglichen. insofern liegt europa heute
in ruanda oder wo immer das schlachten wieder losgeht.
europa wurde in los alamos wiedererfunden, in den fluchtbewegungen
von wiener, neumann und touring. dass den zuhausegebliebenenen
wiederhochgepaeppelten und nun sattgefressenen mitteleuropaeern
erheblich etwas fehlt, sowohl an herz (mut), wie auch an kopf
(intelligenz), ist nun wirklich keine neuigkeit mehr.
ist dies nicht bloss die gute alte buergerliche dekadenz,
der unterirdische hunger sich selbst abzuschaffen und wieder
in die barbarei zurueckzufallen, die auch das 19 jahrhundert
gekenntzeichnet hat?
dann schon lieber reboot.fm hoeren :)
das neue hautpstadtkulturmusikradio ohne europatriotismus.