[rohrpost] Die transmediale im Spiegelstadium
cyberniklas
nikl at s-roy.de
Mon Feb 14 20:26:46 CET 2005
Nun ja, Matthias, nachdem ich mir nun die Mühe gemacht habe, Deinen Text zu
lesen, werde ich mir auch die Zeit nehmen, noch ein paar Kleinigkeiten die
meine Arbeit betreffen, klarzustellen:
> Meine Lieblingsarbeit ist "Pongmechanik" von Niklas
> Roy. Es handelt sich um ein geschickt gebautes Steuerungssystem, das
> schlicht das alte "Pong"-Videospiel von Atari aus den 70er Jahren in eine
> mechanische Variante verwandelt.
Soweit alles richtig.
> Ich hoffe, daß es sich hierbei um eine
> Diplomarbeit handelt.
Total danebengetippt.
> Denn von einem preisenswerten Kunstwerk ist das
> Objekt weit entfernt.
Hat die Jury offenbar genauso gesehen.
> Es ist nur, um im Begriffsrahmen zu bleiben,
> explizit und nichts sonst, da es bei aller Transparenz und allem Witz nur
> ist, was es ist: das Ergebnis einer stupiden Übertragungsleistung.
Die Arbeit ist sicherlich explizit. Und eine Übertragungsleistung ist das
ganze natürlich auch. Allerdings konnte ich Deinen Ausführungen auch
entnehmen, daß Du offensichtlich über das Explizite in der Arbeit nicht
hinausgedacht hast. Schade eigentlich, denn die Maschine hat noch mehr zu
bieten. Und natürlich ist vollkommen klar, daß ich nicht alle meine
Gedanken, die mit der Arbeit verbunden sind, auf einem silbernen Tablett (in
diesem Fall das Video und die Webseite) präsentiere.
Ich will mich an dieser Stelle aber gar nicht verteidigen. Vielmehr habe ich
in dieser Sache eine andere Auffassung: Zunächst einmal mag ich es sehr,
wenn ich wenigstens einen Teil einer künstlerischen Arbeit auf Anhieb
verstehe. Wenn dann noch zusätzlich etwas dahintersteckt, woran ich meinen
Intellekt schulen und erfreuen kann, dann fängt das ganze an richtig Spaß zu
machen. Wenn ein Kunstwerk aber von Anfang an eine Wand vor mir aufbaut, die
ich überhaupt nicht ansehen will (- weil ich sie vielleicht nicht einmal
ansatzweise verstehe), dann habe ich auch keine Lust darüberzugucken.
> Welche
> geistigen Wirkmächte muß man hierfür beschwören: Zum einen sollte man in
> einer Zeit groß geworden sein, in der Pong wieder retrofashionable wird.
> Zum zweiten muß man versiert genug sein, die Mechanik zu ersinnen, die
> einen echten Pong echt analogisiert.
Bisher warst Du ja in Deinen Ausführungen zu technischen Dingen recht
präzise. An dieser Stelle muß ich Dich allerdings dann doch leicht
verbessern: Entgegen der weitverbreiteten Meinung war das ursprüngliche Pong
komplett analog. Bei meiner Maschine ist die Steuerlogik digital und die
Kollissions- und Displaymechanik analog. Um analog vs. digital ging es mir
bei dieser Arbeit übrigens auch gar nicht, allerdings erstaunt es mich immer
wieder sehr, wie wenig Menschen die Begriffe "analog" und "digital" korrekt
verwenden.
> Und das ist - Hut ab - wirklich sehr
> gut gelungen. Ob dies aber nun das Niveau der Relation beispielsweise
> zwischen Marcantonio Raimondi und Raffael unter der Ägide Digitaliens
> abzubilden oder zu aktualisieren vermag, sei dahin gestellt. Ich glaube es
> nicht, aber das ist auch nicht die Frage der Festivaller. Und ich sehe es
> nicht, und so lange ich über die Arbeit nachdenke, werde ich auch nicht
> klüger. Das Spielen ist witzig, die Idee ist witzig und sonst?
Ja, wie gesagt, denk doch noch mal darüber nach. Und guck dabei hinter die
Fassade, die Du ja offensichtlich schon recht gut überblickt hast.
> Das ist
> eine materialisierte Form der kopflosen Kreativität einer
> Spaßgesellschaftskreatur, die sich nur parasitär und ohne Logik an
> bestimmte Partialobjekte männlicher Techniksammler koppelt. So auch im
> promovierenden Video der Präsentation. Replikobjekt hier: die Sendung mit
> der Maus. Und natürlich ist dabei die einzige Frau, die auftaucht,
... meine Schwester Almut ...
> auch
> die Blöde, wenn sie drehbuchgemäß keine exakte Definition eines Relais
> angeben kann.
So, nochmal ganz entspannt: Also, Drehbuch hatten wir keins. Ich habe
einfach mal darauflosgefilmt, wie meine Schwester mit einem meiner Freunde
gespielt hat. Die vollkommen falsche Erklärung der Funktionsweise eines
Relais hat sich meine Schwester aus dem Stehgreif ausgedacht. Und nachdem es
mir nicht nur um technische Korrektheit, sondern auch um ein unterhaltsames
Video ging, habe ich das dann im Schnitt mit hineingenommen. Vincent (ihr
männlicher Gegenspieler) hätte die Funktionsweise übrigens nicht korrekter
erklären können - allerdings weiß ich mit Bestimmtheit, daß Almut sehr viel
souveräner lustigen Blödsinn erzählen kann.
> Nehmt diesem jungen Chauvinisten das Mikro aus der Hand.
> Gebt solchen Verachtern keinen Raum für ihre Menschenverachtung und
> Kunstvernichtung, die sich aus der gameboyverblödeten Sackträgerhybris
> speist!
Na na na! ;-)
> Das ist nicht mehr lustig. Eine Katastrophe. Dieses Bastelzeugs
> aus pubertierender Hirnigkeit ist keine Kunst, nirgendwo. Solche Arbeiten
> spiegeln die Freiräume gesponserten Blödsinns, wie sie vielfach durch die
> Medienkunstausstellung geistern.
Groß gesponsort war da übrigens nichts. Ich habe sowohl die Maschine, als
auch den Transport der Maschine zur Transmediale und wieder zurück zu mir,
als auch die kompletten Materialien für den Workshop, den ich am Samstag
geleitet habe, aus eigener Tasche bezahlt. Für die Awardpräsentation habe
ich allerdings ein Honorar bekommen, das ich jedoch eher als freundliche
Geste ansehe. Nachdem die Verpflegung im Café Global ja auch nicht ganz
billig war (und ich habe mir schon jeden Tag Brötchen geschmiert!), bin ich
ziemlich exakt mit plus/minus null aus der Geschichte rausgekommen.
Soweit so gut. Hätten wir das wesentlichste also geklärt. Aber um an dieser
Stelle noch einmal meine Meinung klar zu stellen: Ich persönlich finde
explizite Kunst zunächst einmal gut. Auch wenn das Deinem Kunstverständnis
offenbar komplett widerspricht. Und nachdem Du mit Deinem Psychogramm von
wegen "gameboyverblödet" so vollkommen daneben lagst, erkläre ich Dir gerne
auch, woran es eventuell liegen könnte: Ich bin - wenn ich dann und wann
fernsehgucke - Zapper. Da heißt es ganz schnell Entscheidungen treffen, auf
welche Inhalte man sich einläßt, und bei welchen man schnell weiterdrückt.
Aber wenn die Oberfläche erstmal paßt, ziehe ich mir gerne auch den
tieferliegenden Rest rein. Naja, ich denke, ich muß meinen Standpunkt nicht
noch weiter ausführen. Du hast mich sicher schon verstanden. Scheinst ja
dennoch ein kluger Kopf zu sein.
Schöne Grüße,
Niklas